Empörung, Revolte, Emotion. Группа авторов
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Das am wenigsten kontroverse Merkmal von Emotionen scheint ihre Intentionalität zu sein. Ob sie aber deskriptiv oder präskriptiv zu interpretieren ist, bleibt in der philosophischen Diskussion nach wie vor unentschieden. Fest steht nur, dass Emotionen im Rahmen einer sozialen bzw. moralischen Ordnung als angemessen bzw. unangemessen in Bezug auf ihr intentionales Objekt angesehen werden (ebd.).
Sprachlich werden Emotionen z.B. in Sprechakten des Lobens, Bewunderns, Spottens, Beschimpfens, Dankens, Sich-Ängstigens usw. ausgedrückt, also in denjenigen Sprechakten, die Searle (1969) zu den Expressiva zählt und die nach seiner Definition den illokutionären Zweck haben, psychische Zustände des Sprechers auszudrücken (cf. Searle 1976: 12; Searle/Vanderveken 1985: 211–216; Vanderveken 1990: 213–219). Mit Expressiva will also ein Sprecher etwas von seinen subjektiven Erlebnissen mitteilen:
They may express very general propositional attitudes such as belief or intention, or affectively coloured inner states such as hope, desire, and the like. We say that the expression of inner states is upgraded when the speech act foregrounds the speaker’s inner states, sometimes emphasising their intensity. The expression of inner states is downgraded if linguistic and textual devices hinder the foregrounding of the speaker’s inner states where the context and/or the discourse topic would make it appropriate to expect its occurrence. (Bazzanella et al. 1991: 67)
Hermanns (1995) unterscheidet emotionsausdrückende und emotionsbezeichnende Äußerungen. Diejenigen, die Emotionen ausdrücken (z.B. in Form von Exklamativsätzen wie Was für ein Genie!), benennen sie nur sekundär, und umgekehrt: Äußerungen, in denen Emotionen diagnostiziert werden (z.B. Er liebt sie bzw. Ich habe Angst), dienen nur sekundär zum Ausdruck von Emotionen. In diesem Sinne stellt Hermanns fest: „Ich finde auch, der Satz Ich liebe dich drückt das Gefühl der Liebe in der Regel gar nicht aus“ (Hermanns 1995: 145). Emotionsbezeichnende Sätze drücken nach Hermanns nicht die genannte Emotion aus, sondern die Intention des Sprechers, den Adressaten glauben zu lassen, dass der Sprecher ihm gegenüber diese Emotion empfindet1. Noch weiter geht Motsch (1995: 149), der der gesamten Klasse von Expressiva den intentionalen Modus des Glaubens, dass p, zuschreibt, indem er die expressiven Sprechakte auf Bewertungen reduziert.
Schwarz-Friesel (2007) hält dagegen die von Hermanns vorgeschlagene Unterscheidung zwischen emotionsausdrückenden und emotionsbezeichnenden Äußerungen für artifiziell und findet den Satz Ich liebe dich nicht weniger expressiv als eine spontane Liebesbekundung mit einem Exklamativsatz wie Oh mein süßer Hase. Sie behauptet ihrerseits: „Auch Äußerungen mit emotionsbezeichnenden Wörtern drücken selbstreferenziell den inneren Zustand des Sprechers aus“ (Schwarz-Friesel 2007: 147).
Vor dem Hintergrund dieser Diskussion lokutionärer und illokutionärer Bedeutungen von Expressiva ist der vorliegende Beitrag ein Versuch, folgenden Fragen nachzugehen: Inwiefern verleihen expressive Sprechakte unseren Emotionen Ausdruck? Geht die Ausdrucksfunktion der Expressiva mit einer Darstellungsfunktion einher? Steuern Expressiva als formelhafte, kollektive Orientierungsmuster die Herausbildung von Emotionen?
Zunächst werde ich die Searle’sche Definition expressiver Sprechakte diskutieren und in diesem Zusammenhang soziale Aspekte von expressiven Illokutionen2 herausstellen. Die sich daraus ergebende These, dass expressive Sprechakte sozialen Normen folgen und in diesem Sinne von sozialen Regeln geleitet sind, wird anschließend anhand des Sprechakts der Danksagung veranschaulicht.
