Empörung, Revolte, Emotion. Группа авторов

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Empörung, Revolte, Emotion - Группа авторов edition lendemains

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Einheiten die Aufgabe zu, einen Schwerpunkt auf die für Lernende interessanten Themen und Kommunikationszusammenhänge mit lebensweltlichem Bezug zu legen, denen Redemittel und Grammatikphänomene zugeordnet werden.

      Hieran besonders anschlussfähig ist das ‚task based language learning‘-Konzept, das v.a. darauf abzielt, den konkreten und persönlichen Lebensbezug beim Fremdsprachenlernen durch authentische Aufgaben herzustellen, bei denen Lernende als sie selbst agieren. Obschon kein detaillierter Konsens über die Lernaufgabe besteht, gibt es etliche Übereinstimmungen hinsichtlich ihrer Charakteristika, die hier zusammenfassend genannt werden sollen: lebensweltlicher Bezug, Handlungsorientierung, Komplexität, Outcomeorientierung, Transparenz, Inhaltsorientierung (bei gleichzeitiger Berücksichtigung formaler Aspekte der Sprache), Problemorientierung, Lernerorientierung und Offenheit (cf. Fäcke 2010: 82). Damit unterscheidet sich dieses Aufgabenverständnis deutlich von herkömmlichen Übungsaufgaben (z.B. Einsetzübungen von Verben) im Fremdsprachenunterricht. Authentische Lernaufgaben so zu strukturieren, dass sie adäquat fordern, ist besonders anspruchsvoll, wenn die außerunterrichtliche Realität in ihrer inhaltlichen Komplexität von den Lernern erfasst wird, aber nicht ohne Arbeitseinsatz bzw. unterstützende Unterrichtsarrangements in der Fremdsprache bearbeitet werden kann (Scaffolding).2 Lehrende müssen also für ihre Lerngruppen zielführende Phasen der Einübung grammatischer Strukturen mitdenken, da sie wichtig sind, um sprachliche Merkmale zu üben und zu reflektieren, aber jede Einübung sollte zu einer Anwendung, d.h. zu einer möglichst freien Aufgabe hinführen (cf. Brinitzer et al. 2016: 112). Bei der Konzeption grammatikintegrierender Lernarrangements im aufgaben- und kommunikationsorientierten Fremdsprachenunterricht können die in Teil 3 erwähnten onomasiologischen Grammatiken eine gute Hilfe für die Unterrichtsvorbereitung sein (cf. Engel/Tertel 1993: 64–74, Buscha et al. 1998: 239–294).

      5 Emotionen, (Auf-)Forderungen und Studierende in der Corona-Krise

      Emotionen und Aufforderungen begegnen Lernenden häufig in ihrem analogen Alltag wie auch in der digitalen Welt, in der sie sich heute selbstverständlich bewegen. In akuten Krisenzeiten wie der globalen Corona-Pandemie erfahren sie diese verstärkt auf einer neuen und persönlich bedeutsamen Ebene. Unser aller Leben wird seit Beginn der Pandemie von medial vermittelten Diskursen verschiedenster (politischer, gesellschaftlicher …) Institutionen und Akteure geprägt und es gilt z.B. diversen Forderungen zum Einhalten von Hygienevorschriften Folge zu leisten („Hände waschen“, „Abstand halten“, „Maske tragen“ etc.). Gleichzeitig verbinden sich Aufforderungen, Sozialkontakte zu vermeiden, mit Appellen an den Gemeinsinn; auf Twitter lagen die Hashtags #BleibtZuhause und #SocialDistancingNow im Trend (cf. Pahl 2020: 27). Daneben brechen sich andere Emotionen und Forderungen in Form von Corona-Protesten Bahn, bei denen Menschen ihre Empörung darüber zum Ausdruck bringen wollen, dass die demokratischen Verfahren aus ihrer Perspektive keinen Ort für kritische Stimmen haben.1

      Neben anderen Gesellschaftsgruppen sind es nicht zuletzt Lernende und Studierende selbst, die in der Corona-Krise ihre Stimme erheben und z.B. ihre Forderungen für Bildungsgerechtigkeit und angemessene Lernbedingungen artikulieren. Anfang 2021 gingen in Frankreich zahlreiche Studierende auf die Straße, um die Lehrbedingungen unter Corona anzuprangern und um für eine Gleichbehandlung von Schulen und Hochschulen zu demonstrieren. Sie klagten über psychische und finanzielle Probleme und forderten u.a. die Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts an Universitäten.2 Auch in deutschen Universitätsstädten gab es Demonstrationen für Hilfen von der Politik. Die immer wieder in der Gesellschaft, aber auch in einzelnen Kursen kundgetane Aussage von Studierenden, dass ihre Lage in der aktuellen Corona-Pandemie nicht ausreichend wahrgenommen werde, bildet den Ausgangspunkt für die nachfolgend skizzierten Lernaufgaben. Sie stellen Ideen vor, um ein zentrales und reales Bedürfnis aus der Lebenswelt der Lernenden, nämlich gehört zu werden und Forderungen zu artikulieren, in den Unterricht hineinzutragen und darauf aufbauend landeskundliches und interkulturelles Lernen rund um den aktuellen Corona-Diskurs mit grammatischem Lernen zu verbinden.

