Kann Mahler Monroe lieben?. C.-A. Rebaf

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Kann Mahler Monroe lieben? - C.-A. Rebaf страница 8

Kann Mahler Monroe lieben? - C.-A. Rebaf Gerstenmayr ermittelt

Скачать книгу

hätte schon wieder ein Spätopfer gefordert. Er aber wollte sicher-gehen und begab sich auf den Weg zu Baums Wohnung in der Nähe der ehemaligen UNO-City.

      Eine Lovestory danach

      Marietta und Hannes hatten zunächst in einer recht gut erhaltenen Hausruine in Maua bei Jena gewohnt. Früher ist da einmal die Autobahn A4 verlaufen und hat hier das Leben durch den ständigen Verkehrslärm unerträglich gemacht. Zu dem tiefen, regelmäßigen Brummen der Lkws hatte sich ab und zu ein getunter Porsche oder gar ein Ferrari gesellt, und das alles war vom hohen Schnurren einer Ducati oder einer Kawa überlagert worden. Aber diese Zeiten waren vorbei! Die riesige doppelte Saalebrücke, deren einer Teil aus gelbem Saale-Sandstein noch aus Hitlers Zeiten stammte, während der andere nur wenige Jahre nach der Jahrtausendwende dazu gebaut worden war, um einen sechsspurigen Ausbau zu ermöglichen. Eben diese lange Talbrücke war völlig zerstört. Im Hintergrund waren riesige längliche Schutthaufen zu sehen: Die alten DDR-Plattenbauten aus Lobeda hatten die Katastrophe nicht überlebt und waren dank ihrer schon immer mangelhaften Bausubstanz wie Kartenhäuser zusammengefallen.

      Die beiden waren keine Thüringer, sondern hatten aus geheimer Quelle erfahren, dass die Strahlenbelastung in Thüringen besonders gering sein solle. Das war für sie der Grund gewesen, sich dort anzusiedeln.

      Das Paar kam ursprünglich aus Oberbayern, und nachdem Hannes als internationaler Manager einer weltbekannten bayerischen Automarke nicht mehr in die Werke nach Spartanburg in USA oder nach Oxford in England hatte jetten können, um dort sein Wissen aus der Münchner Zentrale an Briten und Amerikaner weiterzugeben, nach der Auflösung des Konzerns also, als plötzlich der Anbau alles Essbaren wichtiger geworden war, da hatten sie beschlossen, Bayern zu verlassen.

      Sie waren ein Traumpaar: er männlich muskulös, von normaler Größe und mit dem Herzen auf dem rechten Fleck, ein Freihandkletterer, der sich durch ständige Übung in Form hielt; Marietta dagegen das weibliche Gegenstück mit langen mittelblonden, kräftigen Haaren und vielen Naturlocken. Ihr Gesicht war breit mit vollen Lippen und starken Wangenknochen, die ihrem Gesicht eine slawische Note gaben. Ihre Augen wirkten katzenartig und erinnerten an Madame Chauchats Augen, wie sie im ‚Zauberberg‘ von Thomas Mann beschrieben wurden. Ihr Wesen war zwar dominant, aber sie hatte es im Gegensatz zur lungenkranken Russin im Roman nicht nötig, Türen laut zu zuwerfen, um die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Sie betrat einen Raum und erfüllte diesen mit ihrer Person sofort. Ihre schöne Gestalt lenkte alle Blicke auf sich. Wenn ihre tiefe, etwas rauchige Stimme dann noch mit einem Gruß nach half, nahm sie jeden sofort für sich ein.

      Sie war meine engste Freundin in Polling gewesen, und ich hatte ihr lange nach getrauert, als sie zusammen mit ihrem Hannes weggegangen war und unser Traumpaar die Gemeinde verlassen hatte. Marietta hatte mir als ihrer besten Freundin anvertraut, dass sie beide gerne ein Kind hätten. Aber wie bei fast allen Paaren hatte die Katastrophe jegliche Hoffnung auf Fortpflanzung genommen. Marietta selbst war Heilpraktikerin und kannte sich in medizinischen Dingen gut aus. Ihr war klar, dass die komplexen Prozesse einer menschlichen Fortpflanzung durch die radioaktive Strahlung an vielen Stellen gestört wurden. Schon die turnusmäßige Einnistung eines Eies in die Gebärmutter war bei ihr wie bei fast allen jungen Frauen ge-stört, sodass von regelmäßigen Zyklen gar keine Rede mehr sein konnte. Falls aber tatsächlich einmal der Zufall half und ein männliches Spermium ein befruchtungsfähiges Ei antraf, dann war die Rate an verschmelzungsfähigen Spermien so gering, dass es so gut wie nie zu einer Befruchtung kommen konnte.

      Es war allen Frauen klar, dass eine Fortpflanzung in dieser Umgebung nicht mehr möglich war. Viele Frauen stürzte dies in eine tiefe Depression, da sie mit ihrer ureigenen Rolle nichts mehr anzufangen wussten.

