Deutsche und Europäische Juristen aus neun Jahrhunderten. Группа авторов

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(von Hegel beeinflußt). Demgegenüber bildete sich in England schon früh im 19. Jahrhundert eine positivistische „analytische“ Rechtstheorie aus (→ BenthamBentham, Jeremy (1748–1832), → Austin, im 20. Jahrhundert vor allem Hart), während der deutsche Rechtspositivismus erst im 20. Jahrhundert eine repräsentative Darstellung in → KelsensKelsen, Hans (1881–1973) „Reiner Rechtslehre“ fand. Eine Wiederbelebung der idealistischen Rechtsphilosophie versuchte der Neukantianismus der Marburger (→ StammlerStammler, Rudolf (1856–1938)) und Heidelberger (→ RadbruchRadbruch, Gustav (1878–1949)) Richtung, später tritt konkurrierend ein Neugelianismus (Erich Kaufmann, Binder, Larenz) hinzu. An → RadbruchRadbruch, Gustav (1878–1949) orientierte sich die Naturrechtsrenaissance nach dem 2. Weltkrieg.

      Auch die Rechtsgeschichte im modernen Sinn beginnt eigentlich erst mit den Gründern und Anhängern der historischen Schule. Für die römische Rechtsgeschichte wurden → HugosHugo, Gustav (1764–1844) (vorjustinianische Zeit) und → SavignysSavigny, Friedrich Carl v. (1779–1861) (Mittelalter) Arbeiten grundlegend; für die deutsche Rechtsgeschichte → EichhornsEichhorn, Karl Friedrich (1781–1854) (Staats- und Rechtsgeschichte) und → Jacob GrimmsGrimm, Jacob (1785–1863) (Rechtsaltertümer) Werke. Jedoch war das Verhältnis der |12|historischen Schule zur Rechtsgeschichte etwas ambivalent, da sie zwar Rechtsgeschichte als unerläßlich zum Verständnis des gegenwärtigen Rechts ansah, andererseits aber gerade dieses praktische Interesse der reinen historischen Erkenntnis gefährlich werden konnte. So liegt der Höhepunkt der rechtshistorischen Forschung des 19. Jahrhunderts erst in der zweiten Jahrhunderthälfte, als für die Erkenntnis des geltenden Rechts der historische Gesichtspunkt zurückgetreten war. Für die römische Rechtsgeschichte stehen hier die Arbeiten → MommsensMommsen, Theodor (1817–1903) und seiner Schüler im Zentrum; ein bedeutender Nachfolger auf mediävistischem Gebiet war → KantorowiczKantorowicz, Hermann (1877–1940). Im deutschen Recht hatten Heinrich Brunners „Deutsche Rechtsgeschichte“ und → GierkesGierke, Otto v. (1841–1921) „Genossenschaftsrecht“ besondere Bedeutung. Als auch äußerlich selbständige Wissenschaft etablierte sich etwas später die Kirchenrechtsgeschichte (Stutz). Im europäischen Kontext ragen wohl vor allem die englischen Rechtshistoriker → MaineMaine, Sir Henry James Sumner (1822–1888), der „Altmeister der vergleichenden Rechtswissenschaft“ (Ehrlich), und → MaitlandMaitland, Frederic William (1850–1906) heraus.

      In der Behandlung ihres Stoffes sind z.B. Brunner, aber auch → MommsenMommsen, Theodor (1817–1903) durchaus mit den zeitgenössischen Bearbeitern des geltenden Rechts zu vergleichen: Das Bestreben geht auf eine „juristische“ Rechtsgeschichte, in der vor allem die Formen des positiven Rechts sorgfältig herausgearbeitet werden. Die soziologische Welle hat aber auch, wenngleich ziemlich verspätet und durch die allgemeine Geschichtswissenschaft vermittelt, die Rechtsgeschichte erreicht.

       [Zum Inhalt]

      |13|AccursiusAccursius (um 1185–1263)

      (1181/85–1259/63)

