Deutsche und Europäische Juristen aus neun Jahrhunderten. Группа авторов

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er Professor in Ferrara; ab 1546 lehrt er wieder in Pavia; dort stirbt A. in der Nacht vom 11. auf den 12.1.1550.

      Der italienische Renaissancejurist A. gilt als Begründer der humanistischen Jurisprudenz in ihrer philologisch-historischen Ausrichtung, und damit der Methodik, die später als mos Gallicus bezeichnet worden ist. Bis zu A.s Zeit genossen die Glossatoren und vor allem die Kommentatoren das höchste Ansehen in der Rechtswissenschaft; die Werke etwa eines → BartolusBartolus de Saxoferrato (1313/14–1357) oder eines → BaldusBaldus de Ubaldis (1319/27–1400) waren wichtiger geworden als die eigentliche Rechtsquelle, das Corpus iuris civilis. A., „der Überwinder des Bartolismus“ (Schlosser), setzte sich, wie auch → BudaeusBudaeus, Guilelmus (Guillaume Budé) (1467–1540) und → ZasiusZasius, Ulrich (1461–1535), kritisch mit dieser traditionellen Methode, dem später so genannten mos Italicus, auseinander und versuchte, sein reiches Wissen in der lateinischen und griechischen Sprache und auf dem Gebiet der antiken Kultur für eine humanistische Erneuerung der Jurisprudenz nutzbar zu machen. Im Mittelpunkt stand für ihn die textkritische Bearbeitung und, wo es nötig war, die genaue Rekonstruktion der Rechtsquellen des römischen Rechts; so unternahm A. beispielsweise in seinen „Dispunctiones“ den Versuch, die ursprünglich griechischen Einschübe in den Digesten wieder vom Lateinischen ins Griechische zurückzuübersetzen.

      Ein weiteres Verdienst A.s ist es, daß er Literaturtypen, die bis dahin vor allem außerhalb der Rechtswissenschaft zu finden waren, auch für die Jurisprudenz fruchtbar gemacht hat. In der juristischen Literatur herrschte zu jener Zeit der Kommentar vor. Mit seinen Werken „Annotationes“, „Paradoxa“, „Dispunctiones“ und „Praetermissa“ führte A. demgegenüber „offene Formen“ (Troje) in die juristische Literatur ein.

      Die Bedeutung von A.s philologisch-historischer Arbeitsweise lag vor allem in der Entwicklung einer neuen Methodik zur Bearbeitung der Rechtsquellen, während die Ergebnisse dieser textkritischen Forschungen selbst schnell überholt waren. Auf welche Quellen A. seine Forschungsergebnisse stützte, ist bis heute nicht völlig geklärt. Als sicher gilt, daß er zum Original der wichtigsten Digestenhandschrift, der in Florenz aufbewahrten „Florentina“, keinen Zugang hatte. Er selbst beruft sich in seinen „Dispunctiones“ auf einen „vetus codex digestorum“, dessen Existenz aber immer wieder in Frage gestellt wurde, so z.B. von → Savigny. OslerSavigny, Friedrich Carl v. (1779–1861) vertritt die Auffassung, A. habe Zugang zu einer Kopie der „Florentina“ gehabt.

      Welche Wertschätzung A. bereits zu seinen Lebzeiten genoß, läßt sich z.B. daraus ablesen, daß er gemeinsam mit → BudaeusBudaeus, Guilelmus (Guillaume Budé) (1467–1540) und → ZasiusZasius, Ulrich (1461–1535) |19|zum „Triumvirat“ (Cantiuncula) der führenden europäischen Juristen gezählt wurde. Sein Ruhm gründete sich aber zu einem großen Teil auch auf seine Lehrtätigkeit. Der Höhepunkt der Universitätslehrerlaufbahn war während der Jahre in Bourges erreicht. Dorthin kamen auch Johann Calvin und Franz I., um den berühmten Italiener zu hören. Nach seiner Rückkehr an verschiedene italienische Universitäten stieß A. mit seiner neuen Methodik im noch ganz der Tradition verhafteten Italien auf weniger Verständnis als in Frankreich.

      A. hat über 700 Rechtsgutachten verfaßt, die allerdings erst nach seinem Tode veröffentlicht worden sind. Besonders erwähnenswert ist ein Gutachten, das A. im Zusammenhang mit seiner Mailänder Anwaltstätigkeit in einem Hexenprozeß erstattet hat. Darin kritisierte er die „Hexenschnüffelei“ eines „Ketzermeisters“ (v. Moeller), ohne aber die Hexenverfolgung grundsätzlich abzulehnen.

      Im übrigen beschäftigte sich der Humanist A. nicht nur mit der Jurisprudenz, sondern ist auch auf anderen Gebieten durch Veröffentlichungen hervorgetreten, etwa durch seine „Emblemata“ und das Lustspiel „Philargyrus“. In seiner „Epistola contra vitam monasticam“ übte er Kirchenkritik. Obwohl seine Kritik in die gleiche Richtung ging wie die Martin Luthers, schloß sich A. nicht dessen Lehren an; in dieser Hinsicht war er noch zu sehr dem traditionellen System verpflichtet (Barni).

