Götzendämmerung III. Jörg Werner

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Götzendämmerung III - Jörg Werner Götzendämmerung III

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vorsichtig. Bertie schüttete den Drink mit einem genüsslichen langen Zug ab. „Schmeckt, wie er heißt …“, sagte Bertie zufrieden, „… noch einen, bitte.“

      „Die Zeitung dürfte ich die …“

      „Sie interessieren sich nicht zufällig für Golf?“

      Das tat die Majorin in der Tat nicht, aber da der größte Teil der Passagiere wegen dem großen Golfturnier mit der Tannhäuser reiste, konnte man praktisch Gesprächen über Golf genau so wenig aus dem Weg gehen, wie Schnupfen. Also seufzte sie ergeben und beschied Bertie: „Ein wenig.“

      „Ich verstehe nicht, warum die Zeitungen überhaupt noch über Politik berichten. Das kümmert doch kein Schwein. Sehen sie hier Elsbeth und Luise, die haben sich noch nie, niemals, für Politik interessiert. Stimmt’s Mädels?“

      „Nein, haben wir nicht.“

      „Für Golf auch nicht“, ergänzte Luise.

      „Golf und Politik ist so was von horrible, nicht Honey? Was machst du für ein Gesicht. Stimmt etwas mit den Babykarotten nicht? Oder sind es die Kartoffeln? Es sind die Kartoffeln, ich sehe es dir an. Die Kartoffeln, Honey.“

      „Nein, nein es ist nichts … alles prima.“

      „Danach sieht es mir nicht aus.“

      „Es sind die verfickten Kartoffeln, die sehen wie Golfbälle aus Elsbeth, ist dir das schon mal aufgefallen. Ich denke die ganze Zeit ich würge Golfbälle hinunter.“

      „Wie sollen denn die Bälle auf den Teller gekommen sein? Mit einem Sechser Eisen aus der Küche abgeschlagen?“, mischte sich Bertie ein.

      „Bertie, kann ich die Zeitung…?“

      „Aber ja. Wissen sie, um so einen Abschlag aus der Küche heraus zu spielen, müssten sie einen verflucht guten Golfschwung haben, ein perfektes Muskelgedächtnis. Wissen sie, wie viele Informationen bei so einem Abschlag vom Gehirn an ihren Körper weiter geben werden müssen? Da muss jedes Rädchen ihres Körpers optimal ineinandergreifen. Da müssen sie mental total stabil drauf sein. Sie müssen im Moment leben, Schläger, Ball, Fairway, Green und ihr Kopf, alles muss zu einer Einheit verschmelzen. Wissen sie, manchmal glaube ich man müsste hier oben …“ dabei tippte Bernie sich an die Stirn „… so ein kleines Implantat einsetzen, was alles Überflüssige ausblendet und nur den Golfschlag steuert. Verstehen sie, eine Art Golfhirnprothese.“

      „Für so eine Prothese würde Bernie sogar mich verkaufen, stimmt’s Honey?“

      „Ist halt Golfer durch und durch dein Gatte.“

      Der Majorin war vor Schreck die Kinnlade herunter gerutscht. Bertie konnte sprechen und selbst Golfspieler träumten jetzt schon von so etwas, wie den Gottesmodulen. Ihr lief es eiskalt den Rücken hinunter. Nicht das Modul war das gefährliche, sondern der Glaube an künstlich gesteuerte Perfektion oder die Delegation von Selbstbestimmtheit an ein Implantat.

      Sie nahm die Zeitung entgegen, die Kosmische Allgemeine Allerlei, eine Publikation, der eine gewisse Nähe zur Macht nachgesagt wurde, was sich häufig in der Formulierung: aus meist gut unterrichteten Kreisen verlautet, niederschlug.