2 Was drücken expressive Sprechakte aus?
Sprechakte werden als grundlegende Einheiten zwischenmenschlicher Kommunikation angesehen (Searle 1976: 1). Darunter sind Äußerungen zu verstehen, die nicht nur etwas bedeuten bzw. für eine Bedeutung stehen, sondern auch etwas in der sozialen Welt leisten bzw. bewirken. Austin (1962) ist der Meinung, dass in jedem Sprechakt drei verschiedene Handlungen vollzogen werden, die er Lokution, Illokution und Perlokution nennt. Die Illokution sieht er als denjenigen Akt an, der den kommunikativen Zweck einer Lokution bzw. ihre „Kraft“ (force) deutlich macht und somit anzeigt, wie die gegebene Äußerung zu verstehen ist. Die illokutionäre Kraft ist diejenige Bedeutung einer Äußerung, die unabhängig von ihren Wahrheitsbedingungen dank der Konvention realisiert wird, dass mit der Äußerung bestimmte illokutionäre Zwecke erreicht werden, z.B. kann die Äußerung Befehl, Behauptung oder Begrüßung zum Zweck haben (cf. Austin 1962: 98–99).
Während Lokutionen reale oder fiktive Sachverhalte in einem Satzmodus ausdrücken, wird mit Illokutionen die soziale Wirklichkeit gestaltet bzw. verändert. Austin (1962) nennt drei Folgen einer gelungenen Illokution: ein uptake seitens des Rezipienten, normative Sachverhalte und eine Folgehandlung. Eine gelungene Behauptung wird z.B. der Sprecherintention gemäß verstanden, verändert den normativen Kontext, indem sie den Sprecher zur Wahrheit des Gesagten verpflichtet, und wird in einer Antwortäußerung akzeptiert oder abgelehnt. Die normativen Folgen einer Illokution liegen dann vor, wenn sie verbindlich für die Interaktionspartner ist, d.h. ihnen Verpflichtungen auferlegt bzw. Rechte erteilt. Der normative Kontext wird der externalistischen Interpretation zufolge durch Glückensbedingungen eines Sprechakts bestimmt; die internalistische Interpretation macht sein Glücken von den mentalen Zuständen, d.h. den Intentionen des Sprechers abhängig (cf. Harnish 2009).
Austin (1962) berücksichtigt in seinem sprechaktheoretischen Modell, dass sprachliche Äußerungen neben Intentionen sowie deskriptiven Kognitionen auch Emotionen der Sprecher ausdrücken. Sie werden vordergründig bei der Charakterisierung der sog. konduktiven Sprechakte (Behabitives) behandelt, die emotionale Einstellungen der Sprecher zum Ausdruck bringen. Emotionen können zwar in jedem Sprechakt ausgedrückt werden, z.B. durch expressive Wörter, Topikalisierungen, Wiederholung sprachlicher Einheiten, Interjektionen, Intonation, brüchige bzw. misstrauische Stimme u.ä., denn potenziell können jedem Sprechakt alle drei Bühlerschen Funktionen zugeschrieben werden: neben einer appellativen und einer referentiellen auch eine expressive Funktion. Was aber sonst eher symptomatisch mittels Sprache ausgedrückt wird, kommt in den expressiven Sprechakten im symbolischen Modus zum Ausdruck1.
Die Spezifik der Behabitiva im Vergleich zu anderen Sprechakten liegt nach Austin (1962) auch darin, dass sie weder eine Veränderung der Welt durch Worte bewirken (wie Behauptungen, die Emotionen beschreiben) noch Worte an die Welt anpassen (wie etwa Kommissiva), sondern den Empfindungen (feelings) des Sprechers Luft machen, und zwar auch dann, wenn sie die Empfindungen zugleich beschreiben. Auch in diesem Fall steht der Ausdruck von emotionalen Einstellungen nicht im Dienste einer anderen Intention, sondern macht den eigentlichen Zweck der gegebenen Illokution aus.
Nach Searle (1969) sind Illokutionen regelgeleitete Handlungen, die kommunikative Intentionen von Sprechern den geltenden Konventionen gemäß ausdrücken. Die Intentionen werden dabei als mentale Zustände verstanden, die auf außerhalb ihrer selbst liegende Sachverhalte ausgerichtet sind. Sie entscheiden über die illokutionäre Kraft einer Äußerung und sind auch für die Benennung von Sprechakten ausschlaggebend, zugleich ist aber ihr kommunikativer Einsatz konventionell geregelt. Man kann nicht sagen Hier ist es kalt im Sinne von ‚Hier ist es warm‘ „ohne einen entsprechenden Bühnenhintergrund“ (Searle 1973: 71), denn auch eine illokutionäre Bedeutung (z.B. der Gebrauch von