Genial erfolgreich. Marcus Kutrzeba
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Genial erfolgreich - Marcus Kutrzeba страница 7
In einer Zeit, in der uns der Zugang zu Wissen(-schaft) so leicht gemacht wird wie nie zuvor in der Weltgeschichte, glauben viele, es gäbe sie: die eine Wahrheit. Und suchen sie überall – nur ganz sicher nicht bei sich. Dabei gibt es so viele Wahrheiten wie Menschen auf der Erde herumlaufen. Und alle, ausnahmslos alle, haben ihre Berechtigung. Sie haben recht. Sie sind richtig. Für diejenige oder denjenigen, aus dessen Wahrnehmung sie entsprungen sind. Nur nehmen das viele Menschen leider nicht so wahr. Es ist auch kein Wunder, denn mit einer »Mindermeinung« gegen die Masse anzutreten, dafür braucht es schon Schneid.
In meinem bisherigen Leben hatte ich mehr als nur einmal das Vergnügen. Eigentlich gehöre ich immer schon zur Gruppe der Außenseiter, es stört mich aber – im Gegensatz zu vielen anderen Menschen – nicht im Geringsten. Ich habe kein Problem damit, eine Außenseitermeinung zu vertreten. Ich beziehe sogar ganz oft eine Position, die nicht dem mehrheitlich gewählten Standpunkt entspricht. Man mag mir unterstellen, dass ich ein Rebell bin. Das kann sein, eines bin ich aber mit Sicherheit: voller Selbstvertrauen. Ich fühle mich nicht abgewertet, nur weil die meisten anderen Leute meine Einstellung und Anschauungen nicht teilen. Eher umgekehrt, es bestätigt mich sogar.
Zu Beginn meiner Selbstständigkeit habe ich oft in Konkurrenz mit anderen Beratern und Trainern gestanden. Wir wurden von den potenziellen Kunden aufgefordert, »blind«, das heißt, ohne persönliches Vorgespräch und weitere Kenntnis der Umstände, ein Angebot für ein bestimmtes Thema zu erstellen, das dann von irgendwelchen Assistenten ausgedruckt und verglichen wurde. Herausgekommen ist fast immer dasselbe: In diesen Firmen galten die Konzepte von Beratern als die erste Wahl, die wissenschaftlich begründet, methodisch »durchgetaktet« und mit einem Preisschild versehen waren. Ich lieferte ihnen weder/noch. Ich kam selber, stellte (unbequeme) Fragen und fuhr wieder. Meistens bekam ich die Möglichkeit zu einem weiteren Termin, und bei diesem dann die Zusage für das Projekt.
Ich musste nur zusehen, dass ich schneller war als die anderen mit ihren ausgeklügelten Konzepten. Denn die Wunschkriterien erfüllte ich fast nie. Ich war nicht vergleichbar und wollte es auch gar nicht sein. Weil es nichts bringt. In meinem ersten Buch Best Seller – Von falschen Propheten im Verkauf und wie Verkaufen richtig geht habe ich das schon näher beschrieben:
»Wer glaubt, er sei vergleichbar, hat (…) langfristig keine Chance. (…) Man kann durchaus mitschwimmen, auch hat man hier und da die Möglichkeit, ein Geschäft zu machen. Aber wirklicher Erfolg geht so nicht. Erfolg ist Einstellungssache.« 1
Wenn ich nun daherkomme und rede, wie mir der Schnabel gewachsen ist, halten mich die meisten zunächst für einen Sonderling. Ist das Seminar, Coaching oder Projekt aber erst angelaufen, stimmen sie mir auf einmal zu, weil meine Ideen, Inhalte und Methoden aus Erfahrung und von Herzen kommen. Aber das dauert halt immer, bis es so weit ist. Das muss man auch aushalten können, diese Spannung im Raum, die insgeheim raunt: »Was weiß denn der schon? Hat er überhaupt Belege dafür?« Ich kann das ganz gut verkraften. Keine meiner Veranstaltungen musste ich je mit einer wissenschaftlichen Beweisführung einleiten oder eine Situation damit »retten«.
Die Reaktion der Teilnehmer ist der beste Beweis dafür, dass meine Einstellung und meine Wahrnehmung »wahr« sind, sprich, wahrnehmbar, annehmbar und nutzbar für die anderen. Und das funktioniert, weil und solange ich mir selbst vertraue. Denn dann vertrauen die anderen mir auch. Sie befürchten nicht, in die Irre geführt zu werden. Sie haben keine Angst, fehlgeleitet zu werden durch ein Wissen, das ihnen nicht nützlich, womöglich sogar hinderlich ist in ihren Beziehungen, ihrer Kommunikation und Kooperation mit anderen Menschen oder auf ihrem eigenen Weg. Weil sie womöglich zu den zwanzig Prozent gehören, die anders denken, fühlen und handeln als die wissenschaftliche Norm.
