Das Baustellenhandbuch Abnahme. Uwe Morchutt
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4.4 Entbehrlichkeit der Abnahme
{Abnahme, Entbehrlichkeit der}
Die Abnahme als Dreh- und Angelpunkt jedes Bauvertrags ist in etlichen Vorschriften des Werkvertragsrechts des BGB a. F. und n. F. sowie der VOB/B enthalten, die für die rechtliche Position des Auftraggebers und des Auftragnehmers von größter Wichtigkeit sind. Deshalb kann und darf auf die Abnahme aus rechtlichen Gesichtspunkten nur in seltenen Ausnahmefällen verzichtet werden.
Eine Abnahme ist damit nur dann nicht erforderlich, wenn der Bauherr wegen unvollständiger oder mangelhafter Leistungen des Auftragnehmers nur noch Geldansprüche (Selbstvornahmekosten, Minderung, Schadensersatz) verlangt. Voraussetzung ist, dass die Werkleistung an den Bauherrn übergeben ist (oder die Übergabe zumindest angeboten wurde) und auch beim Bauherrn verbleiben soll. Weiter muss der Bauherr statt der Fertigstellung oder der Mängelbeseitigung seine Geldansprüche geltend gemacht haben, und wegen der Unvollständigkeit bzw. der Mängel muss eine Abnahme des Werks ausgeschlossen sein, d. h., es darf keine Abnahmepflicht des Auftraggebers bestehen. Diese Konstellation wird häufig nach der Kündigung des Bauvertrags vorliegen, wenn der Bauherr danach vom Auftragnehmer weder die Fertigstellung noch die Mängelbeseitigung verlangt, sondern nur noch Schadenersatz für die Restfertigstellung und für Mängel (BGH, Urteil vom 22.09.2005).
5. Welche Fristen sind bei der Abnahme zu beachten?
Autoren: Dr. Christian Voit, Martin Loderer
Die Abnahme ist der wichtigste formelle Akt bei der Abwicklung eines Bauvertrags. Deshalb spielen bei der Abnahme diverse Fristen eine zentrale Rolle. Voraussetzung jeder Abnahme ist, dass die Arbeiten des Auftragnehmers fertiggestellt sind. Unwesentliche Mängel und geringfügige fehlende Restarbeiten hindern die Abnahmereife nicht. Gleiches gilt für die Teilabnahme hinsichtlich des abzunehmenden Teilgewerks.
5.1 Fristen im BGB-Bauvertrag (alter und neuer Fassung)
{Fristen (BGB)}
Beim BGB-Bauvertrag hat die Abnahme sofort nach der Fertigstellung zu erfolgen. Für den BGB-Bauvertrag enthält § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB a. F. bzw. § 640 Abs. 2 BGB n. F. die wichtigste gesetzliche Regelung zur Abnahme durch Fristablauf:
Setzt der Unternehmer dem Bauherrn eine angemessene Abnahmefrist und reagiert der Bauherr darauf
• | nicht (§ 640 Abs. 1 Satz 3 BGB a. F.) bzw. |
• | nicht oder nicht mit einer Abnahmeverweigerung unter Angabe mindestens eines Mangels (§ 640 Abs. 2 BGB n. F. vgl. Kapitel 2.3), |
gelten die Arbeiten des Unternehmers mit Fristablauf als abgenommen. Eine „angemessene“ Abnahmefrist sollte sich an den 12 Werktagen des § 12 Nr. 1 VOB/B orientieren.
Für Vorbehalte des Auftraggebers innerhalb der Abnahmefrist {Abnahmefrist} gilt: Der Vorbehalt für bekannte Mängel muss nicht zwingend innerhalb der Frist für alle Mängel vollständig erklärt werden. Anders der Vertragsstrafenvorbehalt. Erklärt der Auftraggeber während der Abnahmefrist keinen Vertragsstrafenvorbehalt, verliert er seinen Vertragsstrafenanspruch.
Zur konkludenten Abnahme des Bauherrn durch Bezug des Bauvorhabens geht man beim BGB-Bauvertrag von einer sechswöchigen Prüfungsfrist für den Bauherrn aus. Danach treten die Abnahmewirkungen ein, wenn der Bauherr nicht vorher die Abnahme verweigert. Um seine Rechte nicht zu verlieren, muss der Bauherr innerhalb der Prüfungsfrist zumindest den Vorbehalt für ihm bekannte Mängel und den Vertragsstrafenvorbehalt erklären.
