Empörung, Revolte, Emotion. Группа авторов

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Empörung, Revolte, Emotion - Группа авторов edition lendemains

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die genannten Faktoren miteinander kombiniert, ergibt sich ein extrem komplexes Bild. Es kann zum Beispiel sein, dass Sprecherin X angesichts ihres Alters oder ihrer sozialen Stellung über eine höhere Position verfügt, die es ihr erlaubt, wenig Rücksicht auf Adressaten Y zu nehmen, und sich trotzdem für eine diplomatischere Vorgehensweise entscheidet, ohne Imperativmodus. Direkte Aufforderungen können nämlich leicht „Reaktanz“, d.h. „aversive Reaktionen“ auslösen (cf. Herrmann 2003: 725) und sind keine Garantie für eine höhere Effizienz. Differenzierte sprachliche Mittel sind umso mehr angesagt, als die Aufforderung für beide Beteiligten ein Risiko bedeutet, schließlich setzen sie ihr „Gesicht“ aufs Spiel:

      Bei einer expliziten Aufforderung kann der Sprecher sein Gesicht verlieren, wenn der Adressat ihr nicht folgt; und der Adressat kann sein Gesicht verlieren, wenn er seine Handlungen nicht mehr selbst bestimmt. Daher folgen die Sprecher in der Wahl der Äußerung einer Strategie, die die Effektivität so groß wie möglich und den Gesichtsverlust so niedrig wie möglich macht. (Wunderlich 1984: 112)

      Laut Fandrych und Thurmair hat sich sogar das besondere Risiko, das mit diesem im zwischenmenschlichen Austausch unumgänglichen Sprechakt prinzipiell verbunden ist, auf die Sprachentwicklung ausgewirkt:

      Das große formale Spektrum für Aufforderungshandlungen ist vermutlich deshalb entstanden, weil eine Aufforderung, die ja vom Angesprochenen eine Handlung verlangt, immer potenziell gesichtsbedrohend ist. Also haben sich sehr viele unterschiedlich direkte (und unterschiedlich höfliche) Formen herausgebildet. Welche Form im konkreten Fall adäquat ist, hängt vom Kontext, den an der Kommunikation Beteiligten und insbesondere von der Textsorte ab. (Fandrych/Thurmair 2018: 276)

      Seit Mitte der 1970er Jahre ist die Pragmatik der Aufforderung ins Interesse der Forschung gerückt und in ihrem Facettenreichtum untersucht worden. Dennoch ist die emotionale Komponente bis jetzt kaum explizit herangezogen worden, wenn auch die immer wiederkehrende Frage des Höflichkeitsgrads der Aufforderung ein Zeichen dafür ist, dass Empfindungen hier eine besondere Rolle spielen. Dass eine sprachliche Handlung, die so tief im menschlichen Zusammenleben verankert ist, nicht nur distanziert und emotionslos realisiert werden kann, scheint in der Tat naheliegend. Dabei kann es sich um den nicht intentionalen Ausbruch eines realen Affekts handeln (emotional communication), oder aber um das intentionale, strategische Signalisieren einer wahren bzw. gespielten Empfindung (emotive communication)1.

      3 Einblick in einige Aufforderungsvarianten

      In den Publikationen, die sich in den letzten Jahrzehnten mit dem Thema auseinandergesetzt haben, herrscht Konsens über die grammatische Heterogenität der Aufforderungssätze. Was die aufforderungsgeeigneten Sätze betrifft, sind sie „kaum exhaustiv angebbar. Deshalb sollte auch nicht versucht werden, solche Sätze zusammenhängend darzustellen“ (Wunderlich 1984: 113). Diese Ansicht findet ihre Bestätigung in einer etwa zum gleichen Zeitpunkt erschienen Studie von Edda Weigand, in der sie über 100 Varianten zusammenträgt, um jemanden aufzufordern, den Rasen zu mähen. Angesichts der Menge von möglichen Varianten kommt Weigand zu dem Schluss, dass sich die Einheit des Sprechakts nicht grammatisch definieren lässt: „Die Vielfalt der Äußerungsmöglichkeiten macht deutlich, dass sich kein sprachlicher Nenner finden lässt, der diese Äußerungsmenge intensional definieren könnte“ (Weigand 1984: 83).

