Please insert coin. Valuta Tomas
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Читать онлайн книгу Please insert coin - Valuta Tomas страница 6
»Haben Sie irgendwelche geistigen Einschränkungen?«, bremst die Doktorin Ava aus, die Hütte weiter zu betreten.
Irgendwie habe ich das Gefühl, dass diese Frage sehr ungesund für mich wird.
»Nein«, antwortet Ava wahrheitsgemäß. Bei ihr sind noch alle Synapsen vorhanden und jedes Zahnrädchen funktioniert einwandfrei.
»Haben Sie irgendwelche körperlichen Einschränkungen?« Avas Kiefer beginnt zu malen. Hackt diese Frau im Augenblick wirklich auf ihrer Gesundheit herum? Was soll das?
»Nein, ich bin kerngesund.«
»Wenn Sie also Ihrem Alter entsprechend«, der Blick der Doktorin wandert flüchtig über Avas Körper »im vollen Besitz Ihrer geistigen und körperlichen Fähigkeiten sind, dann sind Sie also einfach nur ignorant und dumm!?«
»Wie bitte?« Unüberlegt fährt Ava die hoch ausgezeichnete Frau an. Sie kann nicht fassen wie sie sie gerade bezeichnet hat.
Was fällt dieser Schnepfe ein?
Miss Jercy zeigt an Ava vorbei nach draußen.
»Haben Sie draußen auf der Veranda das Schuhregel gesehen?«
Blitzschnell überlegt Ava. Ja, irgendetwas in der Art hat sie gesehen. Sie nahm es wahr, registrierte es aber nicht wirklich. Jetzt weiß sie jedenfalls worauf die Doktorin hinaus will.
»Ja, habe ich.«
»Und weshalb stehen Sie dann mit Straßenschuhen in meinem Haus? Ziehen Sie diese sofort aus! Danach folgen Sie mir.«
Mit einem lauten rumsen und poltern lässt Ava schlagartig sämtliche Gepäckstücke fallen, was die Doktorin dazu verleitet, sie mit einem bissigen Blick zu bestrafen.
Was denn? Du wolltest, dass ich die Schuhe ausziehe. Das mache ich sicherlich nicht mit vollen Händen.
Gehässig in sich hinein grinsend, dreht sich Ava um, zieht draußen ihre Schuhe aus und stellt diese schön brav in das Regal. Danach schnappt sie sich ihr Gepäck, wirft sich jedes einzelne über die Schulter und hofft noch nicht einmal, dass ihr die Doktorin eventuell hilft. Denn diese steht noch immer mit verschränkten Armen vor ihr und beobachtet den Packesel ausdruckslos.
Stramm wie ein Soldat, steht Ava einige Augenblicke später vor ihr und wartet auf weitere Instruktionen. Die Doktorin mustert sie kurz, dreht sich um und setzt sich in Gang. Sie zeigt nach rechts.
»Wohnzimmer. Dort dürfen Sie sich aufhalten.« Ein kurzer Blick von Ava wird in den Raum auf der rechten Seite getan. Fassungslos reißt sie die Augen auf. Ihre Kinnlade klappt herunter.
»Bibliothek trifft es eher«, nuschelt sie baff. Das Wohnzimmer, oder das was es darstellen soll, ist über und über mit Büchern gefüllt. Eine Dreier-Couch, eine Zweier-Couch und ein Sessel dienen als Sitzgelegenheit, wobei nur die Dreier-Couch genutzt werden kann, weil die anderen beiden Möbelstücke mit Büchern überfüllt sind. Nicht ein Zentimeter der Sitzfläche ist noch als solche zu erkennen.
Vom Boden aus sind im Laufe einiger Jahre unzählige Bücherstapel gewachsen. Man sieht keinen Türrahmen mehr, man sieht kaum noch eine Wand. Irgendwie wuchsen einige Stapel sogar mitten im Weg. Es ist unfassbar. Überall in diesem Raum wuchsen Bücherstapel aus dem Boden, die bis zu einer Höhe von fast ein Meter vierzig gezüchtet wurden.
