Das Geld. Emile Zola

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Das Geld - Emile Zola Die Rougon-Macquart

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Saccard nach seinem letzten, unseligen Grundstücksgeschäft sein Palais am Parc Monceau aufgeben und seinen Gläubigem überlassen mußte, um eine größere Katastrophe abzuwenden, hatte er zunächst den Gedanken, sich zu seinem Sohn Maxime zu flüchten. Dieser bewohnte seit dem Tode seiner Frau, die auf einem kleinen Friedhof in der Lombardei ruhte, ganz allein ein Haus in der Avenue de lʼImpératrice, wo er sich sein Leben mit einem klugen und unbändigen Egoismus eingerichtet hatte; als ein Bursche von schwächlicher Gesundheit, durch das Laster frühzeitig gereift, verzehrte er dort in untadeliger Haltung das Vermögen der Toten. Er schlug es seinem Vater rundweg ab, ihn bei sich aufzunehmen, damit alle beide weiter in gutem Einvernehmen leben könnten, wie er mit verschmitzter Miene lächelnd erklärte.

      Seitdem dachte Saccard an eine andere Zuflucht. Er wollte schon ein kleines Haus in Passy mieten, das bürgerliche Heim eines Händlers, der sich zurückgezogen hatte, da fiel ihm ein, daß das Erdgeschoß und das erste Stockwerk des Palais dʼOrviedo in der Rue Saint-Lazare noch immer nicht vermietet waren, denn Türen und Fenster waren verschlossen. Die Fürstin dʼOrviedo bewohnte seit dem Tode ihres Mannes drei Zimmer im zweiten Stock und hatte nicht einmal an der grasüberwucherten Toreinfahrt ein Schild anbringen lassen. Am anderen Ende der Vorderfront führte eine niedrige Tür über einen Dienstbotenaufgang in das zweite Stockwerk. Und oft hatte er sich bei den geschäftlichen Besuchen, die er der Fürstin abstattete, über die Nachlässigkeit gewundert, die sie an den Tag legte, wenn es darum ging, einen angemessenen Nutzen aus ihrem Grundstück zu ziehen. Aber sie schüttelte den Kopf, sie hatte in Geldfragen ihre eigenen Vorstellungen. Dennoch willigte sie sofort ein, als er bei ihr vorsprach, um auf seinen Namen zu mieten, und überließ ihm für eine lächerliche Miete von zehntausend Francs die fürstlich eingerichteten prachtvollen Räume im Erdgeschoß und ersten Stockwerk, die sicherlich das Doppelte wert waren.

      Alle Welt sprach noch von dem Prunk, den der Fürst dʼOrviedo zur Schau gestellt hatte. Als er aus Spanien gekommen und in Paris inmitten eines Millionenregens gelandet war, hatte er in der fiebrigen Hast seines ungeheuren finanziellen Glücks zunächst einmal dieses Palais gekauft und restaurieren lassen, bis er nach seiner Erwartung die Welt mit einem Palast aus Gold und Marmor in Erstaunen setzen könnte. Das Bauwerk stammte aus dem vorigen Jahrhundert, eines jener Lusthäuser, wie sie galante Herren inmitten weitläufiger Gärten errichten ließen; aber es war teilweise abgerissen und in strengeren Proportionen wiederaufgebaut worden und hatte so von seinem einstigen Park nur einen breiten Hof bewahrt, den Ställe und Remisen säumten und der durch die geplante Rue du Cardinal-Fesch bestimmt bald ganz verschwinden würde. Der Fürst hatte dieses Haus aus der Erbschaft eines Fräulein Saint-Germain erworben, deren Grundbesitz sich einst bis zur Rue des Trois- Frères erstreckte, der früheren Verlängerung der Rue Taitbout. Übrigens hatte das Palais seinen Eingang in der Rue Saint-Lazare behalten, neben einem großen Gebäude aus der gleichen Zeit, der einstigen Folie- Beauvilliers, das die Beauvilliers infolge eines langsamen Ruins noch bewohnten; und diesen gehörte ein Rest des herrlichen Gartens mit prächtigen Bäumen, die bei der nahe bevorstehenden baulichen Veränderung des Viertels ebenfalls zum Verschwinden verurteilt waren.

      Trotz eines völligen Bankrotts schleppte Saccard einen Troß von Dienstboten hinter sich her, die Trümmer seines allzu zahlreichen Personals, einen Kammerdiener, einen Küchenchef und dessen Frau, die für die Wäsche zu sorgen hatte, eine weitere Frau, die Gott weiß warum geblieben war, einen Kutscher und zwei Stallburschen; er belegte die Pferdeställe und Remisen mit Beschlag, brachte dort zwei Pferde und drei Wagen unter und richtete im Erdgeschoß einen Speiseraum für seine Leute ein. Er war der Mann, der, obwohl er keine fünfhundert Francs bares Geld in seiner Kasse hatte, auf großem Fuße lebte, als hätte er zwei- oder dreihunderttausend Francs im Jahr. So nahm es nicht wunder, daß er mit seiner Person die weitläufigen Zimmerfluchten im ersten Stockwerk ausfüllte, die drei Salons, die fünf Schlafzimmer, ganz zu schweigen von dem riesigen Speisesaal, wo man eine Tafel für fünfzig Gedecke aufstellen konnte. Dort öffnete sich früher eine Tür auf eine Innentreppe, die in das zweite Stockwerk führte, in einen anderen, kleineren Speisesaal; als die Fürstin vor kurzem diesen Teil des zweiten Stocks an einen Ingenieur, Herrn Hamelin, vermietete, einen Junggesellen, der mit seiner Schwester zusammen wohnte, hatte sie die Tür einfach durch zwei starke Schrauben verschließen lassen. Sie teilte sich so mit diesem Mieter in den ehemaligen Dienstbotenaufgang, während Saccard allein die große Freitreppe benutzte. Er möblierte einige Zimmer teilweise mit den Resten seiner Einrichtung vom Parc Monceau, ließ die anderen leer, und trotzdem gelang es ihm, diesen Zimmerfluchten mit ihrem traurigen, kahlen Mauerwerk, von dem eine eigensinnige Hand nach dem Tode des Fürsten sogar die letzten Tapetenfetzen abgerissen zu haben schien, Leben zurückzugeben. Und er konnte von neuem seinen Traum von einem großen Vermögen beginnen.

