Franz Kafka – Das Schloss. Franz Kafka

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Franz Kafka – Das Schloss - Franz Kafka

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weiß“, sagte der Wirt und wiederholte nochmals, „das weiß ich.“ Nun hätte K. sein Verlangen nachdrücklicher stellen können, aber gerade diese Antwort des Wirtes zerstreute ihn, deshalb fragte er nur: „Übernachten heute viele Herren vom Schloss hier?“ „In dieser Hinsicht ist es heute vorteilhaft“, sagte der Wirt gewissermaßen lockend, „es ist nur ein Herr hiergeblieben.“ Noch immer konnte K. nicht drängen, hoffte nun auch schon, fast aufgenommen zu sein, so fragte er nur noch nach dem Namen des Herrn. „Klamm“, sagte der Wirt nebenbei, während er sich nach seiner Frau umdrehte, welche in sonderbar abgenützten, veralteten, mit Rüschen und Falten überladenen, aber feinen städtischen Kleidern herangerauscht kam. Sie wollte den Wirt holen, der Herr Vorstand habe irgendeinen Wunsch. Ehe der Wirt aber ging, wandte er sich noch an K., als habe nicht mehr er selbst, sondern K. wegen des Übernachtens zu entscheiden. K. konnte aber nichts sagen, besonders der Umstand, dass gerade sein Vorgesetzter hier war, verblüffte ihn. Ohne dass er es sich selbst ganz erklären konnte, fühlte er sich Klamm gegenüber nicht so frei wie sonst gegenüber dem Schloss, von ihm hier ertappt zu werden, wäre für K. zwar kein Schrecken im Sinne des Wirtes, aber doch eine peinliche Unzukömmlichkeit gewesen, so etwa als würde er jemandem, dem er zu Dankbarkeit verpflichtet war, leichtsinnig einen Schmerz bereiten; dabei aber bedrückte es ihn schwer, zu sehen, dass sich in solcher Bedenklichkeit offenbar schon die gefürchteten Folgen des Untergeordnetseins, des Arbeiterseins zeigten und dass er nicht einmal hier, wo sie deutlich auftraten, imstande war, sie niederzukämpfen. So stand er, zerbiss sich die Lippen und sagte nichts. Noch einmal, ehe der Wirt in einer Tür verschwand, sah er zu K. zurück. Dieser sah ihm nach und ging nicht von der Stelle, bis Olga kam und ihn fortzog. „Was wolltest du vom Wirt?“ fragte Olga. „Ich wollte hier übernachten“, sagte K. „Du wirst doch bei uns übernachten“, sagte Olga verwundert. „Ja, gewiss“, sagte K. und überließ ihr die Deutung der Worte.

      3. Kapitel

       [Frieda]

      Im Ausschank, einem großen in der Mitte völlig leeren Zimmer, waren an den Wänden, bei Fässern und auf ihnen, einige Bauern, die aber anders aussahen, als die Leute in K.s Wirtshaus. Sie waren reinlicher und einheitlicher in graugelblichen groben Stoff gekleidet, die Jacken waren gebauscht, die Hosen anliegend. Es waren kleine, auf den ersten Blick einander sehr ähnliche Männer mit flachen knochigen und doch rundwangigen Gesichtern. Alle waren ruhig und bewegten sich kaum, nur mit den Blicken verfolgten sie die Eintretenden, aber langsam und gleichgültig. Trotzdem übten sie, weil es so viele waren und weil es so still war, eine gewisse Wirkung auf K. aus. Er nahm wieder Olgas Arm, um damit den Leuten sein Hiersein zu erklären. In einer Ecke erhob sich ein Mann, ein Bekannter Olgas, und wollte auf sie zugehen, aber K. drehte sie mit dem eingehängten Arm in eine andere Richtung. Niemand außer ihr konnte es bemerken, sie duldete es mit einem lächelnden Seitenblick.

