Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten, Band 3. Holger Dahl
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aa) Änderungskündigung
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Zunächst ist festzuhalten, dass Änderungskündigungen wie jede Kündigung an den Vorgaben des KSchG zu messen sind. Dabei sind insbesondere ein Kündigungsgrund und eine intensive Interessenabwägung vonnöten. In der vorliegenden Ausgangslage könnte eine Änderungskündigung hypothetisch allein aus dringenden betriebsbedingten Gründen erfolgen. Aus den vom BAG aufgestellten Grundsätzen ergibt sich jedoch, dass die Voraussetzungen an eine Änderungskündigung in Bezug auf Entgeltregelungen besonders hoch sind und eine Änderungskündigung nur in engen Ausnahmenfällen zulässig sein kann:
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Besteht der bisherige Tätigkeitsbereich fort und werden alle Arbeitnehmer in der bisherigen Einsatzweise weiterhin kapazitiv benötigt, könnte eine Änderungskündigung zur Minderung der Entgelte allein wegen wirtschaftlicher Existenzgefährdung des Betriebs sozial gerechtfertigt sein.63 Zu berücksichtigen ist hierbei, dass in dem Fall Geldmangel allein den Schuldner nicht entlasten kann.64 Ein Abweichen von diesem Grundsatz lässt sich nur durch das Prinzip der Verhältnismäßigkeit rechtfertigen.
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Diese Annahme des BAG ist nicht verwunderlich, denn schließlich haben sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer verbindlich geeinigt. Von außen kommende Ereignisse können daher nur bedingt Einfluss auf die konkrete Ausgestaltung des Arbeitsvertrages nehmen. Aus diesen Gründen sprechen diese Argumente gegen die Möglichkeit einer Änderungskündigung, selbst wenn dadurch das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG eine erhebliche Einschränkung erfährt.
bb) Kollektiver Regelungsbezug
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Ferner ist beachtlich, dass eine Änderungskündigung, wie oben ausgeführt, zumindest in dem Fall, dass allgemeine einzelvertragliche Entgeltregelungen, die für eine Vielzahl von Arbeitnehmern gelten, wegen der anzunehmenden Betriebsvereinbarungsoffenheit ohnehin überflüssig wäre. In diesen Ausgangssituationen ist die Rechtsprechung zur Betriebsvereinbarungsoffenheit von Arbeitsverträgen anzuwenden.
cc) Zusammenfassung
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Es lässt sich zusammenfassend festhalten, dass die Frage, ob eine einzelvertraglich festgelegte variable Vergütung zugunsten einer Festvergütung abgeschafft werden kann, sehr komplexe Regelungszusammenhänge aufwirft, die sachgerecht nur im Einzelfall beurteilt werden können. Insgesamt ist eine Ablösung allgemeiner Individualabreden durch das kollektive Arbeitsrecht in den Fällen eines kollektiven Regelungsbezuges vorstellbar.
5. Informationsanspruch des Betriebsrats
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Zum Schluss sei noch die Frage nach der Reichweite der Informationsrechte des Betriebsrats im Rahmen der Mitbestimmung des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG aufgeworfen.
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Zur Veranschaulichung der Thematik ein kleiner Beispielsfall:
Der Betriebsrat möchte mit dem Arbeitgeber ein Entlohnungssystem nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG verhandeln. Hierzu möchte der Betriebsrat selbst ein eigenes Entlohnungssystem erarbeiten. Es stellt sich damit die Frage, in welchem Umfang, für welche Dauer und in welcher Form (schriftlich/elektronisch) der Arbeitgeber dem Betriebsrat neben den Informationen aus der Lohn- und Gehaltsliste zur Verfügung stellen muss.
a) Allgemeiner Informationsanspruch
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Gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 Hs. 1 BetrVG ist der Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben rechtzeitig und umfassend vom Arbeitgeber zu unterrichten. Dem Betriebsrat sind dabei nach § 80 Abs. 2 Satz 2 Hs. 1 BetrVG auf Verlangen jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen.
