Der-beste-Mensch-der-Welt. Nehat Krasnici
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Hebräisch lesen und schreiben und hatte Kenntnis von den heiligen Schriften der Juden und Christen. Im Alter war er erblindet, wurde aber in Mekka wegen seiner Weisheit geschätzt.
„Chadidscha! Wenn das stimmt, dann ist Muhammad der Prophet Allahs! Denn ich weiß seit langer Zeit, dass ein Prophet erwartet wird.
Seine Zeit ist schon gekommen!“, sagte er.
Chadidscha schickte Maisara zu Muhammad, um ihn zu holen.
Als Muhammad bei ihr eintraf, brachte sie gleich ihre Gefühle ihm gegenüber zum Ausdruck, besonders ihre Wertschätzung seiner Gerechtigkeit. Sie sagte ihm auch: „Ich schätze dich wegen deiner Beliebtheit in deiner Familie, wegen der Schönheit deines Charakters und deiner Ehrlichkeit.“ Nach diesen Worten bot sie ihm die Ehe an.45 Muhammad stimmte zu.
Muhammad sprach mit seinen Onkeln über sein Vorhaben. Diese beauftragten darauf seinen Onkel Hamza, zu Chadidschas Familie zu gehen und - wie es der Brauch war - förmlich für Muhammad um ihre Hand anzuhalten. Hamza war wohl deswegen gut dafür geeignet, weil seine Schwester Safiya mit Chadidschas Bruder Awwam verheiratet war. Die Verwandten der Brautleute freuten sich über die Heirat, und Muhammad schenkte seiner Frau zwanzig Kamele als Brautgabe.
Chadidscha war zu diesem Zeitpunkt vierzig Jahre alt, Muhammad fünfundzwanzig.
Bald verließ Muhammad das Haus seines Onkels. Er lebte nun bei seiner Frau und führte eine glückliche Ehe. Sie gründeten eine große Familie, die nicht nur aus ihren eigenen Kindern bestand. Ihr erstes Kind war Qasim, der jedoch in seinem zweiten Lebensjahr starb.46 Nach ihm gebar Chadidscha vier Töchter, die sie Zaynab, Ruqayya, Umm Kulthum und Fatima nannten. Das letzte Kind, ein Junge, den Muhammad Abdullah47 nannte, starb ebenfalls früh.
Muhammad war sehr dankbar für seine Töchter, die er sehr liebte. Baraka, die Dienerin seiner Mutter, die ihre Freiheit von der Sklaverei Muhammad zu verdanken hatte, lebte auch bei ihnen, nachdem sie ihren Mann verloren hatte. Zaid, ein Sklavenjunge, den Muhammad freigelassen und auf eigenen Wunsch als Sohn angenommen hatte, gehörte ebenfalls zur Familie.48 Da Muhammads Onkel Abu Talib seine Kinder kaum ernähren konnte, weil er zu arm wurde, schlug Muhammad seinem Onkel Abbas vor, dass jeder von ihnen einen seiner Söhne aufnehmen sollte. Abu Talibs Sohn Dschaafar wurde von Abbas aufgenommen, sein Sohn Ali von Muhammad. So gehörte nun auch Ali zum Hause des Propheten.
Die Kaaba
D
ie friedliche Zeit in Mekka näherte sich ihrem Ende; eine schlimme Überschwemmung beschädigte die Kaaba, und mancherlei dunkle Zeichen zeigten sich. Tag für Tag erschien auf den Mauern der Ruine der Kaaba eine riesige Schlange. Jeden, der sich ihr näherte, zischte sie an und versetzte alle in Angst und Schrecken. Daher konnte die Kaaba nicht wieder aufgebaut werden. War das furchterregende Tier ein übles Vorzeichen? Ein paar Menschen beobachteten, dass die Schlange eines Tages in der Sonne lag und Allah einen Adler schickte. Er flog tiefer und tiefer, bis er sie schnappte und sogleich mit ihr verschwand.49
Die Quraisch sahen darin ein Zeichen, dass Allah mit ihrem Vorhaben, die Kaaba wieder aufzubauen, einverstanden war. Doch wer würde sich trauen, Allahs Haus zu berühren? Zwar waren die Mekkaner wieder Götzendiener geworden, aber an Allah und die Botschaft seiner Propheten Abraham und Ismael glaubten sie immer noch. Dass die Kaaba von ihrer Entstehung bis zum Tag der Auferstehung der Mittelpunkt der göttlichen Botschaft und ein Symbol der Einzigkeit Allahs war, wussten sie noch - aber in jener Zeit waren Unwissenheit, Götzendienst und Gewalt so verbreitet, dass sie manchmal nicht mehr zu unterscheiden vermochten, was zur Religion Abrahams gehörte und was zum Aberglauben. Würde Allah einen weiteren Gesandten schicken, um die Menschen wieder auf Seinen Weg zu führen? Reichten die Propheten Adam, Noah, Abraham, Ismael, Moses, Zacharias, Johannes, Jesus und alle anderen, die gesandt worden waren, nicht aus?