Das Wissen, das ich vermittle, ist mutmaßlich nicht wissenschaftlich. Es ist in den allermeisten Fällen höchst persönlich, selbst erprobt und für gut befunden. Es ist Anwendungs- und Erfahrungswissen. Es schafft aber mehr als Wissen-schaf(f)t: Es verschafft mir das Vertrauen der Menschen, mit denen ich arbeite, lebe und mich umgebe. Also, fangen wir bitte endlich an, aus dem Herzen zu denken, zu sprechen und zu handeln, anstatt uns primär auf objektive Maßstäbe zu berufen, die wenig bis gar nichts mit unserer subjektiven Wirklichkeit zu tun haben!
1.3 Gefühle – die vermeintliche Schwachstelle
Zeig! Keine! Gefühle! In meiner Zeit beim österreichischen Bundesheer habe ich gelernt, dass Frieren ein unerwünschtes Gefühl ist – eines von vielen, wohlgemerkt. Es galt als anständig und ehrenhaft, seine Gefühle nicht zu zeigen. Bei den stundenlangen Grenzsicherungseinsätzen im tiefsten Winter war Kälte tatsächlich eine Wahrnehmung, die ich, so gut es ging, zu unterdrücken versuchte. Der Nachtfrost konnte sonst nämlich sehr unangenehm werden und die Nächte sehr, sehr lang. Ich gab mich also bewusst kühl, um nicht zu spüren, wie kalt mir war. Dass mir davon nicht warm ums Herz wurde, muss ich wahrscheinlich nicht extra erwähnen.
Das ist nur ein Beispiel von vielen, die ich hier erzählen könnte, das verdeutlicht: Gefühle zu zeigen gilt in unserer Gesellschaft als deplatziert. Es wird als ein Zeichen von Schwäche angesehen, wenn sich jemand nicht zusammenreißen kann, wie es so schön heißt. Schon kleine Kinder kriegen oft zu hören, dass »ja nichts passiert« sei, wenn sie einmal hinfallen. Oder: »Ist doch nicht so schlimm, hör auf zu weinen.« Ist dieser falsche Glaubenssatz einmal verinnerlicht, zieht das einen ganzen Rattenschwanz an Problemen nach sich. Denn: Was werden sie dabei lernen? Dass ihre Wahrnehmungen falsch sind, ihre Gefühle überschießend und fehl am Platz. Oder dass sie zumindest unangenehm für die Erwachsenen sind und sie sie deshalb lieber unterdrücken sollten. Auf diese Weise können bereits Kleinkinder das Vertrauen in sich selbst, ihre Emotionen und Intuition verlieren.
Spätestens seit ich selbst Vater bin, bin ich sehr aufmerksam, was solche Äußerungen angeht. Denn so gewöhnen sich Menschen von klein auf ab, ihre (ehrlichen) Regungen zu fühlen und der Außenwelt zu kommunizieren. Sie hören auf zu spüren und »verkopfen« sich. Sehr viele Erwachsene können mit ihren eigenen Gefühlen nichts anfangen, geschweige denn mit den Gefühlen anderer Menschen. Der Umgang damit fällt ihnen schwer, oft sogar schon die Wahrnehmung, das so genannte Einfühlen oder Hineinspüren. Das sehe ich immer wieder im Seminar- und Coaching-Setting. Und das ist die eigentliche Schwachstelle. Wer nicht auf andere eingehen kann, weil er deren Gefühle weder bemerkt noch versteht, tut sich schwer in der Zusammenarbeit. Und wer sich selber immer zurückhält und sich etwas verkneift, weil er negative Reaktionen befürchtet, wird irgendwann die Beherrschung verlieren. Meistens passiert das dann in unpassenden Situationen.
Schauen wir uns in der Berufswelt um. Besonders Frauen in Führungspositionen berichten mir häufig, dass sie zum Beispiel schon als hysterisch abgestempelt wurden, weil sie einmal emotional oder laut geworden sind. Wenn ein Mann sprichwörtlich »auf den Tisch haut«, gilt er zwar als Hitzkopf, kommt damit aber noch besser weg als seine Kollegin. Eine Frau darf nämlich nur aus den Eigenschaften schöpfen, die ihr von unserer Kultur zugedacht wurden, beispielsweise weich, lieb, ruhig, beherrscht und fürsorglich zu sein. Und wann ist ein Mann ein Mann? Wenn er ehrgeizig, hart und emotionslos ist. Diese Wesenszüge werden ganz klar Männern zugeschrieben und sind bei ihnen allgemein akzeptiert. Bei einer zielstrebigen Frau