Neben dem Kamin, in dem ein wärmendes Feuer lodert, stapeln sich ebenfalls Bücher und wirken wie Säulen.
»Haben Sie die Bücher etwa alle gelesen?«, stottert Ava erstaunt.
»Jedes einzelne«, antwortet Miss Jercy beiläufig und wandert weiter durch das Haus. Ava schaut ihr stattdessen positiv entsetzt hinterher.
Hast du auch noch andere Hobbys?
»Mein Name ist Doktor Nora Jercy, aber das wissen Sie ja sicherlich. Ich dulde allerdings nur die Anrede Miss Jercy und verbiete Ihnen mich zu duzen«, stellt die Doktorin eiskalt klar und zieht eine imaginäre Grenze, die auch nur im Ansatz etwas mit Menschlichkeit zu tun haben könnte.
Du verbietest es mir? Huch, habe ich dich eben etwa geduzt? Hach, das tut mir aber leid.
Bissig schaut Ava der Psychiaterin hinterher.
Kann mir jemand verraten, wie ich das mit dieser Schreckschraube aushalten soll?
Nora zeigt auf eine Zimmertür zu ihrer rechten Seite.
»Nein!« Die Hand wandert zur linken Seite und gleich darauf wieder zur rechten.
»Nein! Nein!«
Ok ok, ich habe es verstanden. Alles deins, super.
Die Doktorin öffnet eine Tür auf der linken Seite und zeigt auffordernd hinein.
»Ihr Zimmer. Sie werden an der Ausstattung absolut nichts verändern, alles bleibt so wie es ist. Sehe ich auch nur die minimalste Veränderung, misten Sie den Pferdestall mit einer Kuchengabel aus. Haben Sie mich verstanden?«
Jetzt wird es ja richtig gut.
»Aber bewegen darf ich mich noch, oder?« Bevor die Doktorin wegen dieser nuschelnden Aussage nachfragen kann, betritt Ava das Zimmer und möchte am liebsten auf der Stelle wieder kehrtmachen.
Meine Güte, in welcher Zeit ist diese Frau stehengeblieben? 1789?
Schon fast entsetzt, starrt die Journalistin um sich. Ein Metallbett aus dem ersten Weltkrieg, ein Kleiderschrank der bedrohlich erdrückend in dem eigentlich großzügigen Zimmer wirkt, eine Kommode mit fünf Schubladen in denen man jemanden getrost drin verschwinden lassen könnte, ein runder Holztisch aus der Kreidezeit, ein Holzstuhl der seine beste Zeit auch schon hinter sich hat und ein alter Kamin.
»Versorgen müssen Sie sich selbst, schließlich ist das hier kein Hotel. Hier gibt es keinen Strom und kein fließendes Wasser. Ach und ich gebe Ihnen noch einen gut gemeinten Rat: Wenn Sie nachts pinkeln müssen, verkneifen Sie es sich. Noch ist es nachts relativ warm und die Mücken sind dementsprechend aggressiv.«
Mit einem Ruck wirbelt Ava herum. Als sie die Doktorin anstarrt, treten ihre Augen fast aus den Höhlen.
»Was? Wie jetzt? Mücken? Kein fließendes Wasser? Kein Strom?« Avas Stimme quietscht unkontrolliert.
»Wie soll ich ohne Strom das Buch schreiben, oder mir irgendwelche Notizen machen?«
Unbeeindruckt zeigt Nora an Ava vorbei. Diese folgt dem Finger der Doktorin und sieht auf dem Tisch eine mechanische Typenhebel-Schreibmaschine die vor fünfzig Jahren beliebt war. Daneben liegt ein Block mit einem Bleistift. Avas Kinn klappt herunter. Mit offenem Mund keucht sie atemlos.
Das ist ein schlechter Scherz. Das kann doch nicht ihr Ernst sein.
»Ich kann nicht mit Schreibmaschine schreiben.« Avas Gedanken spielen Ping Pong. Noch nie in ihrem Leben hat sie eine Schreibmaschine aus der Nähe gesehen. Und dann soll sie auch