Schöne Heimat. Kit Schulte
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Das traditionell gekochte deutsche Essen ist schwer und ungesund – nicht wegen der Zutaten, sondern weil das Gemüse meist zuerst zerkocht und dann in zu viel Sahne und Butter ertränkt wird, sodass ein schwerfälliger, beigefarbener Brei entsteht. Das muss nicht so sein!
Als Resultat meiner anhaltenden Leidenschaft für Kulinarik habe ich ein Business in Berlin gegründet. „Schöne Heimat – a culinary exploration of Berlin & Beyond“. Mit dieser Kombination aus Markttour, Kochkurs und Lunch für englischsprachige Touristen habe ich ein Format gefunden, um meine Leidenschaft und das angelernte Wissen über unsere Esskultur zu teilen. Ich habe mich trotz des Missbrauchs des Wortes „Heimat“ durch die Nazis dafür entschieden, es zu benutzen. Es ist ein wunderbares Wort, das zahlreiche Bedeutungen beinhaltet und besonders geeignet ist, um kulinarische Erinnerungen, Geschmäcker und Gerüche zu beschreiben. Ich hoffe, meine Verwendung von „Heimat“ kann dazu beitragen, diese in ein anderes Licht zu rücken.
„Schöne Heimat – a culinary exploration of Berlin & Beyond“ richtet sich an alle, die einen authentischen und modernen Einblick in den kulinarischen Lebensstil Berlins suchen und ihre Reiseerfahrungen bereichern wollen, jenseits der unpersönlichen Touren und klassischen Touristenattraktionen.
Ich hoffe, dass ich dich mit diesem Buch zu einer Wieder- oder Neuentdeckung unserer Esskultur inspirieren kann, denn: Essen ist mehr, als unseren Hunger oder unsere Gelüste zu stillen. Essen ist eng verwoben mit Geschichte, Kultur, dem Land, Jahreszeiten, Wetter, Politik, der Gesundheit unseres Körpers und unserer Agrarkultur. Die moderne deutsche Küche umfasst Ideen und Praktiken, die ein breites gesundheits- und umweltbewusstes Publikum ansprechen. Bio-Diversität, nachhaltige Landwirtschaft, Ernährung, Tierschutz und die wirtschaftlichen Interessen von Unternehmen und ländlichen Gemeinden sind in Deutschland, wie auch an vielen anderen Orten der Welt, Teil eines wichtigen aktuellen Dialogs.
WAS IST ÜBERHAUPT DEUTSCHES ESSEN?
Einflüsse aus den Nachbarländern und Regionen im kulinarischen Deutschland
Bevor Deutschland das Land war, das wir heute kennen, war es ein Landstrich, bewohnt von deutschsprachigen Menschen, Mitteleuropäern nördlich der Alpen. Im 19. Jahrhundert vereinigte Otto von Bismarck die zahlreichen Grafschaften deutschsprachiger Königreiche, Herzogtümer, Fürstentümer, Städte und Bistümer zu einer Nation. Kulinarische Spuren hinterließen nicht nur die römischen und die französischen Besatzungsarmeen oder spanischen Herzöge, die in regionale Adelshäuser einheirateten, sondern auch Kaufleute und andere Reisende, die auf alten Handelsrouten unterwegs waren.
Innerhalb Europas ist Deutschland zentral gelegen, umgeben von den nordischen Ländern sowie Polen, Tschechien, Österreich, der Schweiz, Italien, Frankreich, Belgien und den Niederlanden. Die geopolitischen Faktoren haben die deutsche Küche in Vergangenheit und Gegenwart beeinflusst und spiegeln die einzigartigen kulinarischen Kulturen wider, die durch die Geschichte Europas selbst entstanden sind.
Deutsche Küche beinhaltet eine Palette regionaler Rezepte und kulinarischer Traditionen, die das Land je nach Jahreszeit und Region zu bieten hat. Gleichzeitig prägt der Einfluss der Nachbarländer viele Gerichte: Kaufleute, Einwanderer, Besucher und Zeitarbeiter machten sich deutsche Rezepte zu eigen und teilten fremde Esskulturen mit ihren deutschen Nachbarn.
