Der-beste-Mensch-der-Welt. Nehat Krasnici
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„O Gesandter Allahs, in der vorislamischen Unwissenheit haben wir unsere Kinder getötet! Ich hatte eine Tochter, die ich eines Tages im
Sand begrub.“
Als der Prophet dies hörte, schluchzte er so sehr, als habe er eines seiner eigenen Kinder verloren. Er weinte so lange, bis sein Bart nass wurde, und doch konnte er den Mann für seine Tat nicht bestrafen. Er hatte ja bereut und dies nur erzählt, um zum Ausdruck zu bringen, wie schrecklich sich die Menschen vor dem Islam verhalten hatten.64
Viele Menschen begriffen bald, dass der Prophet, der so ungewöhnliche Dinge sagte und tat, nur das Beste für sie wollte, sie vom Aberglauben befreien und ihnen zeigen wollte, dass Götzen nur Steine waren, die den Menschen weder nützen noch schaden. Die Quraisch aber betrachteten die neue Religion, die durch Muhammad verkündet wurde, als Verunglimpfung ihrer Götter und Beleidigung ihrer Vorfahren. Der Kult um die Götzen, die vor der Kaaba standen, war für die Quraisch aber auch die Grundlage ihres Wohlstands und ihrer Macht. Dass sich die Kaaba und die Götzen in ihrer Obhut befanden, war der Grund für ihre Vormachtstellung in Arabien. Der Handel, der während der Pilgerzeit getrieben wurde, war die Quelle ihres Reichtums.
Nach Chadidscha waren Ali, Zaid und Abu Bakr die Ersten, die sich dem Islam anschlossen. Abu Bakr war bekannt für seine große Weisheit und brauchte keine Bedenkzeit, um sich dem Propheten anzuschließen. Er kannte ihn besser als jeder andere und wusste, wie ehrlich und aufrecht sein Freund war. Er begann, die klugen Leute aufzufordern, dem Propheten zu folgen. Durch ihn wurden Abu Ubayda Bin Al-Dscharrah, Abdurrahman65 Bin Awf und später noch viele andere Muslime.
Chalid war der Sohn des mächtigen Anführers der Bani Abd Schams66, Said Bin Al-As. Einmal träumte er, er stehe am Rande eines Abgrunds, in dem ein verzehrendes Feuer wütete. Plötzlich kam sein Vater und versuchte, ihn ins Feuer zu stoßen. Während sie miteinander rangen, spürte er den Griff zweier Hände, die seinen Vater zurückhielten. Er sah: Sein Retter war Al-Amin - der vertrauenswürdige Muhammad. Da erwachte er und ging gleich zu Abu Bakr.
„Freue dich!“, rief Abu Bakr, „der Mann, der dich gerettet hat, ist der Gesandte Allahs! Folge ihm! Bestimmt wirst du ihm folgen, den Islam annehmen und so vor dem Feuer gerettet werden!“
Chalid begab sich zum Propheten, erzählte ihm seinen Traum und fragte ihn nach seiner Botschaft. Der Prophet lehrte ihn, was er wissen wollte. Chalid nahm den Islam an, hielt dies aber vor seiner Familie geheim.74
In jener Zeit war der Händler Uthman Bin Affan in der Wüste von Syrien nach Mekka unterwegs. Während er schlief, weckte ihn eine Stimme: „Wache auf, in Mekka erschien bereits Ahmad67, der Hochgepriesene!“68
Bevor er Mekka erreichte, begegnete er Talha, einem Cousin Abu Bakrs. Uthman erzählte ihm von der Stimme in der Wüste, während Talha von einem Erlebnis mit einem Mönch berichtete, der ihn fragte, ob der Prophet Ahmad erschienen sei.
Beide machten sich auf den Weg zu Abu Bakr, der sie, nachdem er sie angehört hatte, sogleich zu Muhammad brachte, damit sie den Islam annehmen könnten.
Noch wurde der Islam im Verborgenen verkündet. Der Prophet hatte sich bislang nicht öffentlich zu den Götzen geäußert, daher sahen die Quraisch in der Botschaft nur indirekt eine Bedrohung. Ihre Reaktion war entsprechend schwach. Das sollte sich aber nun ändern.
Anfeindungen
D
en reichen Herrschern von Mekka war die soziale Gleichheit, die Muhammad predigte, ein Dorn im Auge. Deshalb wollten sie verhindern, dass er Anhänger um sich sammelte. Es hätte auch ihre Geschäfte ruiniert – denn einen einzigen, anbetungswürdigen Gott als unsichtbaren Schöpfer anzuerkennen und Ihm allein zu dienen, bedeutete, allen Götzen abzuschwören. Viele Menschen hatten Steine als Götzen um die Kaaba herum aufgestellt, beteten sie als Götter an und glaubten, dass sie für Glück, Reichtum und Ehre sorgten. In Mekka herrschte damals das Recht des Stärkeren: Wer reich und stark war, konnte sich alles erlauben. Frauen und Sklaven wurden ausgebeutet.
