Geheimnisse. Heidi Oehlmann

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Geheimnisse - Heidi Oehlmann Blind Dates & andere Katastrophen

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trafen wir uns mehrmals die Woche heimlich bei mir. Zu ihm konnten wir schließlich nicht gehen. Bei jedem unserer Treffen versprach er mir, er würde sich zeitnah von seiner Frau trennen. Anfangs glaubte ich ihm. Ich hatte nicht einmal ein schlechtes Gewissen seiner Frau gegenüber, weil Oliver mir immer wieder versicherte, zwischen ihm und ihr wäre es längst vorbei. Er schwor mir sogar, dass sie seit Längerem nicht mehr miteinander schliefen. Vielleicht hätte ich mich anders verhalten, wenn Kinder im Spiel gewesen wären, aber es gab zum Glück keine.

      Bisher verachtete ich die Frauen, die sich in eine Beziehung einmischen und den Status Geliebte haben. Und plötzlich gehörte ich selbst zu ihnen. Natürlich schämte ich mich und habe bis heute mit niemandem - nicht mal mit einer meiner Freundinnen, die mir eine Standpauke nach der anderen halten würden, wenn sie davon wüssten - darüber gesprochen.

      Ich redete mir immer wieder ein, die Beziehung zwischen Oliver und seiner Frau musste schon kaputt sein, bevor ich mit ihm im Bett landete. Für mich war es nur noch eine Frage der Zeit, bis unsere Beziehung offiziell sein würde. Ich glaubte wirklich, Oliver meinte es ernst mit der Trennung. Sonst hätte ich mich doch niemals auf diese heimliche Affäre eingelassen.

      So langsam bekomme ich aber Zweifel an Olivers Aufrichtigkeit. Wenn er seine Frau wirklich nicht mehr liebt, hätte er sich längst von ihr getrennt. So groß kann seine Liebe zu mir also nicht sein, sonst würde er mich nicht so behandeln. Viel mehr scheint er mich als Spielzeug zu sehen, was er hervor holen kann, wann immer er Lust zum Spielen hat. Das wurde mir gestern so richtig bewusst.

      Am gestrigen Abend tauchte er wieder unangemeldet bei mir auf, so wie er es in letzter Zeit oft tat. Er ging einfach davon aus, dass er mal eben schnell mit mir durch mein Bett hüpfen kann, bevor er zu seiner Frau nach Hause zurückkehrt und einen auf treu sorgenden Ehemann macht. Gleich nach seiner Ankunft machte Oliver mir klar, er hätte nicht so viel Zeit und wir müssten uns beeilen. Dieses Mal spielte ich nicht mit. Ich fragte ihn, wie lange es noch so weitergehen sollte und wann er endlich vorhat, mit seiner Frau zu reden. Wie ich es vorher bereits vermutete, bekam ich wieder die Antwort, die er mir jedes Mal gab. Er wollte in den nächsten Tagen mit ihr sprechen.

      Die Trennung sollte schon seit Monaten in den nächsten Tagen stattfinden. Vielleicht ist es für ihn eine Auslegungssache, wie weit sich »in den nächsten Tagen« in die Zukunft strecken lässt.

      Mit meiner Antwort »Gut, dann warte ich so lange auf dich, bis du es geklärt hast! Vorher brauchst du nicht mehr wieder zu kommen« hatte er nicht gerechnet. Oliver glaubte wirklich, er könnte mich ein weiteres Mal hinhalten, aber seine Hinhaltetaktik funktioniert bei mir nicht mehr. Ich bin mir einfach zu schade, das Spielzeug eines gelangweilten Ehemannes zu sein. Das sagte ich ihm auch und bat ihn zu gehen. Zum Abschied legte ich ihm nahe, er bräuchte keine weiteren Versuche bei mir starten, bevor er nicht mit seiner Frau gesprochen hat.

      Da ich weiß, dass er sich nie von seiner Frau trennen wird, warte ich natürlich nicht darauf. So blöd bin ich dann auch nicht.

      Nun graut es mir vor der Besprechung. Oliver wird mich die ganze Zeit anstarren und mich so versuchen unter Druck zu setzen. Am liebsten würde ich das Meeting sausen lassen und einfach abhauen.

       Warum hast du dich nicht krankgemeldet? Dann würdest du jetzt schön entspannt zu Hause sein und müsstest dir das nicht antun.

