Stieg Larsson lebt!. Didier Desmerveilles

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Stieg Larsson lebt! - Didier Desmerveilles Die Legende lebt

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Wiedersehen! Wenn die uns noch mal wiedersieht, bricht die tot zusammen! Das war echt die Härte!«, rief der Große. Sein Name war Hasso.

      »Das Gesicht von der Alten, wie ich mich da vor ihr am Boden gewälzt hab', vergess' ich nie«, keuchte der wundersam genesene Quindecim­viriorumque-Patient, der in Wirklichkeit Tim und nicht Jim hieß.

      »Die arme Frau, die hat bestimmt 'n Schock fürs Leben! Jungs, wir sind Schweine!«, brach es aus Hasso heraus.

      »Stimmt. Aber dein ›Entschuldigen Sie bitte, aber das ist Jim!‹ war einfach zu genial! Dafür hat sich das Ganze schon gelohnt.«

      Jetzt meldete sich auch der Dritte im Bunde zu Wort, der, obschon er in Wirklichkeit natürlich anders hieß, auf den Namen Kirri hörte: »Wir müssen ächt ärre sein, hier so'n Scheiß zu veranstalten. Aber auf der andern Seite hat die Alte auch selber schuld. Sie hätte uns eben damals in der Fünften die Ufos verkaufen sollen, anstatt sich so anzustellen, von wegen minderjährig und so.«

      »Quindecimviriorumque! Ich lach mich tot!«, brüllte Hasso. »Bin nur froh, dass ich das ohne Versprecher hingekriegt hab'. Und ohne Lachkrampf!«

      »Du Dödel, das muss Quinde­cimvirorumque heißen«, verbesserte ihn Tim, »ohne i; vir ist doch normale O-Deklination, also muss der Genitiv Plural virorum heißen, oder liege ich falsch?«

      »Das wird mir jetzt zu vir, äh, wirr«, kam die Antwort. »Und außerdem Scheiß drauf, meinst du, die Alte kennt sich aus mit unsern Lateinvokabeln?«

      »Naja, eine hat sie jedenfalls heute gelernt!«

      »Und dann war sie mit ihrem Latein am Ende, hihi!«, schloss Kirri mit seiner kauzig-hellen, vom einsetzenden Stimmbruch zusätzlich entstellten Stimme.

      »Ich fürchte, das sind wir gleich auch«, nahm Tim nach einem Blick auf seine Armbanduhr den Faden wieder auf, »sofern das für Mathe die richtige Formulierung sein kann.«

      »In Mathe war ich mit meinem Latein schon immer am Ende«, meinte Kirri, der nun seinerseits zur Uhr blickte und sogleich mit Schrecken feststellte: »Oh Mann, Scheiße, jetzt versteh' ich, was du meinst. Wir kommen zu spät! Wir kommen zu spät zur Mathestunde!«

      »Ein Blitzmerker eben!«, sagte Hasso zu Tim und klimperte ironisch mit den Augenlidern.

      »Ich glaube, Jungs«, meinte Tim, »wir haben diese Freistunde zur Genüge ausgereizt. Los jetzt, dalli!«

      »Nur noch fünf Minuten. Scheiße, das schaffen wir nie!«, seufzte Kirri.

      »Oh, Kirri! Halt die Klappe«, erwiderte Hasso, »und verlier' nicht immer gleich die Nerven. Das schaffen wir locker.« Sprach's und preschte im Laufschritt nach vorn, drehte sich nach zehn Metern um und fügte, während er rückwärts weiter durch das Schnee­gestöber trabte, hinzu: »Wir müssen uns nur 'n bisschen beeilen!«, womit für die andern beiden ebenfalls das Startkommando gefallen war.

      Dummerweise lag das Internat auf einer kleinen Anhöhe oberhalb des Stadtgebiets. Nun ist eine Anhöhe im hohen Norden Deutschlands natürlich etwas völlig anderes als etwa im Harz oder im Schwarzwald, eben eine norddeutsche Anhöhe, eine Erhebung, die – sagen wir mal – einfach etwas weniger flach ist als das Flachland, das sie umgibt. Aber wenn man es eilig hat wie Hasso, Tim und Kirri an diesem Vormittag, wenn einem der kalte Wind auch noch eisige Schneeflocken ins Gesicht bläst, während man sich vorwärtszukommen bemüht, dann spürt man in den Beinen schon die leichte Steigung der Wegstrecke. Vor allem galt dies für Kirri, der kein besonders sportlicher Typ und außerdem leicht – aber wirklich nur leicht, darauf legte er Wert – übergewichtig war. Wie immer, wenn es schnell gehen sollte, hing er hinterher. »Nicht so schnell«, keuchte er ängstlich, weil er sich bereits ganz allein zu spät zum Unterricht erscheinen sah. »Wartet!«

      »Lass uns auf Kirri warten«, schlug Tim atemlos vor, als er hinter Hasso den Eingang zum Internatsgelände passiert hatte, dessen Schulhof menschenleer vor ihnen lag und auf dem lediglich der Wind, der die vereinzelten Schneeflocken auf- und niederfegte, für Bewegung sorgte.

