Recht des geistigen Eigentums. Thomas Ahrens
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Abb. 2: Internationaler Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (ausgewählte wichtige internationale und europäische Rechtsgrundlagen)
§ 5 Kategorien und Systematik des geistigen Eigentums
I. Zentrale Kategorien geistigen Eigentums
Wie bereits dargelegt (s.o. § 1 II.; § 2 IV.), hat der Gesetzgeber nicht alle Ergebnisse geistiger Schaffenstätigkeit in den Kreis der geschützten Güter aufgenommen. Vielmehr ist der durch die Gesetze zum Schutz des geistigen Eigentums gewährte Schutz im Sinne eines numerus clausus auf bestimmte Kategorien von SchaffensergebnissenKategorie geistiger Schaffensergebnisse, die bei Vorliegen der jeweils gesetzlich bestimmten materiellen und ggf. formellen Schutzvoraussetzungen als Rechtsobjekte Anerkennung finden, beschränkt.1 Das heißt, überall dort, wo immaterialgüterrechtlicher SchutzImmaterialgüter-rechtlicher Schutz durch die Rechtsordnung anerkannt ist, knüpft dieser an bestimmten Kategorien geistiger Schaffensergebnisse und deren jeweiliges Wesen an. Das Wesen der immaterialgüterrechtlich geschützten geistigen Güter ist dabei jedoch nicht nur für deren kategoriale Abgrenzung – etwa als technische Erfindung oder Werk im Sinne des UrheberrechtUrheberrechts – maßgeblich, sondern darüber hinaus insbesondere auch bestimmend für die normativ-rechtliche Ausgestaltung der jeweiligen rechtlichen Schutzinstrumentarien. Das heißt, dass die sondergesetzlichen Regelungen über das „Ob“ und das „Wie“ des Schutzes jeweils dem Wesen der einzelnen Rechtsobjekte angepasst sind.2 Für ein tiefergehendes Verständnis des rechtlichen Systems zum Schutz des geistigen Eigentums, wie es durch die verschiedenen Sondergesetze des Immaterialgüterrechts gebildet wird, seiner jeweiligen Regelungsmechanismen und der darin zu Tage tretenden gesetzgeberischen Wertungen ist es daher unverzichtbar, sich im Rahmen der Erschließung der Grundlagen dieses Rechtsgebietes auch das Wesen der zentralen Kategorien schöpferischer Leistungsergebnisse zu vergegenwärtigen.3 Das Abstellen auf die Ergebnisse schöpferischer Leistung trägt dabei dem Umstand Rechnung, dass das Immaterialgüterrecht nicht an den menschlichen Schaffensprozess an sich – sei es etwa die Erfindertätigkeit des Ingenieurs oder den persönlich-geistigen Schöpfungsvorgang des Urhebers (z.B. Autors, Komponisten) –, sondern an das Ergebnis des Schaffens selbst – also etwa die technische Erfindung oder das Werk des Urhebers (z.B. den Roman, die Komposition) – anknüpft; denn erst in diesem Ergebnis entfaltet sich der Wert des Schaffens.4 Ausgehend von einem Begriff „schöpferischer Leistung“ im weitesten Sinne lassen sich die folgenden, für das Verständnis der wichtigsten Immaterialgüterrechte bedeutsamen Kategorien unterscheiden:5
Kategorie 1: Ergebnisse, die in der Entdeckung einer Realität bestehen, die in der Natur oder Gesellschaft zwar vorhanden, jedoch bisher noch nicht bekannt waren.
Kategorie 2: Ergebnisse, die in der Lösung eines Problems bestehen, die zwar durch die objektiven Realitäten vorbestimmt, als Lösung jedoch neu sind.
Kategorie 3: Ergebnisse, die in der Schaffung eines neuen Gutes bestehen, das ein persönlicher, d.h. individueller Ausdruck des Schaffenden ist.
II. Ergebnisse, die in der EntdeckungEntdeckung einer Realität bestehen
1. Entdeckungen
Mit dieser Kategorie geistigen Schaffens sind insbesondere die Ergebnisse menschlicher Leistung angesprochen, die dieser durch die Erforschung der Natur erlangt. Unter einer Entdeckung versteht man die Auffindung oder Erkenntnis bisher unbekannter, aber objektiv in der Natur schon vorhandener Gesetzmäßigkeiten, Wirkungszusammenhänge, Eigenschaften oder Erscheinungen.1 Obgleich Entdeckungen häufig auf langwieriger, mühevoller Forschungsarbeit beruhen und insoweit das Ergebnis großer Leistungen darstellen, denen zudem eine grundlegende wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung zukommt, werden sie nach ausdrücklicher patentrechtlicher Bestimmung (vgl. § 1 Abs. 3 Nr. 1 PatG; Art. 52 Abs. 2 (a) EPÜ) nicht als Erfindungen im Sinne des Patentrechts angesehen und sind damit „als solche“ (§ 1 Abs. 4 PatG; Art. 52 Abs. 3 EPÜ) vom Patentschutz ausgeschlossen. Diesem ausdrücklichen Ausschluss der Entdeckungen kommt jedoch nur eine klarstellende Bedeutung zu. Ihre mangelnde Patentierbarkeit folgt bereits aus der Definition der dem Patentschutz allein zugänglichen technischen Erfindung als LehreLehretechnisches Handeln zum technischen Handeln, d.h. – nach der Definition der Rechtsprechung des BundesgerichtshofesBundesgerichtshof (BGHBGH)2 – einer Lehre „zur planmäßigen Benutzung beherrschbarer Naturkräfte außerhalb der menschlichen Verstandestätigkeit zur unmittelbaren Herbeiführung eines kausal übersehbaren Erfolges“. Während also für die Erfindung ein praktisches Zweckmoment charakteristisch ist, das darin zu erblicken ist, dass eine praktische Anwendungsmöglichkeit gegebener Naturkräfte oder Naturstoffe gelehrt wird, erschöpft sich die Entdeckung in der Vermittlung reiner Erkenntnis ohne die Angabe eines praktischen Zwecks.3 Der Unterschied zwischen einer Entdeckung und einer Erfindung lässt sich danach so umschreiben, dass die Entdeckung die Natur beschreibt, die Erfindung hingegen sich ihrer zum technischen Handeln bedient.4
2. Die Begründung der mangelnden Patentierbarkeit
Die insoweit gegebene Beschränkung des Patentschutzes auf den Bereich der technischen Erfindungen unter Ausschluss der Entdeckungen als bloße Erkenntnisse vom Anwendungsbereich des Patentschutzes wird zunächst damit begründet, dass die Entdeckung – anders als die Erfindung, die den Bestand der in der Welt vorhandenen geistigen Güter durch eine neue LehreLehre vermehre – lediglich etwas über das bereits Bestehende Aussage, ohne es zu vermehren.1 Gegen eine zeitweise Monopolisierung ergäbe sich insoweit das Bedenken, dass etwas schon Vorhandenes dem allgemeinen Gebrauch vorenthalten würde. Als weiterer, letztlich entscheidender Grund für die PatentPatent-unfährigkeitunfähigkeit von Entdeckungen wird jedoch geltend gemacht, dass ein PatentanspruchAnspruchPatent für eine wissenschaftliche Entdeckung infolge seiner Breite die gesamte darauf beruhende technische Entwicklung sperren und damit die Gefahr einer erfindungs- und fortschrittshindernden Wirkung begründen würde.2
3. Entdeckung als Grundlage eines PatentPatentGrundlages