Franz Kafka – Das Schloss. Franz Kafka

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Franz Kafka – Das Schloss - Franz Kafka страница 14

Автор:
Серия:
Издательство:
Franz Kafka – Das Schloss - Franz Kafka

Скачать книгу

und als Frieda, die im Herrenhof so viel gesehen und gehört hat. Ich leugne nicht, dass es möglich ist, einmal auch etwas ganz gegen die Vorschriften und gegen das Althergebrachte zu erreichen, ich habe etwas Derartiges nicht erlebt, aber es gibt angeblich Beispiele dafür, mag sein, aber dann geschieht es gewiss nicht auf die Weise, wie Sie es tun, indem man immerfort nein nein sagt und nur auf seinen Kopf schwört und die wohlmeinendsten Ratschläge überhört. Glauben Sie denn, meine Sorge gilt Ihnen? Habe ich mich um Sie gekümmert, solange Sie allein waren? Trotzdem es gut gewesen wäre und manches sich hätte vermeiden lassen? Das einzige, was ich damals meinem Mann über Sie sagte, war: ‚Halt dich von ihm fern‘. Das hätte auch heute noch für mich gegolten, wenn nicht Frieda jetzt in Ihr Schicksal mit hineingezogen worden wäre. Ihr verdanken Sie – ob es Ihnen gefällt oder nicht – meine Sorgfalt, ja sogar meine Beachtung. Und Sie dürfen mich nicht einfach abweisen, weil Sie mir, der einzigen, die über der kleinen Frieda mit mütterlicher Sorge wacht, streng verantwortlich sind. Möglich, dass Frieda Recht hat und alles, was geschehen ist, der Wille Klamms ist, aber von Klamm weiß ich jetzt nichts, ich werde niemals mit ihm sprechen, er ist mir gänzlich unerreichbar, Sie aber sitzen hier, halten meine Frieda und werden – warum soll ich es verschweigen? – von mir gehalten. Ja, von mir gehalten, denn versuchen Sie es, junger Mann, wenn ich Sie auch aus dem Hause weise, irgendwo im Dorf ein Unterkommen zu finden, und sei es in einer Hundehütte.“

      „Danke“, sagte K., „das sind offene Worte, und ich glaube Ihnen vollkommen. So unsicher ist also meine Stellung und damit zusammenhängend auch die Stellung Friedas.“ „Nein“, rief die Wirtin wütend dazwischen, „Friedas Stellung hat in dieser Hinsicht gar nichts mit Ihrer zu tun. Frieda gehört zu meinem Haus und niemand hat das Recht, ihre Stellung hier eine unsichere zu nennen.“

      „Gut, gut“, sagte K., „ich gebe Ihnen auch darin Recht, besonders da Frieda aus mir unbekannten Gründen zu viel Angst vor Ihnen zu haben scheint, um sich einzumischen. Bleiben wir also vorläufig nur bei mir. Meine Stellung ist höchst unsicher, das leugnen Sie nicht, sondern strengen sich vielmehr an, es zu beweisen. Wie bei allem, was Sie sagen, ist auch dieses nur zum größten Teil richtig, aber nicht ganz. So weiß ich z. B. von einem recht guten Nachtlager, das mir frei steht.“

      „Wo denn? Wo denn?“ riefen Frieda und die Wirtin, so gleichzeitig und so begierig, als hätten sie die gleichen Beweggründe für ihre Frage.

      „Bei Barnabas“, sagte K.

      „Die Lumpen!“ rief die Wirtin. „Die abgefeimten Lumpen! Bei Barnabas! Hört ihr -“ und sie wandte sich nach der Ecke, die Gehilfen aber waren schon längst hervorgekommen und standen Arm in Arm hinter der Wirtin, die jetzt, als brauche sie einen Halt, die Hand des einen ergriff, „hört ihr, wo sich der Herr herumtreibt, in der Familie des Barnabas! Freilich dort bekommt er ein Nachtlager, ach hätte er es doch lieber dort gehabt als im Herrenhof. Aber wo wart denn Ihr?“

      „Frau Wirtin“, sagte K., noch ehe die Gehilfen antworteten, „es sind meine Gehilfen, Sie aber behandeln sie so, wie wenn es Ihre Gehilfen, aber meine Wächter wären. In allem andern bin ich bereit, höflich über Ihre Meinungen zumindest zu diskutieren, hinsichtlich meiner Gehilfen aber nicht, denn hier liegt die Sache doch zu klar! Ich bitte Sie daher, mit meinen Gehilfen nicht zu sprechen, und wenn meine Bitte nicht genügen sollte, verbiete ich meinen Gehilfen, Ihnen zu antworten.“