      Die Fürstin dʼOrviedo war damals eine der seltsamsten Erscheinungen von Paris. Vor fünfzehn Jahren hatte sie sich darein geschickt, den Fürsten, den sie überhaupt nicht liebte, zu heiraten, um einem ausdrücklichen Befehl ihrer Mutter, der Herzogin de Combeville, zu gehorchen. Zu jener Zeit stand dieses junge Mädchen von zwanzig Jahren im Rufe großer Schönheit und Klugheit, sie war sehr fromm und ein wenig zu ernst, obwohl sie die Gesellschaft leidenschaftlich liebte. Sie wußte nichts von den sonderbaren Geschichten, die über den Fürsten im Umlauf waren, von den Ursprüngen seines königlichen Vermögens, das auf dreihundert Millionen geschätzt wurde, von einem ganzen Leben fürchterlicher Räubereien, die er nicht mehr im Dunkel des Waldes ausgeführt hatte, mit bewaffneter Hand wie die adligen Abenteurer von einst, sondern als untadeliger moderner Bandit im hellen Sonnenlicht der Börse, in den Taschen der leichtgläubigen armen Leute, inmitten von Zusammenbruch und Tod. In Spanien und hier in Frankreich hatte sich der Fürst zwanzig Jahre lang seinen Löwenanteil an allen großen Schurkereien geholt, die zur Legende geworden sind. Obwohl die Fürstin nichts von dem Schmutz und dem Blut ahnte, aus dem er so viele Millionen zusammengerafft, hatte sie bei ihrer ersten Begegnung einen Widerwillen empfunden, den nicht einmal ihre Frömmigkeit überwinden konnte; und bald gesellte sich zu dieser Abneigung ein dumpfer, wachsender Groll, kein Kind aus dieser Ehe zu haben, die sie aus Gehorsam auf sich genommen hatte. Die Mutterschaft hätte ihr genügt, sie liebte Kinder über alles, und es kam so weit, daß sie diesen Mann haßte, weil er nicht einmal die Mutter in ihr befriedigen konnte, nachdem er die Liebende zur Verzweiflung gebracht hatte. Zu diesem Zeitpunkt stürzte sich die Fürstin in einen unerhörten Luxus, sie blendete Paris mit dem Glanz ihrer Feste und führte ein verschwenderisches großes Haus, das die Tuilerien39, wie es hieß, mit Eifersucht erfüllte. Dann plötzlich, am Tag nach dem Tode des Fürsten, den ein Schlaganfall niedergestreckt hatte, versank das Palais in der Rue Saint-Lazare in vollkommene Stille und völlige Finsternis. Kein Licht mehr, kein Lärm mehr, die Türen und die Fenster blieben geschlossen; es verbreitete sich das Gerücht, die Fürstin habe das Erdgeschoß und das erste Stockwerk kurzerhand ausgeräumt und sich wie eine Einsiedlerin in drei kleine Zimmer des zweiten Stockes zurückgezogen, mit einem ehemaligen Stubenmädchen ihrer Mutter, der alten Sophie, die sie aufgezogen hatte. Als sie wieder auftauchte, trug sie ein einfaches schwarzes Wollkleid; das Haar unter einem Spitzentuch verborgen, war sie noch genauso klein und rundlich mit ihrer schmalen Stirn, ihrem hübschen runden Gesicht und den Perlenzähnen zwischen den zusammengepreßten Lippen; aber sie hatte schon den gelben Teint, das stumme, einem einzigen Willen ergebene Gesicht einer seit langem im Kloster eingesperrten Nonne. Sie war erst dreißig Jahre alt und lebte seitdem nur noch für die großen Werke der Barmherzigkeit.

      In Paris war die Überraschung groß, und es gingen allerlei merkwürdige Geschichten um. Die Fürstin hatte das gesamte Vermögen geerbt, die berühmten dreihundert Millionen, mit denen sich sogar der Lokalteil der Zeitungen befaßte. Und es bildete sich schließlich eine romantische Legende heraus. Ein Mann, ein schwarz gekleideter Unbekannter, so hieß es, war eines Abends, als die Fürstin zu Bett gehen wollte, plötzlich in ihrem Zimmer erschienen, ohne daß sie je erfuhr, durch welche Geheimtür er hatte eintreten können. Was dieser Mann ihr gesagt hat, weiß niemand auf der Welt, aber er muß ihr wohl den abscheulichen Ursprung der dreihundert Millionen enthüllt und ihr vielleicht den Schwur abverlangt haben, so viele Ungerechtigkeiten wiedergutzumachen, wenn sie schreckliche Katastrophen vermeiden wolle. Dann war der Mann verschwunden. Seit fünf Jahren war sie nun Witwe, aber gehorchte sie tatsächlich

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