      Für mich war es ein Segen, meinen Golie als Findelkind gefunden zu haben und auf diese Weise meiner Bestimmung als Frau gerecht werden zu können – obwohl ich immer wieder rechnete und mich ständig fragte, wie dieses kerngesunde Kind überhaupt auf die Welt hatte kommen können. Es war mir schon immer ein Rätsel, ein Mysterium, und oder vielleicht gerade deswegen hing ich so sehr an diesem Bengel.

      In den vielen Gesprächen mit Marietta am Abend hörte ich deutlich ihre Klage, dass sie – sogar noch mit dem Luxus, sich auf einen verlässlichen Partner stützen zu können – auch gerne ein Kind hätte. Ihr Kummer, dass es nicht mehr so einfach ging, ein Kind zu zeugen wie vor dem Zeitpunkt null, machte sie sehr verzweifelt, und ich stand ihr immer ganz hilflos gegenüber, nahm sie in die Arme und wusste keinen echten Trost.

      Eines Tages jedoch kam Hannes mit einer Nachricht von einer Wanderung aus München zurück, die fast zu unglaublich klang, um wahr sein zu dürfen. Es solle irgendwo in Thüringen bei Jena eine Art Klinik geben. Gesunde junge Frauen könnten sich dort einer künstlichen Befruchtung unterziehen. Dies finde in einem großen, alten Bunkersystem statt, wo die Radioaktivität wegen der Tiefe des Berges auf einen Schwellenwert abgesenkt sei, wie er vor der Katastrophe normal gewesen sei. Falls die Eizellen angenommen worden seien, verbrachten die Frauen ihre Schwangerschaft dann dort im Berg. Es klang alles wie im Märchen. Am Abend kam Marietta gleich zu mir gerannt und erzählte mir mit großer Begeisterung davon. Ich wusste sofort, dass ich bald eine sehr gute Freundin verlieren würde, denn ich sah meine abenteuerlustige Freundin schon in den nächsten Tagen neben ihrem Hannes marschierend das Dorf verlassen.

      So war es dann auch schnell gekommen. Golie und ich hatten die beiden lange umarmt und ihnen nach gewinkt. Im Stillen hatte ich den beiden gegönnt, auch ein Kind zu haben. Was sind sie doch für ein schönes Paar gewesen!

      Über die Donau

      In Wien durchkämmte Gerstenmayer mühsam die Ruinen des Rennwegs in Richtung Nordost. Es war ein kalter Herbsttag. Zum Glück regnete es nicht, obwohl der Himmel voller grauer Wolken hing. Bei Regen war es besonders gefährlich, sich im Freien zu bewegen. Je nachdem, ob die Wolken aus Westen vom Atlantik, noch halbwegs unbelastet, oder eher aus Süden vom stark verseuchten Mittelmeer kamen, brachten Niederschläge gewaltige neue Radioaktivitätsmengen. An den darauf folgenden Tagen hatten die Leichengräber wieder viel Arbeit, denn nach dem neuerlichen Fall-out starben vor allem ältere Menschen wie die Fliegen.

      „In den vorangegangenen Tagen war es viel wärmer; der begleitende Dauerregen muss wohl von Süden gekommen sein“, spekulierte Gerstenmayer so vor sich hin.

      Früher hatte es ja stündliche Wetterprognosen gegeben, aber das war einmal. Jetzt mussten sie ihre Prognosen aus einigen eigenen Beobachtungen selbst machen!

      Warum musste dieser Nahost-Konflikt dermaßen eskalieren und ausgerechnet das Mittelmeer so hoch verstrahlen? Je mehr sich Gerstenmayer diese Fakten zusammenreimte, desto wütender wurde er.

      Hatte es jetzt auch den Boss erwischt? Was würde aus ihren Jobs werden, wenn er nicht mehr da sein sollte? Er war der alleinige Wissens-träger! Er, der sie bisher so erfolgreich durch diese miese Zeit geführt hatte. Wie oft hatte er der Belegschaft erlaubt, im Keller zu bleiben, ja sogar tagelang zu übernachten, wenn ein tödlicher Dauerregen her niederging, den der warme Südostwind brachte? Erst wenn der Wind drehte und aus Westen kam und der noch wenig belastete Atlantikregen den radioaktiven Dreck wieder in die Gullys gespült hatte, gingen sie wieder ins Freie. Auch wenn ihre Behausungen dann geplündert waren, weil sie sie am Abend nicht hatten bewachen können. Aber immerhin sie hatten doch wieder ein Stück Leben gewonnen.

      Gerstenmayer erwachte aus einem Tagtraum, als er an die Donau kam. Die große, schwere Brücke, die einmal die U-Bahn und die Autobahn über den Fluss geleitet hatte, war zerstört, hing an zwei Stellen in das Wasser hinunter und war auch für geübte Kletterer unpassierbar. Stattdessen lagen kleine Kähne am Ufer, die man gegen etwas Essbares mieten konnte. Das Fährgeschäft war ausschließlich in der Hand der Chinesen, denn eine Art chinesische Mafia

Скачать книгу