Killer ohne Gnade: Ein Jesse Trevellian Thriller. Alfred Bekker
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Mariano wankte.
Sein Gesicht war so starr wie immer. Die Augen traten aus ihren Höhlen hervor. Nicht mehr grimmige Entschlossenheit stand in ihnen, sondern...
Der Tod!
Ein roter Punkt befand sich mitten auf der Stirn und wurde rasch größer. Er wirkte fast wie ein drittes Auge, das rote Tränen vergoss.
Mariano sackte in sich zusammen. Eine Sekunde später lag er ausgestreckt auf dem Rücken.
John Mariano, einem Millionenpublikum besser bekannt als 'Der Bestienkiller' war so mausetot, wie die Legion seiner zahllosen Feinde, mit denen er kurzen Prozess gemacht hatte.
*
"Ich habe Ihnen diesen Ausschnitt aus dem bisher fertiggestellten Filmmaterial des neuesten John Mariano-Steifens keinesfalls in der Absicht gezeigt, Ihnen ein Beispiel für vorbildliche Verbrechensbekämpfung zu geben", erklärte Mr. McKee, der Chef des FBI-Districts New York im Rang eines Special Agent in Charge.
Wir saßen in Mr. McKees Dienstzimmer und genossen das besondere Aroma des Kaffees, den seine Sekretärin Mandy gebraut hatte. Ein Kaffee, der in der gesamten FBI-Zentrale an der Federal Plaza für seinen besonderen Geschmack berühmt war. Eine Schande, das wir ihn aus Pappbechern trinken mussten.
Rechts von mir hatte mein Freund und Kollege Milo Tucker in einem der schlichten Ledersessel Platz genommen, mit denen Mr. McKees Büro ausgestattet war. Außerdem waren noch die Special Agents "Orry" Medina und Clive Caravaggio anwesend und lauschten interessiert Mr. McKees Ausführungen.
Mr. McKee machte ein ernstes Gesicht. "Wie ich annehme, haben Sie alle in den letzten Tagen mal Zeitung gelesen oder die Nachrichten gesehen... So wissen Sie, dass der Schuss, den John Mariano in die Stirn bekam, keineswegs eine tricktechnische Meisterleistung war - sondern die Realität.
Jemand hat ihn bei den Dreharbeiten seines neuesten Streifens umgebracht."
"Ich habe davon gehört", meldete sich Orry zu Wort. Er war indianischer Abstammung, hatte einen dunklen Teint und war vermutlich der bestangezogenste Agent des ganzen FBI-Distrikts. Seine Sammlung seidener Krawatten genoss einen geradezu legendären Ruf.
Orry nahm einen Schluck aus seinem Kaffeebecher und fragte dann schulterzuckend. "Ich frage mich die ganze Zeit schon, weshalb das ein Fall für den FBI sein soll."
"Formal gesehen schon deshalb, weil John Mariano ein Bürger des Staates Kalifornien ist, der in New York State ermordet wurde", erläuterte Mr. McKee. "Aber es gibt da auch noch ein paar andere interessante Details, die dafür sorgen, dass der Fall Mariano unser Fall ist." Mr. McKee schaltete den Projektor aus. Er atmete tief durch und vergrub eine Hand in der Hosentasche. "Wir haben nämlich den ballistischen Bericht inzwischen vorliegen. Und der spricht eine eindeutige Sprache. Mariano starb mit einer Waffe, die auch bei zwei Morden aus dem Mafia-Milieu benutzt wurde. Die Details können sie sich in dem Bericht ansehen, den ich Ihnen zusammengestellt habe."
"Mariano wurden doch immer Kontakte zur Mafia nachgesagt", meinte Caravaggio.
"Er ist Italo-Amerikaner", warf Orry ein. "Das macht ihn in dieser Hinsicht natürlich sofort verdächtig."
Caravaggio runzelte etwas ärgerlich die Stirn. Die Ironie in der Bemerkung seines Kollegen und Partners schien ihm völlig entgangen zu sein. "Ach, ja?"
Caravaggio war flachsblond und sah aus wie ein Wikinger.
Trotzdem - seine Ahnen stammten aus Bella Italia und daher reagierte er in dieser Hinsicht etwas empfindlich.
"Sollte ein Witz sein", meinte Orry etwas kleinlaut und rückte sich die edle, mit 585er Gold beschichtete Krawattennadel in die richtige Position. Bei ihm eine Geste der Verlegenheit.