       Nun ist es für derartige Überlegungen allerdings viel zu spät!

      Voller Anspannung warte ich, bis es zehn wird und ich die Begegnung endlich hinter mich bringen kann. Für den Rest der Woche habe ich dann hoffentlich meine Ruhe und kann mich wieder auf meine Arbeit konzentrieren.

      6. Kapitel - Oliver

       Das war`s dann wohl! Oliver, du bist ein Volltrottel! Warum musstest du dich gestern auch so saublöd verhalten?

      Ich kann es immer noch nicht glauben, dass Marta mich eben so stehen gelassen hat. Klar, ich war ziemlich unfair zu ihr. Ständig habe ich ihr versprochen, mich von Elise, meiner Frau, zu trennen. Doch ich weiß einfach nicht, wie ich es auf die Reihe bekommen soll. Fast alles, was ich besitze, läuft auf Elises Namen. Das haben wir damals wegen der Firma so gemacht. Als Selbstständiger weiß man nie, was auf einen zukommen kann. Für den Fall, die Agentur gerät in eine Schieflage, sollte wenigstens unser Besitz abgesichert sein. Also haben wir alles auf Elise geschrieben.

      Nach der Scheidung würde ich leer ausgehen. Ich hätte nichts mehr außer der Firma. Dafür würde Elise schon sorgen. Sie gehört zwar nicht zu den Frauen, denen materielle Dinge so wichtig sind. Jedoch wird sie mir aus verletztem Stolz, nur um mir eins auszuwischen, alles nehmen. Das weiß ich genau.

      Unsere Ehe läuft schon lange nicht mehr so, wie man sich eine gute Ehe vorstellt. Wir leben mehr wie Bruder und Schwester zusammen. Jeder lebt sein eigenes Leben und im Bett passiert seit Ewigkeiten nichts mehr. Deswegen muss man sich aber nicht gleich scheiden lassen. So wie es im Moment läuft - oder sollte ich sagen lief - war es für mich perfekt. Mit Marta bin ich noch einmal aufgeblüht und hatte endlich wieder so etwas wie ein Privatleben.

       Nun muss ich mich wohl endgültig entscheiden!

      Ich habe nicht den blassesten Schimmer, was ich tun soll. Vor allem weiß ich nicht, wie ich das Meeting gleich überstehen soll, an dem auch Marta teilnehmen wird. Ich werde sie die ganze Zeit sehen und mich gleichzeitig auf die Versammlung konzentrieren müssen.

      Mein Blick fällt auf meine Armbanduhr. Ich habe nur noch elf Minuten Zeit, mich zu sammeln und auf die Besprechung mit meinen Mitarbeitern vorzubereiten. Ich glaube kaum, dass mir die Zeit ausreicht, um einen klaren Kopf zu bekommen. Eigentlich wollte ich meine Notizen noch einmal durchgehen, aber darauf werde ich mich jetzt nicht konzentrieren können.

      Du musst!, sagt meine innere Stimme. Schließlich kannst du dich vor deinen Mitarbeitern nicht aufführen, wie ein Schuljunge, der unvorbereitet ein Referat halten muss. Was sollen die Leute von dir denken? Zumal du von ihnen immer Höchstleistungen erwartest.

      Ja, manchmal erwarte ich in der Tat viel von meinen Angestellten. Ich glaube, ich bin als Chef enorm streng. Wenn ich es aber nicht wäre, würde meine Firma vermutlich nicht so gut laufen, wie es im Moment der Fall ist.

      Zurzeit haben wir einen richtig guten Lauf. Wir bekommen so viele Aufträge, dass wir kaum mit der Abarbeitung hinterherkommen. Deshalb musste ich auch den neuen Mitarbeiter Paul Braun einstellen. Wenn es weiterhin so gut läuft, werde ich noch weitere Leute gebrauchen können.

      Ich könnte das heutige Meeting absagen!, kommt es mir in den Sinn.

      Den Vorschlag verwerfe ich sofort wieder. Meine Angestellten müssen doch wissen, was diese Woche ansteht.

      Ich atme tief durch, sammle mich kurz und mache mich auf den Weg in das Besprechungszimmer. Als Chef will ich mit gutem Beispiel vorangehen und als Erster dort sein.

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