USA. Hannelore Veit

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hat zwar für Millionen Amerikaner eine Krankenversicherung überhaupt erst möglich gemacht – für Arbeitslose, Menschen mit schlecht bezahlten Jobs oder Menschen mit bereits bestehenden Krankheiten, aber Obamas Gesundheitsreform hat sich eben nicht für alle gleich ausgewirkt. John und seine Bekannten zählen zu den Verlierern.

      Johns Lieblingsthema ist aber die Wirtschaft. »Business is great. Alles läuft bestens«, strahlt John. »Mit meiner Werkstatt verdiene ich so gut wie nie zuvor, die Kunden geben mehr Geld aus, sie kaufen neue Autos. Wir besitzen ein paar Wohnungen, die wir vermieten, keine einzige steht frei, wir haben keine Mietausfälle. Und unsere Mieter sind keine Großverdiener, sie kommen aus den unteren Einkommensschichten.« Aber John will fair bleiben und gibt zu, dass nicht alles auf Trumps Wirtschaftspolitik allein zurückzuführen ist.

      Wie viele Amerikaner legt John Geld an der Börse an, als Zukunftsvorsorge in einem Land, in dem Pensionsvorsorge in erster Linie der Eigeninitiative überlassen bleibt. Die Märkte sind unter Trump nach oben geklettert. Nicht an Trumps Wahlsieg zu glauben, war ein Fehler, sagt John heute: »Weil ich nicht sicher war, ob Trump oder Hillary die Wahl gewinnen und wie die Märkte reagieren würden, bin ich in sichere Anlageprodukte umgestiegen. Das hätte ich nicht tun sollen. Trump ist gewählt worden und die Aktien sind nach oben geschnellt.« Er lächelt spitzbübisch. Von den sicheren Produkten ist John Trandem längst wieder auf risikoreiche Anlageprodukte umgestiegen.

      Und noch etwas, fast hätte John es vergessen. Auch die Richterbestellungen Trumps findet er extrem positiv: die große Anzahl von Bundesrichtern, die Trump in den letzten drei Jahren nominiert hat, und vor allem die zwei konservativen Richter am Obersten Gerichtshof, Neil Gorsuch und Brett Kavanaugh, wie alle Obersten Richter auf Lebenszeit nominiert und damit für vermutlich die nächsten Jahrzehnte Garanten für eine konservative Auslegung der Gesetze. »Das ist ermutigend«, sagt John, »die Gerichte sollten sich an die Verfassung und die Gesetze halten und nicht gesellschaftspolitische Entscheidungen treffen, wie sie das mit der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare getan haben. Der Begriff Ehe ist ohnehin falsch, eine Ehe kann es nur zwischen Mann und Frau geben, das steht so geschrieben, das ist gottgegeben.«

      Auch was Trumps Außenpolitik betrifft, die die Welt als sprunghaft und unberechenbar ansieht, ist John ganz auf der Seite des US-Präsidenten. »Er macht das, was wir seit Jahren und Jahrzehnten verabsäumt haben. China hat er gezeigt, dass wir uns nicht über den Tisch ziehen lassen. Mit Mexiko und Kanada hat Trump ein neues und besseres Freihandelsabkommen verhandelt. Er hat da sogar die Demokraten mit an Bord bekommen. Mit dem Schlag gegen den iranischen General Soleimani im Jänner 2020 hat er gezeigt, dass er gegenüber dem Iran entschieden auftritt. Das ist gut. Das ist man im Ausland nicht mehr gewöhnt. Trumps Nordkoreapolitik kann man kritisieren, aber wenigstens tut er etwas – nicht wie seine Vorgänger, die nichts getan haben. Mit einem Verrückten wie Kim Jong-un umzugehen, ist schwierig. Aber wir zeigen Stärke und sind gleichzeitig bereit zu verhandeln.«

      Johns Argumente sind die, die fast täglich in konservativen Medien zu hören und zu lesen sind. »Wir sind das einzige Network, das über die ausgezeichnete Wirtschaftslage berichtet«, höre ich immer wieder auf »Fox and Friends«, dem Frühstücksfernsehen des konservativen Senders Fox, in das sich Trump selbst manchmal gerne per Telefon zuschaltet. Präsident Trump sei ein guter Verhandler, kein klassischer Politiker. Kapitalismus und freie Marktwirtschaft seien die Antwort auf alles, verkünden da Moderatoren und Experten.

       Heimunterricht: Leben in der konservativen Blase

      Die Trandems laden mich auch drei Jahre nach meinem ersten Besuch wieder zu sich nach Hause ein. Die Kinder, die inzwischen achtjährige Elsie, der sechsjährige James und die vierjährige Marcella freuen sich auf die Fernsehkameras. Alle drei lernen Klavier spielen. Elsie, die älteste, hat extra für uns ein neues Lied einstudiert.