Milo meinte: "Jedenfalls wäre Mariano nicht der erste, der im Showgeschäft durch Verbindungen zur ehrenwerten Gesellschaft nach oben gekommen ist..."
Mir fiel da spontan zuerst der Name Frank Sinatra ein, dessen Verbindungen zur Cosa Nostra nie genau aufgeklärt worden waren. Eigentlich hatte ich gedacht, dass die Zeiten vorbei waren, in denen ein Pate einem Hollywood-Tycoon ein Angebot machte, dass er nicht ablehnen konnte, um irgendein Sternchen zu puschen. Offensichtlich doch nicht.
Mr. McKee wandte sich herum und ging zu seinem Schreibtisch. Er kehrte mit ein paar großformatigen Schwarzweißfotos zurück, die er mit einer gekonnten Handbewegung vor uns auf den Tisch ausbreitete. "Diese Männer wurden mit derselben Waffe wie Mariano umgebracht", erläuterte Mr. McKee dazu. "Leute aus den mittleren Etagen des organisierten Verbrechens. Geschäftsführer von gutgehenden Nachtclubs, die als Geldwaschanlagen benutzt werden oder maßgebliche Leute in Reedereien, die in den Drogenschmuggel verwickelt sind."
"Immer derselbe Killer?", murmelte ich skeptisch.
"Ein Profi, so wie unsere bisherigen Erkenntnisse ergaben. Vermutlich wurde ein Schalldämpfer benutzt. Der Killer spähte seine Opfer vermutlich sehr sorgfältig aus, bevor er zuschlug. Er wusste stets genau Bescheid. Die Anschläge waren bis ins Detail geplant. So gut, dass er seine Opfer stets allein antraf. Es gibt keine Beschreibungen des Täters, keine Zeugen, die irgend etwas an brauchbaren Informationen hätten liefern können. Nur eine Kugel, fast immer genau in die Stirn, etwas oberhalb der Augen... Was allerdings das Attentat auf Mariano angeht, so scheint der Killer für eine sorgfältige Vorbereitung keine Zeit gehabt zu haben. Am Film-Set müssen etwa hundert Personen gewesen sein. Alles war durch private Sicherheitskräfte abgeriegelt, um Fans daran zu hindern, ihr Idol beim Dreh zu stören."
"Der Täter ging ein ziemlich großes Risiko ein", sagte Milo.
Mr. McKee bestätigte das. "Der Mord fand gewissermaßen vor Dutzenden von Zeugen statt. Die Kollegen der City Police haben von allen Aussagen aufgenommen, die zum Tatzeitpunkt am Ort des Geschehens waren. Diese Aussagen stehen Ihnen natürlich für Ihre Ermittlungen zur Verfügung. Leider scheint kaum etwas dabei zu sein, was einen Anhaltspunkt liefern könnte. Der Killer feuerte von einem Hausdach aus. Zuerst fiel den meisten Anwesenden wohl gar nicht auf, dass es sich nicht um einen Trick handelt. Sie haben die Explosionen auf dem Schirm gesehen. Bei dem Getöse fällt ein einzelner Schuss nicht auf."
"Den Killer hat niemand gesehen?", fragte Orry.
"Nein", schüttelte Mr. McKee den Kopf. "Auch den Sicherheitsleuten, die das ganze Gebiet absuchten, ist niemand aufgefallen, der verdächtig wirkte. Offenbar hat der Killer das Chaos geschickt genutzt, um zu verschwinden. Wie er sich überhaupt auf das Gelände gestohlen hat, ist allen ein Rätsel. Vielleicht hat er sich unter die Packer gemischt, die Requisiten am Drehort ausgeladen haben. Jedenfalls hat er es geschafft."
"Die Frage ist also, für wen dieser Killer arbeitet...", stellte ich fest. "Denn es ist wohl nicht anzunehmen, dass er auf eigene Rechnung unterwegs ist."
"Sie sagen es, Jesse."
"Also müssen wir nach weiteren Anhaltspunkten suchen", stellte Milo fest und machte dabei ein wenig optimistisches Gesicht.
"Immerhin wissen wir, dass die Toten allesamt dem Antonelli-Clan im Wege standen", stellte Mr. McKee fest.
"Und wie passt Mariano dann in diese Reihe?", fragte ich.
"Überhaupt nicht", erwiderte Mr. McKee. "Es gibt mehr als nur Gerüchte darüber, dass Big Tony Antonelli Marianos Filmkarriere überhaupt erst ermöglichte