Empörung, Revolte, Emotion. Группа авторов

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Empörung, Revolte, Emotion - Группа авторов edition lendemains

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die meisten expressiven Sprechakte „essentiell Hörer-gerichtet“ sind (cf. Searle/Vanderveken 1985: 211). Mit anderen Worten, und zwar im Anschluss an Austins Charakterisierung der Behabitiva, lässt sich Rolfs Vorschlag damit begründen, dass alle Expressiva direkt die Beziehung zwischen Sprecher und Adressat betreffen.

      Eine auf die Beeinflussung des Adressaten ausgerichtete Sichtweise attestiert Searle (1969) dem Grice’schen bedeutungstheoretischen Ansatz, der zwar nicht zwischen illokutionären und perlokutionären Akten differenziert, aber perlokutionäre Intentionen bei der Bestimmung der Sprecherbedeutung im Blick hat, wenn er die Wirkung des Gesagten auf den Hörer bzw. seine Reaktion auf das Gesagte zum kommunikativen Ziel des Sprechers erklärt. Die Grice’sche Bestimmung der Bedeutung beziehe sich demnach nicht auf die Absicht, einen illokutionären Akt zu vollziehen, obschon gerade diese Absicht das vom Sprecher Gemeinte definieren soll:

      Grob gesehen läuft Grice’s Bestimmung [des Bedeutungsbegriffs] darauf hinaus, daß Bedeutung unter dem Gesichtspunkt der Absicht, einen perlokutionären Akt zu vollziehen, definiert werden muss. Aber etwas zu sagen und es zu meinen, ist nicht notwendig mit der Absicht verknüpft, einen perlokutionären Akt zu vollziehen; dagegen ist es untrennbar mit der Absicht verknüpft, einen illokutionären Akt zu vollziehen. (Searle 1973: 69–70)

      Als Beispiel für illokutionäre Akte, die keine perlokutionären Effekte zum Ziel haben, nennt Searle Begrüßungen wie „Hallo“, bei denen es nur darauf ankommt, dass der Hörer weiß, dass er gegrüßt wird, d.h. das Verstehen der illokutionären Intention soll keine weiteren Folgen bewirken (cf. Searle 1973: 73). Die Frage, ob mit Grüßen dieser Art tatsächlich keine perlokutionären Effekte beabsichtigt werden und man nur höflich wirken will, kann an dieser Stelle nicht weiter diskutiert werden. Festhalten möchte ich nur: Auch wenn Searle die Rolle der Perlokutionen im Vollziehen von Sprechakten marginalisiert, wird von ihm die Möglichkeit einer Reduktion des Illokutionären auf das Perlokutionäre erwogen (cf. Searle 1973: 113)4. Beim Aufstellen seiner Sprechaktklassifikation kommt er allerdings zu dem Schluss, dass perlokutionäre Effekte nicht systematisch mit Illokutionen einhergehen und daher nicht in die konstitutive Regel eines Sprechakttyps aufgenommen werden können:

      For many, perhaps most, of the most important illocutionary acts, there is no essential perlocutionary intent associated by definition with the corresponding verb, e.g. statements and promises are not by definition attempts to produce perlocutionary effects in hearers. (Searle 1976: 3)

      Alston (2000) folgt Searle (1976) und Searle/Vanderveken (1985) darin, dass er als Ausgangspunkt für seine Behandlung von Expressiva das Vorhandensein entsprechender mentaler Zustände beim Sprecher annimmt. Alston zufolge gibt es keine objektiven Erfüllungsbedingungen für den gelungenen Vollzug eines expressiven Sprechakts, sondern es ist lediglich die Verpflichtung des Sprechers erforderlich, sich in einem bestimmten mentalen Zustand zu befinden. Es kann sich dabei um beliebige mentale Zustände handeln. Da sie aber auch in anderen obligationenerzeugenden Akten (Kommissiva und Direktiva) ausgedrückt werden, erübrigt sich aus Alstons Sicht die Searle’sche Annahme einer eigenen Klasse von Expressiva (cf. Alston 2000: 103–109).

      Finkbeiner (2019a: 352) spricht sich für die Beibehaltung der Expressiva als gesonderter Sprechaktklasse aus, findet aber die Searle’sche Definition expressiver Sprechakte insofern problematisch, als die meisten Sprechakte, die Searle dieser Klasse zuordnet, „in bestimmten Situationen sozial hochgradig erwartet sind und deshalb zu Routinisierung neigen“. Sie findet selbst den Terminus „expressiver Sprechakt“ irreführend für Danken, Gratulieren oder Kondolieren, wo das Ausdrücken individueller Emotionen „ein Stück weit gegenüber der Erfüllung einer sozialen Konvention verloren[geht]“ (ebd.). Finkbeiner führt im Anschluss an Bach/Harnish (1979) aus, dass der illokutionäre Zweck dieser Sprechakte in vielen Fällen nicht darin besteht, eigene Emotionen zum Ausdruck zu bringen, sondern darin, die soziale Erwartung zu erfüllen, dass diese Emotionen ausgedrückt werden. Ähnlich wie Austins Behabitiva sind Expressiva diejenigen Sprechakte, mit denen der Sprecher eine Einstellung ausdrückt, auch wenn er sie nicht unbedingt verspürt, sondern lediglich für angemessen hält (cf. Bach/Harnish 1979: 51). Sie sollen in bestimmten Situationen ausgedrückt werden, auch wenn man sie nicht hat, denn ihr Vorhandensein wird konventionellerweise vom Sprecher erwartet bzw. bei ihm vorausgesetzt (cf. Finkbeiner 2019: 131). Die Konvention allein scheint sicherzustellen, dass die gemeinte Illokution vom Adressaten auch im Falle einer unaufrichtigen, ironischen, elliptischen o.ä. Kommunikation verstanden wird.