      Lydia unterrichtet die Kinder zu Hause. Das sogenannte Homeschooling ist in den ländlichen Bundesstaaten wie North Dakota nicht so selten. Zwei Millionen Kinder, das sind knapp vier Prozent der Schulpflichtigen, werden von den Eltern zu Hause unterrichtet. Nach Lehrplänen, versteht sich, aber nicht an Schulen. Oft sind es die Entfernungen, die Eltern dazu bringen, ihre Kinder zu Hause zu unterrichten. Lydia und John sagen, sie wollen einfach so viel Zeit wie möglich mit ihren Kindern verbringen, die ohnehin zu schnell erwachsen werden. Sehr oft hört man in konservativen Kreisen auch, dass die öffentlichen Schulen zu liberal seien. Das ist auch für die Trandems ein wesentlicher Beweggrund. »Oft sind die Lehrer und Lehrerinnen ideologisch geprägt, wollen keine Diskussionen oder andere Meinungen. Ganz schnell sind Kinder da isoliert, wenn sie eine andere Meinung haben. Das will ich nicht für meine Kinder. Ich will nicht, dass sie mit ihrem christlichen Weltbild Außenseiter sind.«

      Bis zum Highschool-Abschluss, bis 18, will Lydia ihre Kinder unterrichten. Meinen Einwand, dass sie vielleicht nicht genug Kontakt mit Gleichaltrigen hätten, wischt Lydia lachend vom Tisch. »Ich lache, weil ich dieses Argument immer wieder höre. Nein, meine Kinder haben sehr viel Kontakt zu anderen, wir treffen uns einmal in der Woche in unserer Homeschooling-Gemeinschaft, da sind die Kinder in Gruppen mit Gleichaltrigen und haben auch andere Mütter als Lehrerinnen. Wenn der Unterrichtsgegenstand zu schwierig wird, dann gibt es Experten in unserer Gruppe, die die Kinder unterrichten. Wann immer ich mich als Lehrerin meiner eigenen Kinder überfordert fühle, habe ich Unterstützung durch andere. Aber ich kenne meine Kinder besser als jede andere, kann viel mehr auf ihre Bedürfnisse eingehen und ihre Begabungen fördern.«

      Externe Tests müssen absolviert werden, sie sichern, dass Kinder, die zu Hause unterrichtet werden, auch die vorgeschriebenen Lernziele erreichen. Noch etwas ist Lydia wichtig: »Meine Kinder sollen ihre Meinung offen sagen können, aber auch andere Standpunkte respektieren.«

      Den Dialog, das Verständnis für andere, das vermissen Lydia und John im gegenwärtig so gespaltenen Amerika. Auch wenn sie selbst sehr konservativ sind und ihre Haltung eloquent verteidigen, Platz für andere Meinungen muss sein. »Ich habe viele Bekannte und auch Freunde, die ideologisch ganz woanders stehen als ich«, sagt John. »Das ist gut so. Ich kann ein gewisses Verständnis für sie aufbringen, aber ich muss deswegen nicht meine Meinung ändern.«

      Und auch zum Homeschooling hat John, der auf Individualismus setzt und zu viele Vorschriften als Einmischung des Staates in private Angelegenheiten sieht, eine dezidierte Meinung: »In North Dakota finanziert die property tax, die Grund- und Vermögensteuer, zu 60 Prozent das öffentliche Schulsystem. Das ist unfair. Ich schicke meine Kinder nicht in öffentliche Schulen und finanziere ihre Ausbildung selbst, warum soll ich dann so viel property tax zahlen? Da liegt gerade ein Gesetzesvorschlag im Kongress unseres Bundesstaates auf dem Tisch, ich hoffe, er geht durch.«

      Fast schon im Weggehen frage ich ihn noch kurz, was er vom Impeachment-Prozess gegen Präsident Trump hält. »Ein Scherz«, sagt John, »das wollten die Demokraten von Tag Eins an.«

       Unverbrüchliche Treue

      Nachdem in den USA im Jahr 2020 eine Krise die andere jagt (und eine dritte Reise nach Fargo wohl doch übertrieben wäre), setzen John und ich unsere Konversation über E-Mails fort, in mehreren Etappen.

      Die Corona-Krise hat Spuren hinterlassen. »Stay at home«, zu Hause bleiben, hat es überall geheißen. Auch hier in den USA waren Schulen geschlossen, nur die notwendigsten Geschäfte durften offenhalten, in vielen Bundesstaaten galten die Einschränkungen bis weit in den Juni hinein.

      Johns Autowerkstatt hat, wie alle Kleinunternehmen in diesem Land, Einbußen hinnehmen müssen. Doch es geht wieder aufwärts. Zu seinem Präsidenten steht er nach wie vor, auch zu dessen Krisenmanagement, das auf viele dilettantisch gewirkt hat und von der Bevölkerung mehrheitlich als unzulänglich empfunden wurde. »Trumps frühzeitiges Einreiseverbot aus China wurde als rassistisch und xenophob

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