      „Ich darf also nicht mit Euch sprechen“, sagte die Wirtin und alle drei lachten, die Wirtin spöttisch, aber sanfter, als K. es erwartet hatte, die Gehilfen in ihrer gewöhnlichen, viel und nichts bedeutenden, jede Verantwortung ablehnenden Art. „Werde nur nicht böse“, sagte Frieda, „du musst unsere Aufregung richtig verstehen. Wenn man will, verdanken wir es nur Barnabas, dass wir jetzt einander gehören. Als ich dich zum ersten Mal im Ausschank sah – du kamst herein, eingehängt in Olga – wusste ich zwar schon einiges über dich, aber im Ganzen warst du mir doch völlig gleichgültig. Nun, nicht nur du warst mir gleichgültig, fast alles, fast alles war mir gleichgültig. Ich war ja auch damals mit vielem unzufrieden und manches ärgerte mich, aber was war das für eine Unzufriedenheit und was für ein Ärger. Es beleidigte mich z. B. einer der Gäste im Ausschank, sie waren ja immer hinter mir her – du hast die Burschen dort gesehen, es kamen aber noch viel ärgere, Klamms Dienerschaft war nicht die ärgste – also einer beleidigte mich, was bedeutete mir das? Es war mir, als sei es vor vielen Jahren geschehen, oder als sei es gar nicht mir geschehen, oder als hätte ich es nur erzählen hören, oder als hätte ich selbst es schon vergessen. Aber ich kann es nicht beschreiben, ich kann es mir nicht einmal mehr vorstellen, so hat sich alles geändert, seitdem Klamm mich verlassen hat.“ – Und Frieda brach ihre Erzählung ab, traurig senkte sie den Kopf, die Hände hielt sie gefaltet im Schoß.

      „Sehen Sie“, rief die Wirtin, und sie tat es so, als spreche sie nicht selbst, sondern leihe nur Frieda ihre Stimme, sie rückte auch näher und saß nun knapp neben Frieda, „sehen Sie nun, Herr Landvermesser, die Folgen Ihrer Taten, und auch Ihre Gehilfen, mit denen ich ja nicht sprechen darf, mögen zu ihrer Belehrung zusehen. Sie haben Frieda aus dem glückseligsten Zustand gerissen, der ihr je beschieden war, und es ist Ihnen vor allem deshalb gelungen, weil Frieda mit ihrem kindlich übertriebenen Mitleid es nicht ertragen konnte, dass Sie an Olgas Arm hingen und so der Barnabas'schen Familie ausgeliefert schienen. Sie hat Sie gerettet und sich dabei geopfert. Und nun, da es geschehen ist und Frieda alles, was sie hatte, eingetauscht hat für das Glück, auf Ihrem Knie zu sitzen, nun kommen Sie und spielen es als Ihren großen Trumpf aus, dass Sie einmal die Möglichkeit hatten, bei Barnabas übernachten zu dürfen. Damit wollen Sie wohl beweisen, dass Sie von mir unabhängig sind. Gewiss, wenn Sie wirklich bei Barnabas übernachtet hätten, wären Sie so unabhängig von mir, dass Sie im Nu, aber aller schleunigst, mein Haus verlassen müssten.“

      „Ich kenne die Sünden der Barnabas'schen Familie nicht“, sagte K., während er Frieda, die wie leblos war, vorsichtig aufhob, langsam auf das Bett setzte und selbst aufstand, „vielleicht haben Sie darin Recht, aber ganz gewiss hatte ich Recht, als ich Sie ersucht habe, unsere Angelegenheiten, Friedas und meine, uns beiden allein zu überlassen. Sie erwähnten damals etwas von Liebe und Sorge, davon habe ich dann aber weiter nicht viel gemerkt, desto mehr aber von Hass und Hohn und Hausverweigerung. Sollten Sie es darauf angelegt haben, Frieda von mir oder mich von Frieda abzubringen, so war es ja recht geschickt gemacht, aber es wird Ihnen doch, glaube ich, nicht gelingen, und wenn es Ihnen gelingen sollte, so werden Sie es – erlauben Sie auch mir einmal eine dunkle Drohung – bitter bereuen. Was die Wohnung betrifft, die Sie mir gewähren – Sie können damit nur dieses abscheuliche Loch meinen – so ist es durchaus nicht gewiss, dass Sie es aus eigenem Willen tun, vielmehr scheint darüber eine Weisung der gräflichen Behörde vorzuliegen. Ich werde nun dort melden, dass mir hier gekündigt worden ist – und wenn man mir dann eine andere Wohnung zuweist, werden Sie wohl befreit aufatmen, ich aber noch tiefer. Und nun gehe ich in dieser und in anderen Angelegenheiten zum Gemeindevorsteher, bitte, nehmen Sie sich wenigstens Friedas an, die Sie mit Ihren sozusagen mütterlichen Reden übel genug zugerichtet haben.“

      Dann wandte er sich an die Gehilfen. „Kommt“, sagte er, nahm den Klamm'schen Brief vom Haken und wollte gehn. Die Wirtin hatte ihm schweigend zugesehen, erst als er die Hand schon auf der Türklinke hatte, sagte sie: „Herr Landvermesser, noch etwas gebe ich Ihnen mit auf den Weg, denn welche Reden Sie auch führen mögen und wie Sie mich auch beleidigen wollen, mich alte Frau, so sind Sie doch Friedas künftiger Mann. Nur deshalb sage ich es Ihnen, dass Sie hinsichtlich der hiesigen Verhältnisse entsetzlich unwissend sind, der Kopf schwirrt einem, wenn man Ihnen zuhört und wenn man das, was Sie sagen und meinen, in Gedanken mit der wirklichen Lage vergleicht. Zu verbessern ist diese Unwissenheit nicht mit einem Male und vielleicht gar nicht, aber vieles kann besser werden, wenn Sie mir nur ein wenig glauben und sich diese Unwissenheit immer vor Augen halten. Sie werden dann z. B. sofort gerechter gegen mich werden und zu ahnen beginnen, was für einen Schrecken ich durchgemacht habe – und die Folgen des Schreckens halten noch an –, als ich erkannt habe, dass meine liebste Kleine gewissermaßen den Adler verlassen hat, um sich der Blindschleiche zu verbinden, aber das wirkliche Verhältnis ist

Скачать книгу