Durch eine bloße technische Abnahme entsteht keine rechtsgeschäftliche Abnahmewirkung. Werden allerdings bei der technischen Abnahme keine wesentlichen Mängel und auch keine erheblichen fehlenden Leistungen festgestellt, sind die Bauleistungen abnahmereif. Schweigt der Auftraggeber auf eine technische Abnahme hin, tritt eine stillschweigende rechtsgeschäftliche Abnahme spätestens nach einem Monat ein. Auch muss der Auftraggeber innerhalb dieser Frist seine Vorbehalte wegen Mängeln und wegen einer Vertragsstrafe erklären.
{Fristen (VOB)}
Die VOB/B enthält über die Regelungen im BGB hinaus weitere Fristen, die für die Abnahme wichtig sind. Ziel der VOB/B ist es, möglichst rasch eine Abnahme herbeizuführen und diese noch dazu gut zu dokumentieren.
5.2.1 Abnahmeverlangen, Fristberechnung und Abnahmeverzug
Die wichtigste Abnahmefrist der VOB/B ist in § 12 Abs. 1 enthalten. Auf das Abnahmeverlangen {Abnahmeverlangen} des Auftragnehmers muss der Auftraggeber die Abnahme innerhalb von 12 Werktagen durchführen, sofern der Bauvertrag keine andere Frist vorsieht. Die Rechtsprechung hat in einem Bauvertrag die Verlängerung der Abnahmefrist von 12 Werktagen auf 24 Werktage für zulässig erklärt.
Wie der Auftraggeber nach dem Abnahmeverlangen die Abnahme durchzuführen hat, darüber sagt § 12 Abs. 1 VOB/B nichts aus. Es kommen alle Abnahmeformen (ausdrücklich, förmlich oder konkludent) in Betracht, außer den fiktiven Abnahmen des § 12 Abs. 5 VOB/B; die fiktive Abnahme nach § 12 Abs. 5 VOB/B setzt nämlich voraus, dass gerade keine Abnahme vorher verlangt wurde. Versäumt der Auftraggeber die Abnahmefrist, dann treten über § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB a. F. bzw. § 640 Abs. 2 BGB n. F., die auch im VOB-Bauvertrag gelten, die Abnahmewirkungen ein.
Für die Fristberechnung {Fristberechnung} nach Werktagen gilt, dass Samstage innerhalb der Frist mitzählen (§ 11 Abs. 3 VOB/B). Fällt der letzte Tag der Frist auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag, endet die Frist erst am darauffolgenden Werktag (§ 193 BGB).
Kommt der Bauherr dem Abnahmeverlangen des Unternehmers nicht nach, liegt Abnahmeverzug {Abnahmeverzug} (auch Annahmeverzug oder Gläubigerverzug genannt) vor. Die Wirkungen des Abnahmeverzugs haben praktisch nur noch geringe Bedeutung: Hat der Auftragnehmer dem Auftraggeber eine Abnahmefrist gesetzt, wird der Abnahmeverzug lediglich für den Zeitraum vom Zugang der Abnahmeaufforderung beim Auftraggeber bis zum Fristablauf relevant. Danach treten die Abnahmewirkungen aus § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB a. F. bzw. § 640 Abs. 2 BGB n. F. ein. Der Anwendungsbereich des Abnahmeverzugs verengt sich damit auf den BGB-Bauvertrag, bei dem der Auftragnehmer zwar die Abnahme verlangt, aber – aus welchen Gründen auch immer – hierfür keine Frist setzt. In diesen Fällen gerät der Auftraggeber (auch ohne sein Verschulden) in Gläubigerverzug (§§ 293 ff. BGB). Der Gläubigerverzug führt dazu, dass
• | die Gefahr der zufälligen Beschädigung oder Zerstörung der Bauleistungen auf den Auftraggeber übergeht (§ 644 Abs. 1 Satz 2 BGB), |
• |
der Auftragnehmer nur noch für
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