Götzendämmerung III. Jörg Werner

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Götzendämmerung III - Jörg Werner Götzendämmerung III

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Überzeugungen an Bord, wie Langweile. Da konnte sich schon mal spontan ein Mob zusammenrotten, um einen Scharlatan zu lynchen, der unvorsichtigerweise die Himmlische Verwaltung der Korruption bezichtigt hatte. Obwohl der Vorwurf an sich von niemand bei klarem Verstand angezweifelt werden würde, doch ein Scharlatan war Angehöriger der kosmischen Finanzelite, somit das letzte Individuum, das einen solchen Vorwurf erheben durfte, ohne sich des Verdachts des Zynismus oder der Heuchelei auszusetzen. Überhaupt litten mit zunehmender Reisedauer die Nerven der meisten Reisenden unter dem periodischen Einfluss der Da-Da-Raumaufenthalte. Das führte zu seltsamen Zusammenrottungen schräger Gedanken, kläglichen Visionen oder, was besonders gefährlich war, zu fehlerhaften aber zweifelsfreien Überzeugungen.

      Übersprung- und Kurzschlusshandlungen häuften sich gegen Ende der Reise und jeder erfahrene Passagier fürchtete die Möglichkeit, eines rational begründeten Amoklaufes. Diese für Langstreckenraumflüge so typische Form des Massakers hatte eine lange Tradition bei der galaktischen Postraumfahrt und nicht wenige Ruhmsüchtige fühlten sich berufen, diese Folklore nicht aussterben zu lassen.

      Ein rationaler Amoklauf, so sinnierte die Majorin, war eine durch die Umstände hervorgerufene, streng logische herbeigeführte Massenmordorgie. Das strenge Prozedere ergab sich aus These, Antithese und Synthese, wobei mit der Synthese widerstreitende, endlos nervende Positionen einfach ausgelöscht wurden.

      Ich habe recht und die anderen sind tot.

      So was konnte sich schon gleich hier und jetzt ereignen, sofern die Beteiligten nicht über eisenharte Nerven verfügten.

      Interessiert verfolgte sie, die sich anbahnende Realitätsverwerfung. Ein häufig in Edelrestaurants anzutreffendes Phänomen. Oft lag das am Wein oder, präziser, an den selbst ernannten Weinkennern und Hobby-Gourmets.

      Die Majorin, als erfahrene Raumreisende, hatte sich auf dem siebten Deck ein kleines, überschaubares Spezialitätenrestaurant für Meeresfrüchte ausgesucht und dort für die gesamte Reise einen Platz an einem Tisch gebucht, den sie mit einem älteren Paar, Elsbeth und Bertie und deren Freundin Luise, teilte. Gegessen wurde jeweils pünktlich zur Wachablösung.

      Das Ambiente war einer Fischerkneipe nachempfunden und zeichnete sich hautsächlich durch Wandgemälde von Schiffskatastrophen, einigen falschen Wrackteilen und einem Aquarium mit undefinierbaren Getier aus den Meeren verschiedener Planeten aus. Im Aquarium brodelte und schäumte es häufig und öfters trieben exotische Skelette mit Fleischfetzen behangen durch das trübe Wasser. Über der Bar hing ein Fischernetz voller Plastikmüll, eine Anklage gegen die Verschmutzung der Meere, darunter hing ein geschnitztes Schild Räucherkate, daneben ein großes Plakat RAUCHEN VERBOTEN.

      Die beiden Freundinnen am Tisch der Majorin hatten sich schon bald als beinharte Expertinnen mit jahrelanger Erfahrung in Sachen Bordgastronomie zu erkennen gegeben. Keine Mahlzeit, die nicht einer eingehenden fachlichen Prüfung unterzogen wurde, während dessen Bertie mit routinierter Teilnahmslosigkeit die neusten Zeitungen las, welche mit den schnellen Kurierschiffen die Tannhäuser erreicht hatten. Bertie lehnte es konsequent ab, sich in irgendeiner Weise an einem Tischgespräch zu beteiligen, das ihm mehr als ein Grummeln abverlangte.

