Killer ohne Gnade: Ein Jesse Trevellian Thriller. Alfred Bekker
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"Ganz genau, Jesse."
"Sie sind ein Optimist", stellte ich fest. "Bislang konnte man den Antonellis nie etwas nachweisen. Jedenfalls nichts Gerichtsverwertbares. Jeder weiß, dass sie ihre Finger im Drogenhandel, im Glücksspiel und in einigen anderen illegalen und daher sehr lukrativen Branchen haben, aber wenn jemand über die Klinge springen musste, dann waren das immer nur die niederen Chargen..."
"Und das ärgert mich seit langem, Jesse!" Mr. McKee setzte sich nun ebenfalls in einen der dunklen Sessel. Er schlug die Beine übereinander. Sein Gesicht strahlte Entschlossenheit aus. Er deutete mit einer knappen Bewegung auf die Fotos auf dem Tisch. "Wenn ein Mafia-Pate die mittleren Chargen der Konkurrenz umbringt, will er vielleicht sein Gebiet ausdehnen. Aber, wenn er einen Mann wie Mariano umbringen lässt, dann muss es dafür entweder einen verdammt guten Grund geben, oder man muss an Big Tonys Intelligenz zweifeln."
"Möglichkeit Nummer zwei ist wohl absurd", stellte Milo fest.
Mr. McKee nickte.
"Das sehe ich auch so. Schließlich kann man sich in dem Fall wie dem von John Mariano sicher sein, dass die Ermittlungen peinlich genau von den Medien verfolgt werden. Das ist keine Sache, die irgendwann zu den Akten gelegt werden kann. Die Polizei, der FBI, die Staatsanwaltschaft keiner könnte sich das leisten, ohne sich unangenehme Fragen gefallen lassen zu müssen. Also wird es besonders hartnäckige Ermittlungen geben. Das liegt in der Natur der Sache - und Big Tony kann sich das an zwei Fingern ausrechnen. Er ist lange genug im Geschäft, um so etwas zu wissen..."
"Big Tony muss ziemlich nervös sein", nickte ich.
"Und vielleicht macht er dadurch Fehler", ergänzte Mr. McKee. Nach einer kurzen Pause fügte er düster hinzu: "Irgend etwas geht da vor sich, von dem wir bislang noch keine Ahnung haben..."
*
Milo und ich verbrachten einige Zeit in unserem gemeinsamen Dienstzimmer, um uns einen Überblick über die Fakten zu verschaffen. Unser wichtigstes Hilfsmittel war dabei der Computer. Per Datenfernleitung waren wir in Sekundenschnelle mit allen wichtigen Archiven und Datenbanken verbunden, darunter dem Zentralarchiv des FBI in Washington und den Datenbanken des NYPD.
Insbesondere interessierten uns natürlich alle verfügbaren Informationen, die im Laufe der Jahre über die Antonelli-Familie gesammelt worden war. Big Tony hatte seine wilden Sturm und Drangjahre eigentlich längst hinter sich. So hatten wir jedenfalls geglaubt. Es hatte schon Gerüchte geben, der große Boss wollte sich vollständig aus dem illegalen Bereich zurückziehen und sein Geld nur noch in saubere Geschäfte investieren.
New York war ein Dorf - und Little Italy erst recht.
Jedenfalls, was die Verbreitungsgeschwindigkeit von Gerüchten und Halbwahrheiten anging.
Was die Informationen über John Mariano angingen, waren unsere üblichen Informationsquellen dafür wohl eher ungeeignet. Er war nie straffällig geworden, hatte seine Fingerabdrücke nie auf einer Waffe hinterlassen, mit der jemand umgebracht worden war und war nur ein einziges Mal mit der Polizei in Berührung gekommen. Als er nämlich seine erste Frau verprügelt hatte, und die Nachbarn die Cops gerufen hatten. Aber damals war John Mariano noch kein Star gewesen, sondern ein mehr oder minder erfolgloser Schauspieler, der sich mit Auftritten in Werbespots über Wasser hielt und die paar Dollar, die er damit verdiente, in Fitnessstudios trug.
Später war dann mal in einem Magazin zu lesen, dass der Gebrauch von Anabolika zum Muskelaufbau seine Persönlichkeit verändert und ihn aggressiv gemacht habe.