      Der Verfasser der Glossa ordinaria, des mittelalterlichen Standardkommentars zum Corpus iuris civilis schlechthin, wurde zwischen 1181 und 1185 in Bagnolo bei Florenz geboren und stammte wahrscheinlich aus einer Bauernfamilie. Neben der heute gebräuchlichen Namensform finden sich die Schreibweisen Acurius und Accursus; die in jüngeren Quellen angeführten Vor- bzw. Beinamen Franciscus, Bonus, Azo und Azoninus sind ohne historische Grundlage. Von A.s Selbstbewußtsein zeugt die von ihm selbst stammende Erklärung, sein Name bringe zum Ausdruck, daß er der Dunkelheit des Rechts entgegengetreten sei und ihr abgeholfen habe (nomen meum, scilicet Accursii: quod est honestum nomen, dictum quia accurrit et succurrit contra tenebras juris civilis). Er studierte in Bologna u.a. bei Jacobus Balduini, vor allem aber bei → AzoAzo (vor 1190–1220) Zivilrecht und nahm dort einige Jahre vor 1220 – seine Promotion zum doctor legum wird frühestens auf das Jahr 1213 angesetzt – seine Lehrtätigkeit auf. Daneben war er, wie seine Kollegen, auch in der Praxis tätig. Ob er allerdings – wie jüngere Quellen berichten – 1252 Assessor des Bologneser Podestá war, ist umstritten. A. stand schon bald nach Aufnahme seiner Lehrtätigkeit in hohem Ansehen und kam zu beträchtlichem Vermögen. Sein ehemaliges Stadthaus ist heute Teil des Bologneser Palazzo Communale. Des weiteren gehörte ihm die Villa Ricardina in der Umgebung Bolognas mit ausgedehnten Ländereien. Seinen Reichtum soll er u.a. durch Wuchergeschäfte mit Studenten und durch Annahme von Geschenken in Prüfungsverfahren erworben haben. Ob dies zutrifft und inwieweit ein solches Verhalten lediglich dem damals Üblichen entsprach, bedarf noch näherer Prüfung. A. war zweimal verheiratet und hatte vier Söhne, von denen drei, der aus erster Ehe stammende Franciscus (1225–1293) sowie Cervottus (um 1240 – vor 1287) und Guilelmus (1246 – vor 1314), gleichfalls doctores legum wurden. Insbesondere Franciscus gelangte als Bologneser Rechtslehrer und zeitweiliger (1273–1281) Berater Eduards I. von England zu ähnlicher Berühmtheit wie sein Vater. Neben ihm gehörten Vincentus Hispanus sowie zeitweise vielleicht auch Odofredus und Sinibaldus Fiesco, der spätere Innozenz IV., zu A.s Schülern. In seinen letzten Lebensjahren zog A. sich vom Lehrbetrieb und öffentlichen Leben zurück – wahrscheinlich in seine Villa Ricardina –, um sich ungestört seinem Lebenswerk widmen zu können. Das genaue Datum seines Todes ist unbekannt. Zwei Bologneser Chroniken aus der |14|zweiten Hälfte des 14. Jh. geben 1260 als Todesjahr an, andere Quellen nennen teils frühere, teils spätere Jahre. Für das Jahr 1260 spricht, daß A. letztmals im Jahr 1259 in der Matrikel der societas Tuscorum erscheint und in einer Urkunde vom 3. Mai 1263 als verstorben angeführt wird. Die These → KantorowiczKantorowicz, Hermann (1877–1940), A. habe seine letzten Jahre in Bagnolo verbracht und sei 1253 in Florenz gestorben, beruht auf einer Verwechslung mit Accursius Reginus. A.s Grabmal befindet sich in Bologna (heute vor der Basilica S. Francesco); nach übereinstimmender Aussage der Quellen ist er 78, nach einer vereinzelten Überlieferung 75 Jahre alt geworden.

      Die Glossa ordinaria ist mit ihren 96940 Glossen der umfangreichste Glossenapparat (→ AzoAzo (vor 1190–1220), → IrneriusIrnerius (vor 1100–1125)) zu allen Teilen des Corpus iuris civilis, einschließlich der Libri feudorum, den die Glossatorenschule hervorgebracht hat. Mit ihm findet sie ihren Abschluß. Neue Apparate sind nicht mehr geschrieben und die vorangegangenen von der Glossa ordinaria derart in den Hintergrund gedrängt worden, daß mit dem Begriff „Glosse“ schon bald A.s Kommentierung identifiziert wurde. Seit der zweiten Hälfte des 13. Jh. wurde sie zusehends zum Lehr- und Forschungsgegenstand (Kommentatoren → BartolusBartolus de Saxoferrato (1313/14–1357), → BaldusBaldus de Ubaldis (1319/27–1400)) und schließlich an Universitäten und in der Praxis zum Ausgangspunkt jeder Auslegung des Corpus iuris. Nach den Statuten einiger Städte kam ihr sogar Gesetzesrang zu. Für die Rezeption des römischen Rechts in Europa hatte sie insofern entscheidende Bedeutung, als sie entsprechend der Regel „Quicquid non agnoscit glossa, non agnoscit curia“ (Was die Glosse nicht anerkennt, erkennt das Gericht nicht an) vielerorts und z.T. bis in das 17. Jh. den Umfang des geltenden gemeinen Rechts bestimmte. Erst mit dem Aufkommen des Humanismus zu Beginn der Neuzeit und der von ihm propagierten Rückbesinnung auf das Corpus iuris civilis selbst (→ AlciatusAlciatus, Andreas (1492–1550), → ZasiusZasius, Ulrich (1461–1535), → CujasCujas, Jacques (Cuiacius, Jacobus) (1520–1590)) trat der Einfluß der Glossa ordinaria allmählich zurück.

      Der einzigartige Erfolg der accursischen Glosse wird heute im wesentlichen darauf zurückgeführt, daß sie eine, wenngleich nicht in sich völlig widerspruchsfreie, insgesamt jedoch einheitliche Kommentierung des Corpus iuris liefert, die mehr als die früheren – eher für den akademischen Unterricht konzipierten – Apparate auf die Bedürfnisse der Praxis zugeschnitten ist, insbesondere wohl auch, weil sie in stärkerem Maße als ihre Vorläufer Probleme nicht nur aufwirft, sondern auch Lösungen anbietet. Unübertroffen sind zudem bis heute die Nachweise

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