      Bertie beobachtete über den Golfteil seiner Zeitung hinweg die Majorin. Er wurde aus der Frau nicht schlau und das beunruhigte ihn, denn normalerweise verfügte er über ein untrügerisches Gespür für andere Engel oder Humanoiden. Bertie hatte mit seinem Einfühlungsvermögen ein immenses Vermögen gemacht. Im Bergbau der Wüsten Zone war es ihm spielend gelungen soviel Reichtum zu schürfen, dass er jetzt über einen riesigen Minenkonzern, eine Transportraumflotte und etliche satte Medienbeteiligungen verfügte. Trotzdem zog er es vor unauffällig zu bleiben, denn er hing der Theorie nach, dass wahre Macht nur im Dunkeln gedieh, im hellen Licht der Öffentlichkeit löste sie sich auf, wie Frühnebel. Bescheiden und unauffällig reisen, die alltäglichen Geschäfte und die politische Schmutzarbeit seiner Stabsabteilung überlassen, Elsbeth möglichst ignorieren und Golfen, wann immer es ging, das waren seine Regeln. Doch die Majorin, die sich ihnen am Anfang der Reise mit Debora Zack vorgestellt hatte, entzog sich jeder Wertung. Besonders ihr einfacher, eleganter Habit mit grauer Kukulle und die grundlos dunkle Schneebrille, verunsicherten ihn und jetzt interessierte sich die Frau auch noch für Politik.

      „Debora darf ich sie fragen, was sie an Politik finden?“

      Die Majorin lächelte nachsichtig. „Gefallen, ich finde Gefallen daran zuzusehen, wie erwachsene Intelligenzen sich für Nichtigkeiten herumschubsen, ruinieren oder bis aufs Messer bekriegen.“

      „Garçon …“ Elsbeth wedelte schon wieder den Oberkellner herbei „… die Götterspeise schwimmt.“

      „Sehr wohl gnädige Frau, in Vanillesoße.“

      „Die Speise schwimmt nicht nur, sie säuft quasi ab.“

      „Flut, es ist Flut, bei Ebbe schaut mehr heraus.“

      „Gut dann nehmen sie die Flut wieder mit und bringen mir eine Götterspeise bei Ebbe.“

      „Sehr wohl gnädige Frau, aber da müssen wir noch etwas warten.“

      „Luise, Honey, hast du das gehört, man lässt uns warten.“

      „Ja, auf Ebbe.“

      Bertie senkte seine Zeitung, ein untrügliches Zeichen für seine Missbilligung.

      „Grummm … „sagte er und wandte sich wieder der Majorin zu „.. wissen sie, ich glaube Golf hat viel mit Politik zu tun.“

      „Man trifft sich im Freien wo einen so leicht keiner abhören kann und beschließt über Dinge, über die man öffentlich niemals reden würde. Meinen sie das, Bertie?“, erwiderte die Majorin.

      „Ach kommen sie, nehmen sie nur mal das große galaktische Golfturnier. Alle kommen hin die Rang und Namen in der Milchstraße haben. Sogar Saa-Tan kommt - inkognito.“

      „Weiß aber jeder, dass er kommt.“

      „Das gehört zum Spiel. Oder nehmen sie mal die Sieben vom Ausschuss. Gehen sich sonst sorgfältig aus dem Weg, aber beim Turnier treffen sie sich reden über dies und das und halten sogar Sitzungen ab, wie man munkelt.“

      „Im Geheimen.“

      „Na ja, immer noch besser geheim, als wenn Beschlüsse gar nicht gefasst werden und Jahrelang alles auf der Stelle tritt.“

      „Genau und um die Öffentlichkeit schon mal auf die zu fassenden Beschlüsse vorzubereiten, werden Artikel, Berichte, Nachrichten und Gerüchte laciert, damit es hinterher kein allzu großes Geschrei gibt.“

      Der Oberkellner war zurück an den Tisch getreten und tauschte mit herablassender Professionalität den Nachtisch aus. Dann beugte er sich zu der Majorin herab: „Madam, wenn sie sich nach dem Dinner noch einmal kurz an die Bar bemühen könnten? Ich habe das fragliche Rezept für sie herausgesucht, aber sicher möchten sie den Drink erst einmal probieren.“

      Das war der vereinbarte Code. Pierre hatte also Neuigkeiten für sie. Die Majorin war gespannt. Bertie gab das Gespräch noch nicht auf, er deutete auf die Zeitungsüberschrift. „Sie haben wahrscheinlich recht, würde mich nicht wundern, wenn die Putten mit ihrer Verwaltung der Erde unter Druck gerieten.“

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