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Die allgemeine Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers aus § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG ist eine Konkretisierung des Gebots der vertrauensvollen Zusammenarbeit.65 Die Informations-, Einsichts- und Auskunftsrechte aus § 80 Abs. 2 BetrVG sollen es dem Betriebsrat ermöglichen, in eigener Verantwortung zu prüfen, ob sich Aufgaben i.S.d. BetrVG ergeben und er zu ihrer Wahrnehmung tätig werden muss.66 Sie schaffen die Grundlagen für seine kollektive Willensbildung.67 Die Pflicht zur Unterrichtung bezieht sich auf sämtliche Aufgaben des Betriebsrats, also auch auf Aufgaben, die in dem Katalog der allgemeinen Aufgaben nicht ausdrücklich genannt sind. Zu den Aufgaben des Betriebsrats gehört insbesondere die Mitbestimmung in den sozialen Angelegenheiten, die in § 87 Abs. 1 BetrVG aufgeführt sind.68 Damit erstreckt sich die Informationspflicht des Arbeitgebers grundsätzlich auch auf die Ausübung der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Gleiches gilt auch für das Recht aus § 80 Abs. 2 Satz 2 Hs. 1 BetrVG.
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Die Pflicht zur Unterrichtung sowie der Herausgabeanspruch aus § 80 Abs. 2 Satz 2 Hs. 1 BetrVG gehen andererseits nur so weit, wie der Betriebsrat nach diesem Gesetz Aufgaben wahrnimmt. Der Aufgabenbezug, der den Informationsanspruch begründet, bildet zugleich die immanente Schranke für den Inhalt und Umfang der Unterrichtungspflicht.69 Die Grenzen des Auskunftsanspruchs liegen dort, wo Anhaltspunkte dafür fehlen, dass ein Beteiligungsrecht in Betracht kommt. Aus diesen Grundsätzen erfolgt eine zweistufige Prüfung dahingehend, ob überhaupt eine Aufgabe des Betriebsrats gegeben und ob im Einzelfall die begehrte Information zur Aufgabenwahrnehmung erforderlich ist.70
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Aus der Vorschrift des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG ergibt sich ein Mitbestimmungsrecht bei der Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und Einführung und Anwendung von Entlohnungsmethoden. Soweit der Arbeitgeber nach § 87 Abs. 1 BetrVG mitbestimmungspflichte Angelegenheiten regeln will, hat er dem Betriebsrat alle für die geplante Regelung und für die Entscheidung des Betriebsrats notwenigen Informationen zu geben.71
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In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass der Umfang der Informationspflicht von der Reichweite des Mitbestimmungsrechts abhängt. Die Informationen der Lohn- und Gehaltslisten sind für die Ausübung des Mitbestimmungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG damit relevant. Ohne diese Listen ist es dem Betriebsrat faktisch nicht möglich, das bestehende Entlohnungssystem des Arbeitgebers zu erfassen und zu erkennen, Handlungsbedarf festzustellen und über die Schaffung von Entlohnungsgrundsätzen und der Ausgestaltung von Entlohnungsmethoden zu entscheiden.
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Eine weitere Aufgabe stellt sich für den Betriebsrat aus dem Gebot der Gleichbehandlung nach § 80 Abs. 1 i.V.m. § 75 Abs. 1 BetrVG, denn der Betriebsrat hat darüber zu wachen, dass insbesondere Frauen und Männer für gleiche Arbeit gleichen Lohn erhalten. Damit haben die benötigten Informationen einen Aufgabenbezug.
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Unterstellen wir realistisch, der Betriebsrat wolle sein Entlohnungssystem zumindest auf dem bisherigen des Arbeitgebers aufbauen, müssen ihm jedenfalls die Informationen zur Verfügung gestellt werden, die er benötigt, um das Entlohnungssystem des Arbeitgebers inhaltlich zu erfassen und zu verstehen. Dabei geht es insbesondere um solche