Franz Kafka – Das Schloss. Franz Kafka

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Franz Kafka – Das Schloss - Franz Kafka

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häuslichen Verhältnisse sind hier unbekannt. Sicherungen sind also nötig, das werden Sie einsehen, lieber Herr Landvermesser, haben Sie doch selbst hervorgehoben, wie viel Frieda durch die Verbindung mit Ihnen immerhin auch verliert.“ „Gewiss, Sicherungen, natürlich“, sagte K., „die werden wohl am besten vor dem Notar gegeben werden, aber auch andere gräfliche Behörden werden sich ja vielleicht noch einmischen. Übrigens habe auch ich noch vor der Hochzeit unbedingt etwas zu erledigen. Ich muss mit Klamm sprechen.“ „Das ist unmöglich“, sagte Frieda, erhob sich ein wenig und drückte sich an K., „was für ein Gedanke!“ „Es muss sein“, sagte K. „wenn es mir unmöglich ist, es zu erwirken, musst du es tun.“ „Ich kann nicht, K., ich kann nicht“, sagte Frieda, „niemals wird Klamm mit dir reden. Wie kannst du nur glauben, dass Klamm mit dir reden wird!“ „Und mit dir würde er reden?“ fragte K. „Auch nicht“, sagte Frieda, „nicht mit dir, nicht mit mir, es sind bare Unmöglichkeiten.“ Sie wandte sich an die Wirtin mit ausgebreiteten Armen: „Sehen Sie nur, Frau Wirtin, was er verlangt.“ „Sie sind eigentümlich, Herr Landvermesser“, sagte die Wirtin und war erschreckend, wie sie jetzt aufrechter dasaß, die Beine auseinander gestellt, die mächtigen Knie vorgetrieben durch den dünnen Rock. „Sie verlangen Unmögliches.“ „Warum ist es unmöglich?“ fragte K. „Das werde ich Ihnen erklären“, sagte die Wirtin in einem Ton, als sei diese Erklärung nicht etwa eine letzte Gefälligkeit, sondern schon die erste Strafe, die sie austeilte, „das werde ich Ihnen gern erklären. Ich gehöre zwar nicht zum Schloss und bin nur eine Frau und bin nur eine Wirtin, hier in einem Wirtshaus letzten Ranges – es ist nicht letzten Ranges, aber nicht weit davon – und so könnte es sein, dass Sie meiner Erklärung nicht viel Bedeutung beilegen, aber ich habe in meinem Leben die Augen offen gehabt und bin mit vielen Leuten zusammengekommen und habe die ganze Last der Wirtschaft allein getragen, denn mein Martin ist zwar ein guter Junge, aber ein Gastwirt ist er nicht und was Verantwortlichkeit ist, wird er nie begreifen. Sie z.B. verdanken es doch nur seiner Nachlässigkeit – ich war an dem Abend schon müde zum Zusammenbrechen – dass Sie hier im Dorf sind, dass Sie hier auf dem Bett in Frieden und Behagen sitzen.“ „Wie?“ fragte K., aus einer gewissen Zerstreutheit aufwachend, aufgeregt mehr von der Neugierde, als von Ärger. „Nur seiner Nachlässigkeit verdanken Sie es“, rief die Wirtin nochmals mit gegen K. ausgestrecktem Zeigefinger. Frieda suchte sie zu beschwichtigen. „Was willst du“, sagte die Wirtin mit rascher Wendung des ganzen Leibes. „Der Herr Landvermesser hat mich gefragt und ich muss ihm antworten. Wie soll er es denn sonst verstehen, was uns selbstverständlich ist, dass Herr Klamm niemals mit ihm sprechen wird, was sage ich „wird“, niemals mit ihm sprechen kann. Hören Sie, Herr Landvermesser. Herr Klamm ist ein Herr aus dem Schloss, das bedeutet schon an und für sich, ganz abgesehen von Klamms sonstiger Stellung, einen sehr hohen Rang. Was sind nun aber Sie, um dessen Heiratseinwilligung wir uns hier so demütig bewerben. Sie sind nicht aus dem Schloss, Sie sind nicht aus dem Dorfe, Sie sind nichts. Leider aber sind Sie doch etwas, ein Fremder, einer, der überzählig und überall im Weg ist, einer, wegen dessen man immerfort Scherereien hat, wegen dessen man die Mägde ausquartieren muss, einer, dessen Absichten unbekannt sind, einer der unsere liebste kleine Frieda verführt hat und dem man sie leider zur Frau geben muss. Wegen alles dessen mache ich Ihnen ja im Grunde keine Vorwürfe. Sie sind, was Sie sind, ich habe in meinem Leben schon zu viel gesehen, als dass ich nicht noch diesen Anblick ertragen sollte. Nun aber stellen Sie sich vor, was Sie eigentlich verlangen. Ein Mann wie Klamm soll mit Ihnen sprechen. Mit Schmerz habe ich gehört, dass Frieda Sie hat durchs Guckloch schauen lassen, schon als sie das tat, war sie von Ihnen verführt. Sagen Sie doch, wie haben Sie überhaupt Klamms Anblick ertragen? Sie müssen nicht antworten, ich weiß es, Sie haben ihn sehr gut ertragen. Sie sind ja gar nicht imstande, Klamm wirklich zu sehen, das ist nicht Überhebung meinerseits, denn ich selbst bin es auch nicht imstande. Klamm soll mit Ihnen sprechen, aber er spricht doch nicht einmal mit Leuten aus dem Dorf, noch niemals hat er selbst mit jemandem aus dem Dorf gesprochen. Es war ja die große Auszeichnung Friedas, eine Auszeichnung, die mein Stolz sein wird bis an mein Ende, dass er wenigstens Friedas Namen zu rufen pflegte und dass sie zu ihm sprechen konnte nach Belieben und die Erlaubnis des Gucklochs bekam, gesprochen aber hat er auch mit ihr nicht. Und dass er Frieda manchmal rief, muss gar nicht die Bedeutung haben, die man dem gerne zusprechen möchte, er rief einfach den Namen Frieda – wer kennt seine Absichten? – dass Frieda natürlich eilends kam, war ihre Sache, und dass sie ohne Widerspruch zu ihm zugelassen wurde, war Klamms Güte, aber dass er sie geradezu gerufen hätte, kann man nicht behaupten. Freilich, nun ist auch das, was war, für immer dahin. Vielleicht wird Klamm noch den Namen Frieda rufen, das ist möglich, aber zugelassen wird sie zu ihm gewiss nicht mehr, ein Mädchen, das sich mit Ihnen abgegeben hat. Und nur eines, nur eines kann ich nicht verstehen mit meinem armen Kopf, dass ein Mädchen, von dem man sagte, es sei Klamms Geliebte – ich halte das übrigens für eine sehr übertriebene Bezeichnung – sich von Ihnen auch nur berühren ließ.“ „Gewiss, das ist merkwürdig“, sagte K. und nahm Frieda, die sich, wenn auch mit gesenktem Kopf, gleich fügte, zu sich auf den Schoß, „es beweist aber, glaube ich, dass sich auch sonst nicht alles genauso verhält, wie Sie glauben. So haben Sie z.B. gewiss recht, wenn Sie sagen, dass ich vor Klamm ein Nichts bin, und wenn ich jetzt auch verlange, mit Klamm zu sprechen, und nicht einmal durch Ihre Erklärungen davon abgebracht bin, so ist damit noch nicht gesagt, dass ich imstande bin, den Anblick Klamms ohne dazwischenstehende Tür auch nur zu ertragen, und ob ich nicht schon bei seinem Erscheinen aus dem Zimmer renne. Aber eine solche, wenn auch berechtigte Befürchtung ist für mich noch kein Grund, die Sache nicht doch zu wagen. Gelingt es mir aber, ihm standzuhalten, dann ist es gar nicht nötig, dass er mit mir spricht, es genügt mir, wenn ich den Eindruck sehe, den meine Worte auf ihn machen, und machen sie keinen oder hört er sie gar nicht, habe ich doch den Gewinn, frei vor einem Mächtigen gesprochen zu haben. Sie aber, Frau Wirtin, mit Ihrer großen Lebens- und Menschenkenntnis, und Frieda, die noch gestern Klamms Geliebte war – ich sehe keinen Grund, von diesem Wort abzugehen – können mir gewiss leicht die Gelegenheit verschaffen, mit Klamm zu sprechen; ist es auf keine andere Weise möglich, dann eben im Herrenhof, vielleicht ist er auch heute noch dort.“