Die Botschaft war vom Propheten drei Jahre im Verborgenen verbreitet worden, doch nun wurde ihm von Allah der Befehl erteilt, sie öffentlich zu verkünden.
Zuerst sprach der Prophet mit seinem Clan, den Bani Haschim. Es bekannten sich zwar nur wenige von ihnen zum Islam, aber Abu Talib sicherte ihm den Schutz der Bani Haschim zu und sagte ihm, dass er mit der Verkündung seiner Botschaft fortfahren könne. Nur einer der Bani Haschim stellte sich gegen ihn: Muhammads Onkel Abu Lahab. Am folgenden Tag stieg der Prophet auf den Hügel Safa in der Nähe der Kaaba und rief: „O Bani Machzum, o Bani Zuhra, o Bani…“. So rief er alle Stämme der Quraisch.
Als sie hörten, dass es Muhammad war, der rief, eilten sie zum Hügel Safa. Nachdem die Stämme der Quraisch sich nun alle versammelt hatten, fragte der Prophet: “Würde ich euch berichten, dass sich hinter diesem Berg Reiter befinden, die euch angreifen wollen, würdet ihr mir glauben?“ Sie antworteten: „Ja, wir haben von Dir noch nie eine Lüge gehört und kennen dich als jemanden, der immer die Wahrheit spricht“. Da sagte der Prophet: “Ich bin für euch ein Warner vor einer schlimmen Strafe. Ich bin wie jemand, der einen Feind erspäht hat und nun seine Stammesangehörigen warnt“. Er erzählte ihnen von seiner Botschaft und dem Auftrag, den Allah ihm gegeben hatte. Er schloss mit den Worten: „O Quraisch, glaubt an Allah, rettet euch vor dem Feuer
der Hölle, denn ich kann euch nach dem Tode weder nutzen noch scha den!“69 Damit wollte er ihnen erklären, dass vor Allah jeder Mensch für sich selbst verantwortlich ist. Vor Allah gibt es keinen Schutz durch Stämme oder durch Reichtum. Alle Menschen sind gleich.
Die Leute der Quraisch hatten zugehört, äußerten sich aber nicht dazu. Sie waren dabei zu gehen, als Abu Lahab rief: „Wehe dir, hast du uns dafür versammelt?“70
Dies sollte der Beginn einer tiefen Feindschaft Abu Lahabs gegenüber seinem Neffen und den Muslimen sein.
Auch bei vielen der Anführer der Quraisch wuchs eine Gegnerschaft zum Islam. Sie versuchten, einerseits den Islam und den Propheten zu verleumden und andererseits die Vorteile des alten Glaubens hervorzuheben, was ihnen jedoch beides misslang. Nachdem es den Quraisch mit Argumenten und Worten nicht gelungen war, dem Islam etwas entgegen zu setzen, wandten sie Gewalt an. Die Aggression traf als erstes die Schwachen und Schutzlosen. So begannen die Mächtigen der Quraisch, jene ihrer Sklaven und Diener zu foltern, welche den Islam angenommen hatten, um sie dazu zu zwingen, zum Götzendienst zurückzukehren.
Der Gesandte Allahs prangerte die Misshandlung und Ausbeutung der
Schwachen und Schutzlosen mit scharfen Worten an. Er verlangte ein Ende der betrügerischen Verträge und des Zinswuchers, der die Armen zu Sklaven machte. Er sprach eindringlich von den Rechten der Unterdrückten und Schwachen.
Er warnte jeden, der gegen andere Gewalt anwandte, und sagte, dass jeder für seine Taten dereinst von Allah zur Rechenschaft gezogen werden würde. Er erklärte aber auch, er persönlich könne selbst für seinen Onkel Hamza, seine Tante Safiya oder für seine Tochter Fatima - sein eigen Fleisch und Blut - nichts tun.71 Jeder sei also für sich selbst verantwortlich. Er sprach von den Wundern der Natur, die von der Einheit und Allmacht ihres Schöpfers zeugen. Er berichtete auch von der Gnade, Güte und Weisheit Allahs. Er rezitierte die bewegenden Verse des Korans, die seine Anhänger schnell aufnahmen und eilig weitergaben.
Die Freundlichkeit der Muslime war bald in aller Munde: Jeden Men schen, ob arm oder reich, grüßten sie mit dem Friedensgruß As-Salamu aleykum - Friede sei mit