      Für das Erlernen der deutschen Sprache bildet diese Vielfalt eine Herausforderung, denn die Lernenden müssen zunächst erkennen, dass es sich bei Sätzen ohne Imperativmodus überhaupt um Aufforderungen handelt, dann sollten sich Fortgeschrittene unter ihnen mit diesem Formenreichtum besser vertraut machen. So kommen wir nicht umhin – Wunderlichs Warnung zum Trotz – uns der Schwierigkeit zu stellen und zumindest einen Teil der aufforderungskompatiblen Sätze hier zusammenzutragen.

Tabellarische Übersicht der Hauptvarianten
Imperativsatz1 Fang an! Fangen wir an! Fangt an! Fangen Sie an!
Verbzweitsatz im Indikativ Präsens Du gehst jetzt ins Bett!
Verbzweitsatz im Indikativ Präsens mit Modalverb Du sollst nicht töten.
Verbzweitsatz im Indikativ Futur2 Du wirst erst mal schön ruhig sein!
Verbzweitsatz mit Konjunktiv 1 Man nehme zwei Eier, etwas Sahne […].
Subjektloser Passivsatz Jetzt wird geschlafen!
Interrogativsatz (+/- Modalverb; +/- Konj. 2) Kannst du mir bitte das Salz reichen?
Infinitivsatz Einsteigen bitte! Nicht hinauslehnen!
Infinitivsatz (mit zu + haben/sein) Du hast zu gehorchen!
Selbständiges Partizip 23 Aufgepasst! Stillgestanden! Hiergeblieben!
Selbständiger dass-Satz im Indikativ4 Dass du mir nicht wegläufst!
Verbloser Satz Tür zu! Hände hoch! Auf die Plätze, fertig, los!

      Wie umfangreich die Palette der eingeführten Varianten sein soll, hängt vom Sprachniveau der Betroffenen ab und bleibt dem Ermessen der Lehrperson überlassen (siehe als mögliche Umsetzung Punkt (3) des Unterrichtsvorschlags im didaktischen Teil dieses Beitrags).

      Aufforderungsvarianten werden gewöhnlich als „Ersatzformen“ des Imperativsatzes bezeichnet, ein Terminus, der dem Phänomen nicht ganz gerecht wird: „Aufforderungssätze dürfen nicht mit dem Sonderfall Imperativsatz gleichgesetzt werden. Aufforderungen können syntaktisch ganz unterschiedlich realisiert werden, Imperativsätze sind nur eine von vielen Möglichkeiten“ (Duden 4 2016: 904). Da die meisten Grammatiken aber semasiologisch (von der Form zum Inhalt) aufgebaut sind, führt die Formenvielfalt zu einer zersplitterten Darstellung dieses sprachlichen Phänomens. Der pragmatische Reichtum der Aufforderung, und damit auch die emotionale Komponente, wird jedoch erst wahrgenommen, wenn mehrere Ausdrucksweisen zur Auswahl stehen, andernfalls bleibt diese Dimension weitgehend unberücksichtigt. Die seltenen onomasiologischen Grammatiken, die von den Redeabsichten bzw. von den sprachlichen Inhalten zu den sprachlichen Mitteln ausgehen, widmen der Aufforderung auch viel mehr Aufmerksamkeit. Die Kommunikative Grammatik Deutsch als Fremdsprache verfügt über ein eigenes Kapitel „Aufforderungen“ (Engel/Tertel 1993: 64–74). Die Grammatik in Feldern, in zehn Kapitel („Felder“) unterteilt, widmet der Aufforderung ein ganzes Feld (Buscha et al. 1998: 239–294). Im Rahmen einer aufgabenorientierten Fremdsprachendidaktik bieten solche Grammatiken wertvolles Material für den Aufbau einer Unterrichtseinheit (siehe Teil 4 dieses Beitrags „Überlegungen zu einer Didaktik der Aufforderung“).

      Im Folgenden wollen wir uns auf zwei Varianten mit sehr unterschiedlichen syntaktischen Merkmalen konzentrieren und ihr Verhältnis zur Emotion näher beleuchten: zum einen die Infinitivformen, in denen das (ungebeugte) Verb im Vordergrund steht, zum anderen die „Reduktionsformen“, bei denen gar kein Verb vorkommt. Beide Satzformen sind auf Transparenten (Spruchbändern auf Demonstrationen) sehr beliebt: „CORONA-DIKTATUR STOPPEN“5. „Maske weg“6. „Freiheit Grundrechte“7.

      Aufforderungen im Infinitiv

      Diese

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