      Hauptwerke: Annotationes in tres posteriores Codicis Iustiniani libros, 1515. – Paradoxa iuris civilis, 1518. – Dispunctiones, 1518. – Praetermissa, 1518. – De verborum significatione, 1530. – Emblemata, 1531. – Parerga, 1538. – Contra vitam monasticam ad Bernardum Mattium epistola, 1695 (Erstveröffentlichung). – Opera omnia, 1547–1551 (weitere Ausgaben: 1557/58 (Nachdruck 2004), 1571, 1582, 1616/17).

      Literatur: G. Barni: Andrea Alciato, giureconsulto milanese e le idee della Riforma protestante, in: Rivista di storia del diritto italiano 21 (1948), 169–209. – E. Cortese: Le grandi linee della storia giuridica medievale, 22002, 403–405. – P.M. Daly: Andrea Alciato in England: aspects of the reception of Alciato’s emblems in England, 2013. – H. de Giacomi: Andreas Alciatus, 1934. – M. Gilmore: Humanists and Jurists, 1963. – A. Grimaldi: Oratio funebris (hrsg. v. Green), 1871. – J.F. Jugler: Andreas Alciat, in: J.F. Juglers Beyträge zur juristischen Biographie, Teil 3, 1777, 14–43. – G. Kisch: Erasmus und die Jurisprudenz seiner Zeit, 1960, 304–316. – J. Köhler: Der „Emblematum liber“ von Andreas Alciatus (1492–1550), 1986. – S. Langer: Rechtswissenschaftliche Itinerarien, 2000, 114–117 u. 149–157. – K. Luig: Staat und Recht in den Emblemen von Andrea Alciato (1492–1550), in: FS f. B. Großfeld, 1999, 727–744. – D. Maffei: Gli inizi dell’umanesimo giuridico, 1956. – G. Mazzuchelli: Alciati, in: ders.: Gli scrittori d’Italia I.1, 1749, 354–371. – J.G. Meusel (Hrsg.): Anekdoten von dem Rechtsgelehrten Andreas Alciat, von der Verfassung der italiänischen Universitäten und von der Ungezogenheit der italiänischen Studenten im XVI. |20|Jahr hundert, in: Johann Georg Meusels historisch-litterarisch-biographisches Magazin, Stück 2, 1790, 104–112. – E. v. Moeller: Andreas Alciat, 1907. – D. Osler: Graecum legitur: A star is born, in: Rechtshistorisches Journal 2 (1983), 194–203. – Ders.: Developments in the text of Alciatus Dispunctiones, in: Ius Commune 19 (1992), 219–235. – Ders.: Andreas Alciatus (1492–1550) as philologist, in: A Ennio Cortese III (2001), 1–7. – J. Otto: Zwang zur Ehe, Andreas Alciat (1492–1550) und die klandestine Ehe, Diss. jur. Frankfurt a.M., 1987. – Ders.: Einleitung, in: A. Alciatus: Opera Omnia, 2004, VII-L. – V. Piano Mortari: Pensieri di Alciato sulla giurisprudenza, in: Studia et documenta historiae et iuris 33 (1967), 210–220. – B. Podestà: Andrea Alciati lettore nello studio di Bologna anni 1537–41, in: Archivio giuridico 3 (1869), 347–355; 4 (1869), 199–208; 11 (1873), 84–92. – A. u. S. Rolet (Hrsg.): André Alciat (1492–1550) un humaniste au confluent des savoirs dans l’Europe de la Renaissance, 2014. – F. Schaffstein: Zum rechtswissenschaftlichen Methodenstreit im 16. Jahrhundert, in: FS f. H. Niedermeyer, 1953, 195–214. – H. Schlosser: Grundzüge der neueren Privatrechtsgeschichte, 102005, 47 u. 71. – Società Storica Comense: Andrea Alciato umanista europeo, in: Periodico della Società Comense LXI (1999), 5–114. – H.E. Troje: Graeca leguntur (= Forsch. z. neueren Privatrechtsgesch. 18), 1971, 217–232. – Ders.: Zur humanistischen Jurisprudenz, in: FS f. H. Heimpel Bd. 2, 1972, 110–139. – Ders.: Alciats Methode der Kommentierung des „Corpus iuris civilis“, in: Der Kommentar in der Renaissance, hrsg. v. A. Beck und O. Herding (= Deutsche Forschungsgemeinschaft Kommission für Humanismusforschung, Mitteilung I), 1975, 47–61. – P. Vaccari: Andrea Alciato, in: Scritti in memoria di A. Giuffrè Bd. 1, 1967, 829–857. – P. Viard: André Alciat, 1926. – Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste (hrsg. v. J.G. Ersch und J.G. Gruber) I. 2 (1818), 418f. (Spangenberg). – DBGI I (2013), 29–32 (A. Belloni u. E. Cortese). – DBI II (1960), 69–77 (R. Abbondanza). – HRG2 I (2008), 139f. (A. Belloni). – Jur., 27–29 (J. Otto). – Jur.Univ. II, 147–150 (R.Rodriguez-Ocaña). – Bibliographie in: DBI II, 76f.

      A. Krauß

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