Seltsamerweise wurde diese Story, die erst als großer Aufmacher angelaufen war, nicht weiter verfolgt. Der Verdacht lag nahe, dass da vielleicht jemand die Hand im Spiel gehabt hatte. Jemand, dessen Angebote man nicht ablehnen konnte...
Milo und ich durchstöberten alles, was an Presseinformationen, Filmarchiven oder Internet-Seiten von John Mariano-Fanclubs online auf unseren Bildschirm zu holen war. Mariano war zum Zeitpunkt seines Todes vielleicht noch nicht ganz da angekommen, wo Schwarzenegger, Bruce Willis oder Van Damme heute schon waren, aber die Fachwelt traute ihm den Aufstieg in die Superliga der Hau-Drauf-Helden durchaus zu.
Für den späteren Nachmittag hatten wir uns mit Frank Jackson, dem Regisseur des letzten Mariano-Streifens am Tatort verabredet.
Es handelte sich um eine Industriebrache in Brooklyn, ganz in der Nähe des East Rivers gelegen. Bei gutem Wetter war im Hintergrund die typische Skyline von Manhattan zu sehen. Die Gebäude sahen aus wie eine Ansammlung von Ruinen.
Ehemalige Bürokomplexe gab es hier ebenso wie Lagerhäuser.
Eine Import/Export Firma hatte ihren Sitz gehabt, war ins Trudeln gekommen und inzwischen Pleite. Einen Käufer für das Gelände gab es bereits. Alles, was hier stand würde abgerissen werden. Eine ideale Voraussetzung, um hier vorher noch einen Action-Film abzudrehen, in dessen Verlauf so einiges in die Luft fliegen sollte. Das Aufräumen würde das Abrisskommando übernehmen.
Als Milo und ich mit meinem Sportwagen auf dem Gelände eintrafen, war Frank Jackson schon dort. Er trug eine Brille mit Spiegelgläsern und ein grellbuntes Hemd mit Riesenkragen im Siebziger-Jahre-Look. Ein hagerer Mann mit blassem Teint, dessen nervöse Finger eine Zigarette zerdrückten, während er gegen den Kotflügel seines gelben Porsche lehnte.
Im Wagen saß eine hinreißende Blondine mit tief ausgeschnittenem Kleid und gelangweiltem Blick. Wir stiegen aus.
Jackson begrüßte uns mit einem nachlässigen "Hi!"
Wir zeigten ihm erstmal unsere Ausweise, für die Jackson allerdings kaum einen Blick übrig hatte.
Er kaute auf irgend etwas herum.
"Ich hoffe, Sie kriegen den Kerl, der Johnny auf dem Gewissen hat", meinte Jackson grimmig. "Wir stehen alle ziemlich auf dem Schlauch. Das ganze Team..."
"Aus dem Film wird nichts", stellte ich fest.
Jackson nickte. "Ja, und an meiner Beteiligung am Einspielergebnis auch nicht. Mein Gott..." Er fuhr sich mit der Hand über das Gesicht, so als könnte er es immer noch nicht fassen, dass Mariano auf der anderen Seite des Jordan war. John Mariano, der Star, an dem das gesamte Projekt gehangen hatte.
Ich ließ meinen Blick über das Gelände schweifen. Ich versuchte, die Stelle zu finden, von wo aus der Killer auf Mariano angelegt haben musste. Dem ballistischen Bericht nach, musste sich der Täter auf dem Dach eines Gebäudes befunden haben. Ich würde mir die Stelle noch genauer ansehen, aber es sprach viel dafür, dass der Mann, den wir suchten, ziemlich sportlich war.
Und schwindelfrei.
Es hat schon Fälle gegeben, in denen unsere Karten deutlich besser waren, ging es mir bitter durch den Kopf. Die Kollegen von der Scientific Research Division, dem zentralen Erkennungsdienst aller New Yorker Polizeieinheiten, hatten das gesamte Gelände millimetergenau abgesucht. Nichts hatten sie gefunden, was auch nur einen vagen Hinweis liefern konnte. Nicht einmal eine Patronenhülse.
Da war nur die Kugel, die man aus dem Kopf des toten John Mariano herausgeholt hatte.
Nichts weiter.
Ich war überzeugt davon, dass unser Freund auch die am liebsten wieder