Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten, Band 3. Holger Dahl

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Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten, Band 3 - Holger Dahl Recht Wirtschaft Steuern - Handbuch

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(MTV FWD) sowie der Entgelttarifvertrag für die Arbeitnehmer der DB Fahrwegdienste GmbH (ETV FWD). Im ETV FWD hatten die Tarifparteien im Unternehmen u.a. ein „Tarifgruppenverzeichnis“, eine „Monatsentgelttabelle“ sowie „Erschwerniszulagen“ für die Beschäftigten vereinbart. Vorgaben, wie mit Ersteingruppierung und konkreten Gehaltsfestlegungen innerhalb einer Ebene zu verfahren sei, enthielten die Regelungen nicht.

      Mitte 2013 erfuhr der Betriebsrat, dass die Vergütung eines Beschäftigten an den oberen Rand des Gehaltsbandes angehoben wurde, ohne hierzu den Betriebsrat zu beteiligen. Der Betriebsrat war der Auffassung, ihm stehe ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zu.

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      Das LAG sprach dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht sowohl bzgl. der inhaltlichen Ausgestaltung als auch der Festlegung von Kriterien und Grundsätzen für die Ersteingruppierung und die Änderungen innerhalb eines Gehaltsbandes zu.

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      Wendet man die oben ausgeführten Grundsätze an, handelt es sich bei den vorliegenden Bandbreitenregelungen um ein abstraktes System, nach dem das Arbeitsentgelt für die Belegschaft oder Teile der Belegschaft ermittelt oder bemessen werden soll und damit um einen Entlohnungsgrundsatz. Das Beteiligungsrecht umfasst die inhaltliche Ausgestaltung der Entgeltgruppen nach abstrakten Kriterien einschließlich der abstrakten Festsetzung der Wertunterschiede nach Prozentsätzen oder anderen Bezugsgrößen. Der Aufstellung eines Entlohnungsgrundsatzes steht es nicht entgegen, dass der Arbeitgeber innerhalb der Gehaltsbänder nicht gebunden ist, sondern die Festlegung des konkreten Entgeltes innerhalb der Gehaltsbänder dem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht des Arbeitgebers nach § 315 BGB unterliegt.

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      Bei der Ausfüllung der Gehaltsbänder handelt es sich auch ohne Weiteres um einen kollektiven Tatbestand. Der Regelungsbedarf entspricht gerade dem Zweck des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, Gehaltstransparenz herzustellen. Das Mitbestimmungsrecht beziehe sich nicht auf die konkrete Lohnhöhe, sondern ausschließlich auf die Festlegung der Kriterien, die für die Zuordnung der Arbeitnehmer auf der Breite ihres Gehaltsbandes entscheidend seien.

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      Weiter wird das Mitbestimmungsrecht nicht durch § 77 Abs. 3 BetrVG gesperrt. Die schlichte Regelung des Beginns und des Endes eines Gehaltsbandes für definierte Tarifgruppen schließt das Mitbestimmungsrecht nicht aus.

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      Zusammengefasst lässt sich festhalten, dass – ausweislich der Entscheidung des LAG – dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bei der inhaltlichen Ausgestaltung und der Festlegung von Kriterien für die Ersteingruppierung und für Änderungen/Wandlung in Bezug auf die Breite des Gehaltsbandes zusteht.

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      Es drängt sich die Frage auf, ob der Betriebsrat auch ein Mitbestimmungsrecht hinsichtlich der Aufstellung eines Gehaltsbandes zusteht.

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      Schaut man sich den Wortlaut des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG an, lässt sich eine solche einschränkende Auslegung allerdings nicht erkennen. Nach dieser Vorschrift hat der Betriebsrat mitzubestimmen bei Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere bei der Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung. Wenn unter Entlohnungsgrundsatz nach einhelliger Auffassung die Schaffung eines abstrakten Entgeltsystems verstanden wird, dann muss darunter auch die Erstellung eines Gehaltsbandes subsumiert werden können. Durch die Aufstellung eines Gehaltsbandes wird die Bandbreite von Grundgehalt über weitere Gehaltsbestandteile wie Prämien und sonstige monetäre Leistungen bis zur Obergrenze der Entlohnung für eine Tätigkeit festgelegt. Dabei handelt es sich um nichts anderes als um ein abstraktes Entgeltsystem und damit um einen Entlohnungsgrundsatz. Für diese These spricht auch, dass der Gesetzgeber durch § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG ein umfassendes Mitbestimmungsrecht schaffen wollte, um alle Fragen der betrieblichen Lohngestaltung unter Einschaltung des Betriebsrats regeln zu können.

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       4. Mitbestimmung bei dem Verhältnis zwischen Festvergütung und variabler Vergütung

       a) BAG, Beschluss vom 6.12.1988 – 1 ABR 44/87

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      Zur betrieblichen Lohngestaltung gehöre die Festlegung des Verhältnisses von festen zu variablen Einkommensbestandteilen sowie die Festlegung des Verhältnisses der variablen Einkommensbestandteile untereinander. Zur Gestaltung des Entgeltsystems gehörte nicht allein die Entscheidung, welche Entlohnungsgrundsätze bzw. welche Kombination von Entlohnungsgrundsätzen für die Vergütung maßgebend sein soll, sondern auch, in welchem Verhältnis die einzelnen Gehaltsbestandteile (Gehaltsgrundsätze) stehen sollen, wenn ein kombiniertes Entgeltsystem gewählt wird. Dieses Verhältnis der einzelnen Entgeltbestandteile zueinander berührt die Lohngerechtigkeit, denn hier sind in verschiedenen Beschäftigtengruppen unterschiedliche Interessen zu wahren. Nach Sinn und Zweck des Mitbestimmungsrechts sei davon auszugehen, dass das Mitbestimmungsrecht bei der Festlegung des Verhältnisses der einzelnen Entgeltbestandteile zueinander (Grundgehalt, Provision, Prämie) besteht.

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      Diese Auffassung ist aus zweierlei Erwägungen inkonsequent und abzulehnen:

       – Erstens wird nach Abschluss eines Vergütungssystems die Lohngerechtigkeit erneut in Frage gestellt, wenn es möglich wäre, im Einzelfall höhere Entgelte individualvertraglich zu vereinbaren. So spricht insbesondere der Grundsatz aus § 75 BetrVG, wonach im Verhältnis zwischen Frauen und Männern eine transparente Lohngerechtigtkeit hergestellt werden soll, dafür, dass der Anspruch absolute und vollständige Lohngerechtigtkeit erfassen muss.

       – Zweitens setzt die Rechtsprechung des BAG auf eine partielle Mitbestimmung, die sowohl das Verhältnis zwischen variablem und fixem Entgelt als auch das Verhältnis der Variablen untereinander festlegt. Damit ist stets ein prozentuales Verhältnis von fixem und variablem Gehalt einschränkend vorgegeben, was dem Wortlaut der Nr. 10 des § 87 BetrVG nicht entnommen werden kann. Will der Betriebsrat absolute Beträge der

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