      3 Expressive Sprechakte im Spannungsfeld zwischen Intention und Konvention

      In der aktuellen Auseinandersetzung zwischen internalistischen, auf Intentionen basierenden Betrachtungen von Illokutionen und externalistischen, sich auf Konventionen bzw. wesentliche Regeln berufenden Ansätzen zur Interpretation dieser Sprechakte können im Anschluss an Sbisà (2013) drei grundsätzliche Positionen identifiziert werden:

      Illocution may be viewed as the production of conventional effects, as the carrying out of a rule-governed activity, or as the expression of a communicative intention and therefore of a psychological attitude of the speaker. (Sbisà 2013: 63)

      Die erstere ergibt sich direkt aus dem Austinschen Verständnis von Sprechakten, die zweite lässt sich auf Searle zurückführen und die dritte auf Grice. Im Folgenden wird Searles Ansatz eingehender diskutiert und als Grundlage für eine im Austinschen Sinne externalistische Interpretation expressiver Illokutionen genutzt.

      Searle hat mehrmals die Unterscheidung zwischen intentionalen und konventionellen Aspekten eines Sprechakts und die Untersuchung ihrer wechselseitigen Beziehungen zum Ziel seiner Analyse illokutionärer Sprechakte erklärt. Dabei schreibt er Konventionen institutionalisierte bzw. sekundäre Intentionen zu, die auch unabhängig von primären, individuellen Intentionen Handlungen hervorbringen können. Der wichtigste Unterschied zwischen ihnen ist folgender: Soziale Konventionen können auch unbewusst angewendet werden, wie etwa Konventionen der deutschen Sprache in Searles (1969) Beispiel vom amerikanischen Soldaten im Zweiten Weltkrieg, der des Deutschen nicht mächtig ist, sich aber mit einem Goethe-Zitat als Deutscher zu erkennen geben will. Der nach sprachlichen Konventionen Handelnde muss auch nicht wissen, dass er regelgeleitet handelt oder wie sich die Regeln ausformulieren lassen (cf. Searle 1973: 67). Aber nur weil es Sprache gibt, können Sprechakte vollzogen werden; genauso wie eine Banknote nur ein Stück Papier wäre, wenn es nicht die Institution des Geldes gäbe, die dem Papier einen konventionell festgelegten Wert verleiht.

      Soziale Konventionen, die institutionelle Tatsachen konstituieren und in Form von „X gilt als Y im Kontext C“ erfasst werden, unterscheidet Searle von sozialen Regeln bzw. Regelmäßigkeiten, die nur aufgrund der Kenntnis von Präzedenzfällen wiederholbar sind (cf. Searle 1973: 67). Letztere kommen als regulative Regeln vor und lassen sich mit der Formel „Tue X“ bzw. „Wenn Y, tue X“ umschreiben (Searle 1973: 57). Sie dienen als Bewertungsgrundlage menschlicher Handlungen (und sind somit für die Herausbildung sozialer Emotionen verantwortlich); diese Handlungen können allerdings auch ohne solche Regeln vorkommen, z.B. kann freundliches Verhalten auch ohne entsprechende Anstandsregeln existieren (Searle 1973: 58).

      Sprechakte, die in einer Sprache vollzogen werden, behandelt Searle als institutionelle Tatsachen, denn „es [ist] eine Sache der Konvention […], daß die Äußerung der und der Ausdrücke unter bestimmten Bedingungen als ein Versprechen gilt“ (Searle 1973: 60). Als Beweis dafür, dass Sprechakte kein regelmäßiges, sondern regelgeleitetes Handeln sind, benutzt Searle ein translatorisches Argument: „Verschiedene menschliche Sprachen können in dem Maße, in dem sie ineinander übersetzbar sind, als verschiedene auf Konventionen beruhende Realisierungen der gleichen zugrundeliegenden Regeln betrachtet werden“ (Searle 1973: 63–64). Dieses Argument stellt eine Konkretisierung des Prinzips der Ausdrückbarkeit dar, das besagt, dass alles, was man meinen kann, auch sprachlich ausdrückbar ist. Das genannte translatorische Argument wird in diesem Sinne von Searle (1973: 109) fortgesetzt: Auch wenn eine Sprache noch

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