      „Es ist unmöglich“, sagte die Wirtin, „und ich sehe, dass Ihnen die Fähigkeit fehlt, es zu begreifen. Aber sagen Sie doch, worüber wollen Sie denn mit Klamm sprechen?“

      „Über Frieda natürlich“, sagte K.

      „Über Frieda?“ fragte die Wirtin verständnislos und wandte sich an Frieda, „hörst du, Frieda, über dich will er, er, mit Klamm, mit Klamm sprechen.“

      „Ach“, sagte K., „Sie sind, Frau Wirtin, eine so kluge, Achtung einflößende Frau und doch erschreckt Sie jede Kleinigkeit. Nun also, ich will über Frieda mit ihm sprechen, das ist doch nicht so sehr ungeheuerlich als vielmehr selbstverständlich. Und Sie irren gewiss auch, wenn Sie glauben, dass Frieda von dem Augenblick an, wo ich auftrat, für Klamm bedeutungslos geworden ist. Sie unterschätzen ihn, wenn Sie das glauben. Ich fühle gut, dass es anmaßend von mir ist, Sie in dieser Hinsicht belehren zu wollen, aber ich muss es doch tun. Durch mich kann in Klamms Beziehung zu Frieda nichts geändert worden sein. Entweder bestand keine wesentliche Beziehung – das sagen eigentlich diejenigen, welche Frieda den Ehrennamen Geliebte nehmen – nun dann besteht sie auch heute nicht; oder aber sie bestand, wie könnte sie dann durch mich, wie Sie richtig sagten, ein Nichts in Klamms Augen, wie könnte sie dann durch mich gestört sein. Solche Dinge glaubt man im ersten Augenblick des Schreckens, aber schon die kleinste Überlegung muss das richtigstellen. Lassen wir übrigens doch Frieda ihre Meinung hierzu sagen.“

      Mit in die Ferne schweifendem Blick, die Wange an K.s Brust, sagte Frieda: „Es ist gewiss, wie Mutter sagt: Klamm will nichts mehr von mir wissen. Aber freilich nicht deshalb, weil du, Liebling, kamst, nichts Derartiges hätte ihn erschüttern können. Wohl aber, glaube ich, ist es sein Werk, dass wir uns dort unter dem Pult zusammengefunden haben, gesegnet, nicht verflucht sei die Stunde.“ „Wenn es so ist“, sagte K. langsam, denn süß waren Friedas Worte, er schloss ein paar Sekunden lang die Augen, um sich von den Worten durchdringen zu lassen, „wenn es so ist, ist noch weniger Grund, sich vor einer Aussprache mit Klamm zu fürchten.“

      „Wahrhaftig“, sagte die Wirtin und

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