Die christlichen und jüdischen Gelehrten erwarteten jenen Propheten, der barmherzig zu aller Welt sein sollte, mit unbeirrbarer Sehnsucht. Dessen letzte Botschaft sollte der ganzen Menschheit gelten - nicht nur einem bestimmten Volk.
Die Geduld der Gelehrten, aber auch die der einfachen Menschen, war fast erschöpft. Wann nur war es endlich soweit? Wie lange sollten die Menschen noch ihre Töchter lebendig begraben? Wie lange noch sollten Sklaven und Frauen auf der ganzen Welt, ob im Westen oder Osten, im Morgenland oder im Abendland, unwürdig behandelt werden? Wie lange noch sollten die Menschen Steine anbeten und sich in ihrem Aberglauben damit rechtfertigen, dass diese ihnen den Befehl gäben, einander zu schlagen und zu ermorden?
Walid Bin Mughira, Sippenoberhaupt der Bani Machzum, trat vor die Menschen und erklärte mutig: „Ich beginne mit dem Abbruch der Kaaba!“
Während Walid sich mit einer Spitzhacke in der Hand dem Haus Allahs näherte, betete er: „O Allah, wir wollen nur Gutes!“ Dann begann er, an den Steinen der Kaaba zu arbeiten.
Als die anderen Männer am nächsten Tag sahen, dass Walid in der Nacht kein Unglück geschehen war, schlossen sie sich ihm an und rissen die alten Mauern bis zu den Fundamenten Abrahams nieder. Als ein Arbeiter eine Stange zwischen zwei grüne Steine des Fundaments steckte, um sie auseinander zu brechen, bebte ganz Mekka.50 Die Arbeiter hörten mit dem Abriss auf. Das Fundament sollte unberührt bleiben. Sie hatten die Botschaft verstanden.
Nun begann der Wiederaufbau. Alle Sippen von Mekka nahmen daran teil, und die Arbeit ging zügig voran.
Bald erreichten die Mauern die Stelle, wo der schwarze Stein51 an seinem angestammten Platz angebracht werden sollte. Plötzlich fingen die Männer an zu streiten, wer die Ehre haben sollte, den schwarzen Stein an seinen Platz zu setzen. Fünf Tage lang ruhte die Arbeit, und der Streit wogte hin und her, ohne dass sich die Männer einigen konnten. Jeder Stamm wollte den Ruhm für sich allein. Es drohte ein Kampf zu entbrennen – ausgerechnet vor dem Haus, das Abraham gebaut hatte, damit die Gläubigen sich dort vor Allah in Frieden und Sicherheit niederwerfen! Vor dem heiligen Haus des Friedens sollte es nun Krieg geben!
Abu Umayya, ein weiser alter Mann, rief: „Ihr Männer der Quraisch, beauftragt denjenigen, der als nächster durch das Tor der Moschee tritt, darüber zu urteilen, wer die Ehre haben soll, den schwarzen Stein einzusetzen!“ Er meinte das Tor, das zum Platz vor der Kaaba führte.
Der Vorschlag beruhigte die Streitenden. Alle waren einverstanden und warteten. Lange Zeit kam niemand. Endlich näherte sich eine Gestalt dem Tor.
„Es ist Al-Amin, der Vertrauenswürdige, Muhammad! Mit seinem Urteil sind wir einverstanden!“
Muhammad hörte sich an, worüber die Männer stritten. Dann breitete er ein Tuch auf dem Boden aus und legte den schwarzen Stein genau in die Mitte. Dann sagte er: „Ein Angehöriger jeder Sippe nimmt eine
Ecke des Tuches, dann heben alle gleichzeitig den Stein hoch!“
Der Stein wurde zu seinem Platz gebracht. Dann nahm Muhammad den Stein und schob ihn an seine Stelle.52
Nun waren sie alle daran beteiligt, und ein Kampf war vermieden worden.
Muhammad war zu dieser Zeit fünfunddreißig. Er wurde von allen gelobt. Die Quraisch setzten große Hoffnungen in Muhammad, denn sie wussten, dass er nicht wie jeder andere war.
Hala hatte ihre Schwester Chadidscha und deren Familie sehr gern. Ihr Sohn Abul-As, ein edler