      „Ist das Petersiliensträußchen auf deinem Butt nicht etwas unpassend, Honey?“

      „Etwas gewagt, in der Tat.“

      „Der Butt ist doch ein Fisch, da wäre Tang als Dekoration naheliegend. Was sagst du Bertie?“

      „Grummm.“

      „Bertie meint das auch, Honey.“

      „Mein Fisch ist fade.“

      „Und flach, ich finde ihn für einen Butt etwas flach.“

      „Ein Flachbutt vielleicht?“

      Die Majorin beobachtet mit wachsendem Interesse Pierre, den Oberkellner der Restaurants, der schon seit Reisebeginn in einem verzweifelten asymmetrischen Krieg mit den Damen verstrickt worden war.

      „Garçon der Butt, woher kommt der?“ Elsbeth winkte den Ober herbei und deutete mit der Messerspitze auf den Teller von Luise.

      „Aus den Frischfischtanks der Tannhäuser. Dieser Fische ist so frisch wie sie, gnädige Frau.“

      Bertie starrte für einen Augenblick verwirrt über seine Zeitung.

      „Süß- oder Salzwasser?“

      „Salzwasser, das ist ein Butt.“

      „Und wieso schmeckt er dann flach, wenn er aus Salzwasser kommt?“

      „Fade, Schätzchen, er schmeckt fade.“

      „Flach ist doch das Gleiche, Honey. Sie haben dir einen flachen Fisch angedreht, der deswegen fade schmeckt, lass dir das nicht gefallen.“

      „Der But ist zu flacht, Garçon.“

      „Das ist sicher ein Steinbutt, Honey, pass auf das Du dir nicht die Zähne ausbeißt.“

      „Der Butt ist ein Plattfisch, meine Damen.“

      „Siehst du Honey, sie haben dir einen platten Steinbutt angedreht.“

      „Das ist kein Steinbutt.“

      „Trotzdem ist er zu flach oder platt.“

      „Das ist ein Hagelbutt.“

      Bernie ließ kurz die Zeitung sinken und fragte völlig desinteressiert: „Was ist ein Hagelbutt?“

      Die Majorin nippte entspannt an einem Drink und wartete.

      „Der Hagelbutt gehört zu den fliegenden Plattfischen, die aber entgegen anderen verwandten Arten nur bei Hagel fliegen. Übrigens gibt es einen berühmten Cocktail, den Withe Hagelbutt, der basiert auf Eishagel durch den ein Schwarm dieser Fische geflogen ist, was den Würfeln ein einzigartiges Aroma beschert und Wodka. Viel Wodka wegen des Fischaromas. Ein außergewöhnliches Geschmackserlebnis, wie ich ihnen versichern darf.“

      „Einen Withe Hagelbutt, mit doppelt Hagel“, orderte daraufhin Bertie. Die Majorin schloss sich an. Pierre machte auf dem Absatz kehrt und fragte mit stoischer Miene: „Sehr wohl, mit Minze oder Olive?“

      „Pur“, erwiderte Bernie und verschwand wieder hinter der Zeitung. Die Bordzentrale meldete einen Da-Da-Raumeintritt in circa vier Stunden Standardzeit, was einiges erklärte. Da fiel der der Majorin die Überschrift von Bernies Zeitung in die Augen. „Putschgerüchte von der Erde. Spitzenputte unter Verdacht!“

      „Entschuldigen sie Bernie, von wann ist ihre Zeitung?“

      „Ganz frisch, wie der verfickte Butt, ist heute Morgen mit dem Kurierschiff von Luzifers Lunte gekommen, keine fünf Tage Standardzeit alt.“

      Bernies längste Rede seit Reiseantritt stellte die Majorin für sich fest. Elsbeth musterte ihren Mann missbilligend, sie verabscheute vulgäre Entgleisungen grundsätzlich.

      „Verfickter Butt …“, kicherte Luise „… ich hätte es nicht besser ausdrücken können, höchstens noch: platter, verfickter Fliegenfisch.“

      „Das ist kein Fliegenfisch, das ist ein fliegender Fisch, Honey.“

      „Dürfte

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