      Forderungen im Diskurs: Ein kompetenzorientierter Unterrichtsvorschlag

      Diesem Lernarrangement für Fortgeschrittene liegt eine Aufgabenprogression zugrunde, bei der die Lernenden sich zunächst mit dem inhaltlich-situativen und sprachlich-kommunikativen Kontext rund um den Corona-Diskurs vertraut machen, bevor sie sprachliche Merkmale emotionaler (Auf-)Forderungen rezipieren, analysieren und schließlich selbst kreativ anwenden.

      Die nachfolgend skizzierte Unterrichtssequenz wurde für Deutschlernende an der Universität entworfen und in allgemeinsprachlichen Kursen mit vorrangig inhaltlichem bzw. landeskundlichem Schwerpunkt durchgeführt.1 Germanistikstudierende belegen daneben oft auch explizit sprachbezogene Grammatikkurse. Ihre Situation unterscheidet sich also vom insgesamt eher integrativ ausgerichteten DaF-Unterricht für Lernende an weiterführenden Schulen in Frankreich.

       (1) Textlektüre + Bildimpuls zum „Unwort“ des Jahres 2020 („Corona-Diktatur“)

       → Fokus: Lesen + Sprechen (Erarbeitung des Kontextwissens – Sprachkritik)

      Ausgehend von einem Brainstorming (Was ist ein „Unwort“? Was könnte das „Unwort des Jahres 2020“ sein?) lesen die Studierenden den Text „Gleich zwei Begriffe zum ‚Unwort des Jahres 2020‘ gekürt“2, recherchieren unbekannte Vokabeln und erschließen den Themenwortschatz (z.B. „systemrelevant“, „Querdenker“ etc.).

      Im Anschluss erklären sie mit ihren Worten, was mit dem Wort „Corona-Diktatur“ gemeint ist und reflektieren, ob es ein vergleichbares Konzept für das „Unwort des Jahres“ oder ein Äquivalent für „Corona-Diktatur“ in ihrer Sprache gibt.3 Der textbegleitende Bildimpuls (Protestierende halten ein Transparent mit den Worten „Diktatur im Deckmantel der Gesundheit – wacht auf“ in die Höhe) konfrontiert sie zugleich implizit mit dem Empörungsmotiv und einer emotionalen Aufforderung.

       (2) Aufgabe zur Untersuchung von Aufforderungen und Emotionen vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie

       → Fokus: Recherche + Schreiben (Zitate-Collage – Forderungen im Diskurs)

      Die Lernenden recherchieren Quellen, die auf Sender-Seite (Auf-)Forderungen enthalten – und die auf Empfänger-Seite emotionale Reaktionen bewirken können.4 Sie beschreiben, was die Äußerungen bei ihnen hervorrufen und wie man darauf reagieren könnte. Gerade die Aufforderungen im Infinitiv und die verblose Variante, die auf Transparenten bei Demonstrationen äußerst beliebt sind, eignen sich sehr gut, um das emotionale Potenzial von Aufforderungen zu beleuchten (siehe hierzu auch die ausführliche Beschreibung dieser Varianten im theoretischen Teil 3 dieses Beitrags).

       (3) Aufgabe zur Systematisierung von Grammatik und Wortschatz

       → Fokus: Förderung der Sprachbewusstheit + Einübung sprachlicher Mittel

      Anhand der recherchierten Beispiele ist nun zu analysieren, wie Aufforderungen sprachlich realisiert werden und mit welchen Emotionen sie verbunden sind. Im Sinne des konstruktivistischen und kooperativen Lernens kann diese individuell vorbereitete Aktivität gut als Partner-/Gruppenarbeit fortgeführt werden. Um die Lernenden mit grundlegenden Überlegungen aus der Kommunikationstheorie vertraut zu machen, bietet es sich an, vorab das „Sender-Empfänger-Modell“ zu thematisieren;5 außerdem sollte die Analyse von Sprechakten im gemeinsamen Unterrichtsgespräch modellhaft eingeübt werden. Zusätzlich können unterstützende Lernangebote (Scaffolding) bereitgestellt werden, z.B. ein Arbeitsblatt zur Pragmatik der Aufforderung mit dem Analyseraster eines konkreten Beispiels, das die sprachliche Realisierung der Sprechhandlung und den paraverbalen Kontext einschließt oder eine tabellarische Übersicht über die Hauptvarianten von Aufforderungen (siehe hierzu auch die Tabelle in Teil 3 dieses Beitrags

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