      »Na gut, jetzt ist's sowieso egal. Bin ja kein Kameraden­schwein«, grunzte Hasso.

      »Ihr Ärren«, ächzte der Nachzügler, als er endlich zu ihnen stieß, »wieso lasst ihr mich so hängen?« Kirri hatte die Angewohnheit, seine beiden Lieblingswörter irre und Irrer »ärre und »Ärrer« auszusprechen. Hätte jemand versucht, ihn auf diesen Sprachfehler aufmerksam zu machen, er hätte nicht einmal verstanden, wovon die Rede war.

      »Du lässt dich doch selber auch immer hängen«, entgegnete Hasso bissig. Geschlossen stiegen sie schließlich die letzten Meter auf der steinernen Treppe des Schlosses zum Klassenraum der Untertertia hinauf.

      »Ich hab' ja gleich gesagt, das schaffen wir nicht«, murrte Kirri weiter. Hasso übernahm die Verantwortung, klopfte an die geschlossene Tür des Klassenzimmers und entschuldigte sich bei Herrn Meyer ausdrücklich für die Verspätung. Der Mathematiklehrer quittierte Hassos ungewohnt demütige Ausführungen mit einem spöttischen Grinsen und sagte: »Ach nee, Hasso Hawermann und seine Spießgesellen mal wieder! Ihr habt doch bestimmt wieder irgendwelchen Heckmeck vorgehabt, hm?« Hasso fühlte sich nun auf sicherem Terrain, die Einladung zu einem ironischen Schlagabtausch mit dem Lehrer nahm er dankbar an. Seine Stimme nahm wieder ihren gewohnt festen, sicheren Klang an, als er antwortete: »Heckmeck? Aber Herr Meyer, Sie kennen mich doch...«

      »Eben, Hawermann, eben.« Die Klasse lachte entspannt. Inzwischen wanderten die drei Zuspätkommer unauffällig auf ihre Plätze. »Aber du weißt gar nicht, was ich meine, hm?«

      »Sie sagen es. Ich weiß nämlich gar nicht, was Heckmeck ist. Wenn Sie Mecki meinen, den kenn' ich aus der Hörzu. Das ist so ein Igel mit Menschenkopf, der –«

      Die Klasse lachte. »Danke, Hawermann, reicht!«, würgte Meyer ihn ab. »Treib's nicht auf die Spitze, Hawermann. Mein Geduldsfaden ist heute nicht lang.«

      »Na, umso besser«, kam sogleich der Konter, »physikalisch gesehen ist dann die Wahrscheinlichkeit, dass er reißt, viel geringer.« Ein Gelächter wie ein Sturm. Meyer brauchte eine Weile, um die Klasse wieder zur Ruhe zu bringen. Er sah ein, dass er besser das Thema wechselte. »Gut. Vom Rhetorik-Kurs für Anfänger zu den Mathe-Hausaufgaben für Fortgeschrittene. Was sagst du denn dazu, mir deine mal zu zeigen, Hawermann?«

      »Ich sage dazu: Das versteht sich doch von selbst, dass ein Schüler seinem Lehrer die Hausaufgaben zeigt, und sollte insbesondere für einen Schüler wie mich kein Problem darstellen.«

      »Am besten an der Tafel hier«, schlug Meyer vor.

      »Wenn Sie meinen, dass ich an der Tafel besser bin als Sie...«

      Dieser Hawermann war doch ein verflixt ausgekochtes Schlitzohr. So leicht, merkte Meyer immer wieder, war dem nicht beizukommen. Aber Schüler wie er sorgten wenigstens dafür, dass der Unterricht nicht langweilig wurde.

      2 Die Pyramide

      Hasso Hawermann, Tim Rasmussen und Arnold Kirstein oder schlicht Hasso, Timmi und Kirri, wie sie sich selbst riefen, das waren Freunde, wie man sie nicht alle Tage findet. Freunde fürs Leben, hätte man meinen können, wenn man sie damals miteinander sah. Die gingen gemeinsam durch dick und dünn, und faustdick hatten sie's hinter den Ohren. Die besonderen Lebensumstände im Internat schweißten die Kinder enger zusammen, als es vielleicht ohnedies der Fall gewesen wäre. Keiner

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