      Das Bier wurde von einem jungen Mädchen ausgeschenkt, das Frieda hieß. Ein unscheinbares kleines blondes Mädchen mit traurigen Augen und mageren Wangen, das aber durch seinen Blick überraschte, einem Blick von besonderer Überlegenheit. Als dieser Blick auf K. fiel, schien es ihm, dass dieser Blick schon K. betreffende Dinge erledigt hatte, von deren Vorhandensein er selbst noch gar nichts wusste, von deren Vorhandensein aber der Blick ihn überzeugte. K. hörte nicht auf, Frieda von der Seite anzusehn, auch als sie schon mit Olga sprach. Freundinnen schienen Olga und Frieda nicht zu sein, sie wechselten nur wenige kalte Worte. K. wollte nachhelfen und fragte deshalb unvermittelt: „Kennen Sie Herrn Klamm?“ Olga lachte auf. „Warum lachst du?“ fragte K. ärgerlich. „Ich lache doch nicht“, sagte sie, lachte aber weiter. „Olga ist noch ein recht kindisches Mädchen“, sagte K. und beugte sich weit über den Schenktisch, um nochmals Friedas Blick fest auf sich zu ziehen. Sie aber hielt ihn gesenkt und lachte leise: „Wollen Sie Herrn Klamm sehn?“ K. bat darum. Sie zeigte auf eine Tür, gleich links, neben sich. „Hier ist ein kleines Guckloch, hier können Sie durchsehen.“ „Und die Leute hier?“ fragte K. Sie warf die Unterlippe auf und zog K. mit einer ungemein weichen Hand zur Tür. Durch das kleine Loch, das offenbar zu Beobachtungszwecken gebohrt war, übersah er fast das ganze Nebenzimmer. An einem Schreibtisch in der Mitte des Zimmers, in einem bequemen Rundlehnstuhl, saß, grell von einer vor ihm niederhängenden Glühlampe beleuchtet, Herr Klamm. Ein mittelgroßer, dicker, schwerfälliger Herr. Das Gesicht war noch glatt, aber die Wangen senkten sich doch schon mit dem Gewicht des Alters ein wenig hinab. Der schwarze Schnurrbart war lang ausgezogen. Ein schief aufgesetzter, spiegelnder Zwicker verdeckte die Augen. Wäre Herr Klamm völlig beim Tisch gesessen, hätte K. nur sein Profil gesehen, da ihm aber Klamm direkt zugedreht war, sah er ihm voll ins Gesicht. Den linken Ellbogen hatte Klamm auf dem Tisch liegen, die rechte Hand, in der er eine Virginia hielt, ruhte auf dem Knie. Auf dem Tisch stand ein Bierglas; da die Randleiste des Tisches hoch war, konnte K. nicht genau sehen, ob auf dem Tisch irgendwelche Schriften lagen, es schien ihm aber, als wäre er leer. Der Sicherheit halber bat er Frieda, durch das Loch zu schauen und ihm hierüber Auskunft zu geben. Da sie aber vor kurzem im Zimmer gewesen war, konnte sie K. ohne Weiteres bestätigen, dass dort keine Schriften lagen. K. fragte Frieda, ob er schon weggehen müsse. Sie aber sagte, er könne hindurchschauen, solange er Lust habe. K. war jetzt mit Frieda allein. Olga hatte, wie er flüchtig feststellte, den Weg zu ihrem Bekannten gefunden, saß hoch auf einem Fass und strampelte mit den Füßen. „Frieda“, sagte K. flüsternd, „kennen Sie Herrn Klamm sehr gut?“ „Ach ja“, sagte sie, „sehr gut.“ Sie lehnte neben K. und ordnete spielerisch, wie K. jetzt erst auffiel, ihre leichte ausgeschnittene cremefarbige Bluse, die wie fremd auf ihrem armen Körper lag. Dann sagte sie: „Erinnern Sie sich nicht an Olgas Lachen?“ „Ja, die Unartige“, sagte K. „Nun“, sagte sie versöhnlich, „es war Grund zum Lachen. Sie fragten, ob ich Klamm kenne, und ich bin doch“ – hier richtete sie sich unwillkürlich ein wenig auf und wieder ging ihr sieghafter, mit dem, was gesprochen wurde, gar nicht zusammenhängender Blick über K. hin – „ich bin doch seine Geliebte.“ „Klamms Geliebte“, sagte K. Sie nickte. „Dann sind Sie“, sagte K. lächelnd, um nicht allzu viel Ernst zwischen ihnen aufkommen zu lassen, „für mich eine sehr respektable Person.“ „Nicht nur für Sie“, sagte Frieda, freundlich, aber ohne sein Lächeln aufzunehmen. K. hatte ein Mittel gegen ihren Hochmut und wandte es an, er fragte: „Waren Sie schon im Schloss?“ Es verfing aber nicht, denn sie antwortete: „Nein, aber ist es nicht genug, dass ich hier im Ausschank bin?“ Ihr Ehrgeiz war offenbar toll und gerade an K., so schien es, wollte sie ihn sättigen. „Freilich“, sagte K., „hier im Ausschank, Sie versehen ja die Arbeit des Wirtes.“ „So ist es“, sagte sie, „und begonnen habe ich als Stallmagd im Wirtshaus zur Brücke.“ „Mit den zarten Händen“, sagte K. halb fragend und wusste selbst nicht, ob er nur schmeichelte oder auch wirklich von ihr bezwungen war. Ihre Hände allerdings waren klein und zart, aber man hätte sie auch schwach und nichtssagend nennen können. „Darauf hat damals niemand geachtet“, sagte sie, „und selbst jetzt ---.“ K. sah sie fragend an. Sie schüttelte den Kopf und wollte nicht weiter reden. „Sie haben natürlich“, sagte K., „Ihre Geheimnisse und Sie werden über sie nicht mit jemandem reden, den Sie eine halbe Stunde lang kennen und der noch keine Gelegenheit hatte, Ihnen zu erzählen, wie es sich eigentlich mit ihm verhält.“ Das war nun aber, wie sich zeigte, eine unpassende Bemerkung, es war, als hätte er Frieda aus einem, ihm günstigen Schlummer geweckt. Sie nahm aus der Ledertasche, die sie am Gürtel hängen hatte, ein Hölzchen, verstopfte damit das Guckloch, sagte zu K., sichtbar sich bezwingend, um ihn von der Änderung ihrer Gesinnung nichts merken zu lassen: „Was Sie betrifft, so weiß ich doch alles, Sie sind der Landvermesser“, fügte dann hinzu: „nun muss ich aber an die Arbeit“, und ging an ihren Platz hinter dem Ausschanktisch, während sich von den Leuten hie und da einer erhob, um sein leeres Glas von ihr füllen zu lassen. K. wollte noch einmal unauffällig mit ihr sprechen, nahm deshalb von einem Ständer ein leeres Glas und ging zu ihr: „Nur eines noch, Fräulein Frieda“, sagte er, „es ist außerordentlich und eine auserlesene Kraft ist dazu nötig, sich von einer Stallmagd zum Ausschankmädchen vorzuarbeiten, ist damit aber für einen solchen Menschen das endgültige Ziel erreicht? Unsinnige Frage. Aus Ihren Augen, lachen Sie mich nicht aus, Fräulein Frieda, spricht nicht so sehr der vergangene, als der zukünftige Kampf. Aber

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