Einsatzrecht - Basisausbildung gehobener Dienst. Patrick Lerm
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Das formelle Strafrecht wird hauptsächlich durch die Strafprozessordnung (StPO) abgebildet. Das Strafgesetzbuch (StGB) und die Strafnebengesetze (BtmG, WaffG, AuslR, etc.). bilden das materielle Strafrecht ab.
Abbildung zur Einteilung des StGB
Das materielle Strafrecht beschreibt die Voraussetzungen der Strafbarkeit von bestimmten menschlichen Verhaltensweisen, die als sozialschädlich angesehen werden und deren Rechtsfolgen. Das StGB wird in einen Allgemeinen Teil (Voraussetzungen der Strafbarkeit) und einen Besonderen Teil (strafbare Handlungen und deren Rechtsfolgen) unterteilt.
Die Strafgesetze in der Übersicht
Im Strafrecht gibt es verschiedene Prinzipien, die zu beachten sind:
■ Analogieverbot: Keine Strafe bei straffreien Verhaltensweisen, die Straftaten ähnlich sind.
■ Bestimmtheitsgebot: Der Bürger muss erkennen können, was verboten ist.
■ Verbot der Doppelbestrafung: Niemand darf wegen derselben Tat zweimal bestraft werden.
■ Rückwirkungsverbot: Für Handlungen in der Vergangenheit dürfen nur die damals geltenden Gesetze angewendet werden.
■ Keine Strafe ohne Gesetz: Man darf nur für durch das Gesetz verbotene Handlungen bestraft werden.
Weitere Prinzipien des deutschen Strafrechts sind:
■ § 3 StGB: Tatortprinzip
■ § 4 StGB: Flaggenprinzip
■ § 5 StGB: Schutzprinzip
■ § 6 StGB: Weltrechtsprinzip
■ § 7 StGB: Weitere Auslandstaten
■ § 8 StGB: Zeit der Tat
■ § 9 StGB: Ort der Tat
Das Strafgesetzbuch unterscheidet zwei Deliktsarten i. S. d. § 12 StGB:
Deliktsarten gemäß § 12 StGB
Maßgebend für die Einstufung ist die im Gesetz angedrohte abstrakte Freiheitsstrafe, nicht die in der Verurteilung festgesetzte Freiheitsstrafe.
Eine Straftat kann durch Tun oder Unterlassen erfolgen. Um eine Straftat zu begehen ist also eine Handlung oder eine Nicht-Handlung erforderlich.
Eine Handlung im strafrechtlichen Sinne ist ein vom Willen getragenes menschliches Verhalten. Verhalten kann durch Tun oder Unterlassen erfolgen.
Wann handelt also jemand im strafrechtlichen Sinne?
Strafrechtliches Handeln liegt vor, wenn jemand seinen Willen einsetzt. Ohne Willen liegt keine Handlung vor. Nur bei völligem Ausschluss des geistigen Steuerungsapparats liegt keine Handlung vor.
Tun | Unterlassen |
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Das Entfalten von – wenn auch nur geringer – Kraft oder körperlicher Aktivität, die in irgendeiner Weise verändernd in die Außenwelt eingreift. | Das Nicht-Entfalten von Aktivität und Nicht-Eingreifen in ablaufende Kausalprozesse. |
Vom Willen getragenes menschliches Verhalten kann folgendermaßen charakterisiert werden:
Übersicht: Vom Willen getragenes menschliches Verhalten |
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■ Offensichtliche Handlung — Das Schlagen eines anderen Menschen.— Das Einschlagen einer Scheibe im Zug.■ Bewegungen im Zustand bloßer Bewusstseinsstörung Verhalten im Rauschzustand (Alkohol, Drogen, etc.).■ Impulsive Handlungen Taten im Affekt.■ Automatisierte Handlungen Überreaktion einer eingeübten Handlung.■ Mit willensbeugender Gewalt Eine andere Person zu einem Verhalten zwingen. |
Diese o. g. Handlungen sind strafbar.
Weiterhin gibt es Handlungen, die nicht vom menschlichen Willen getragen werden.
Übersicht: Vom Willen nicht getragenes menschliches Verhalten |
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■ Bloße Körperreflexe Das Schlagen nach einer Wespe und dabei eine andere Person treffen■ Bewegungen im Zustand der Bewusstlosigkeit Im Rausch krampft der A und tritt dabei aus und trifft den P am Knie.■ Bewegungen im Schlaf oder Krampf Während eines Albtraums schlägt der Ehemann im Bett um sich und trifft die Ehefrau.■ Mit willensausschließender Gewalt A schubst B auf eine andere Person. B verletzt beim Anrempeln die andere Person. |
Bei diesen Handlungen ist eine Strafbarkeit ausgeschlossen, da keine Handlung im eigentlichen Sinne fehlt, da der Wille hierzu nicht vorhanden ist.
Ein weiteres Element im Strafrecht ist die sogenannte Kausalität. Kausalität bedeutet, dass zwischen der Handlung und dem Erfolg der Tat ein kausaler Zusammenhang bestehen muss.
Dies bedeutet, dass ein Ursachenzusammenhang zwischen einer bestimmten Bedingung und einer dadurch – unmittelbar oder mittelbar – bewirkten Folge bestehen muss.
Im Weiteren wird die Äquivalenztheorie betrachtet, obwohl es noch weitere Kausalitätstheorien gibt. Die Äquivalenztheorie meint, dass jede Ursache kausal ist, die den tatbestandlichen Erfolg herbeiführt. Also jeder Vorgang oder jede Handlung, die kausal für einen Sachverhalt ist, so dass der Sachverhalt nicht zustande gekommen wäre, wenn der Vorgang oder die Handlung hinweggedacht werden würde. Verkürzt lässt sich dies auf die Formel „Conditio sine qua non“ herunterbrechen.
► Beispiel: A schlägt den B mit der Faust ins Gesicht. B hat durch den Schlag in das Gesicht ein blaues Auge erhalten. A hat somit eine Körperverletzung gem. § 223 StGB begangen. Denkt man sich den Schlag des A weg (Ursache), so hätte der B auch keine Verletzung (Folge).
Diese Theorie birgt ein Problem in sich:
► Beispiel: Der Vater V schenkt seinen Sohn S ein Cabrio auf den Geburtstag. S gerät bei der ersten Fahrt ins Schleudern und fährt gegen einen Baum. S verstirbt noch am Unfallort.
Folgt man nun strikt der Äquivalenztheorie, so hätte der V tatbestandlich i. S. d. Totschlages gem. § 212 StGB gehandelt. Dieses Problem wird auch „uferlose Weite“ genannt.