Zahlreiche traditionelle regionale Gericht ähneln sich, tragen aber häufig abweichende Namen und sind vielleicht etwas unterschiedlich in Zutaten und Beilagen. Oft beinhalten die Namen der Gerichte die Namen der Städte oder Landschaftszüge; somit ist auf einmal ein Gericht, welches eigentlich überall in Deutschland gegessen wird, eine regionale Spezialität. Die Bibbelschesbohnesupp im Saarland etwa ist der Schnippelbohnensuppe aus Westfalen sehr ähnlich, beide Eintöpfe benutzen grüne Stangenbohnen, Kartoffeln, wahlweise Möhren sowie Fleisch oder Wurst.
In gewisser Weise wurde die kulinarische Kultur Deutschlands auch von der Politik bestimmt. Während der deutschen Teilung (1949–1990) zum Beispiel haben sich die westdeutsche und die ostdeutsche Küche ebenso wie die verwendeten Lebensmittel unterschiedlich entwickelt. So wurde allein wegen des Angebotsmangels im Osten anders gekocht; kulinarische Einflüsse aus Russland, Polen, Bulgarien und anderen Ländern des Sowjetblocks taten ein Übriges. Dies bedeutete, dass bestimmte Geschmacksrichtungen, Rezepte und kulinarische Traditionen, die in den westdeutschen Bundesländern unbekannt waren, in Ostdeutschland zu Klassikern wurden.
Ebenso brachten türkische Einwanderer in Westdeutschland ihre Lebensmittel mit in die kulinarische Landschaft ein, vor allem den Döner Kebab, ein Gericht, das heute mit zum deutschen Essen zählt und ein beliebtes Streetfood ist. Und was wäre Deutschland ohne die vielen italienischen Restaurants und Eisdielen?
Bis in die 1990er-Jahre waren die Gourmetgerichte in deutschen Restaurants französischen Ursprungs. Der Trend, raffinierte deutsche Gerichte zu servieren, ist eine sehr junge und spannende Entwicklung.
Heute gibt es in Deutschland einige der weltbesten Restaurants mit Michelin-Sternen. Alte Rezepte werden wiederentdeckt und verändert; die Nachfrage nach alten Obst- und Gemüsesorten, oft als Bio-Produkte angebaut, wächst; Wildkräuter und essbare Wildpflanzen liegen im Trend und erleben sowohl in der Küche als auch in der Medizin eine Renaissance.
DER SÜDEN
BAYERN BADEN-WÜRTTEMBERG RHEINLAND-PFALZ SAARLAND
Bayern grenzt im Süden an die Schweiz und Österreich, im Osten an die Tschechische Republik – Einflüsse, die in der bayerischen Küche nicht zu übersehen sind.
Die deftig-rustikale bayerische Küche ist bekannt für Wurstspezialitäten, Brotzeiten, Bratengerichte, Knödel und Nudelgerichte sowie für frisches Brot, Süßspeisen und Desserts. Weißwurst, Leberkäs und Brezen sind überall in der Region zu finden.
Interessant ist, dass in bayerischen Kochbüchern und bei Herstellern bayerischer Produkte mehr Wildkräuter verwendet werden als in anderen Regionen – nicht zuletzt dank der satten Alpenwiesen, die ein hervorragendes Umfeld bieten für das üppige Gedeihen lebhafter und frischer Kräuter.
Franken, eine Region in Nordbayern, ist vor allem für seine Lebkuchen bekannt. Nürnberg, die Welthauptstadt des Lebkuchens, verschickt das mit Honig gewürzte Gebäck in die ganze Welt und tröstet die heimwehkranken deutschen Herzen zur Weihnachtszeit.
Ebenso ist Franken ist für seine Weine und Biere berühmt. Die Fränkische Weinstraße verläuft auf beiden Seiten des Mains, und speziell im Bezirk Oberfranken gibt es mehr Brauereien pro Quadratkilometer als irgendwo sonst auf der Welt. Prost!
Baden Württembergs südwestliche Grenzregionen zu Belgien, Luxemburg und dem Elsass sind logischerweise von der französischen Küche beeinflusst. Flammkuchen, Spätzle und gefüllte Maultaschen gehören zu den berühmten Gerichten aus dieser Region, oft begleitet von einem schönen badischen Pinot Grigio. Diese sonnenverwöhnte Gegend ist das drittgrößte Weinanbaugebiet Deutschlands. Gesunde Böden und ein nördlich-mediterranes Klima bieten hervorragende Bedingungen für die Erzeugung feiner Weine.
Flussfische wie Forelle und Aal sind im Südwesten eine begehrte Zutat. Der in ganz Deutschland geschätzte