Strafrecht Besonderer Teil III. Sabine Tofahrn
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Wesentliches Merkmal dieses „Rennens gegen sich selbst“ ist, dass es „mit nicht angepasster Geschwindigkeit“ gefahren wird und der Täter dabei grob verkehrswidrig und rücksichtslos (zu den Definitionen s. Rn. 59 und 61) handelt
JURIQ Klausurtipp
Der Gesetzgeber hat hier also die „8. Todsünde“ geregelt. Ob das Tatbestandsmerkmal der Rücksichtslosigkeit ein objektives oder subjektives ist, ist streitig. Wir prüfen es in diesem Skript als nähere Beschreibung der Tathandlung im objektiven Tatbestand. Sie können es aber auch genauso gut im subjektiven Tatbestand prüfen. Den Aufbau müssen Sie nicht begründen.
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Die nicht angepasste Geschwindigkeit bestimmt sich nach der in § 3 Abs. 1 StVO normierten Grundregel, wonach ein Kraftfahrzeugführer „…nur so schnell fahren (darf), dass das Fahrzeug ständig beherrscht wird.“ Geschwindigkeitsbegrenzungen sind nur ein Indiz. Mit zu berücksichtigen sind auch die Straßen,- Sicht- und Witterungsverhältnisse.[18]
Beispiel
A fährt bei Glatteis und dichtem Nebel innerstädtisch mit den eigentlich auf dieser Straße erlaubten 50 km/h, um sein fahrerisches Können und die Straßenlage seine Autos auszutesten. Obwohl er die zulässige Höchstgeschwindigkeit eingehalten hat, ist die Geschwindigkeit nicht angepasst, so dass jedenfalls der objektive Tatbestand verwirklicht ist. Ob A sich auch gem. § 315d Abs. 1 Nr. 3 strafbar gemacht hat, bestimmt sich nun nach dem subjektiven Tatbestand.
3. Subjektiver Tatbestand
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Gem. § 15 muss der Täter vorsätzlich handeln, wobei dolus eventualis ausreicht.
In Bezug auf die Rücksichtslosigkeit sowie die grobe Verkehrswidrigkeit bei § 315d Abs. 1 Nr. 3 ist es nicht erforderlich, dass der Täter sein Verhalten selbst als grob verkehrswidrig und rücksichtslos wertet. Er muss nur die Tatsachen kennen, aus denen diese Wertung abzuleiten ist.[19]
Bei § 315d Abs. 1 Nr. 3 muss der Täter aber über den Vorsatz hinaus noch die Absicht (dolus directus 1. Grades) haben, „eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen“.
Beachten Sie, dass es hier nur auf die Vorstellung des Täters ankommt. Es ist mithin nicht erforderlich, dass der Täter diese Geschwindigkeit tatsächlich erreicht, es reicht aus, wenn er sie erreichen wollte. Tatsächlich ist aber eine hohe Geschwindigkeit ein Indiz für diese Vorstellung.
Da der Gesetzgeber mit dieser Absicht dem Renncharakter des Verhaltens Ausdruck verleihen möchte, ist es wichtig, dass das Erzielen der Höchstgeschwindigkeit das Hauptziel des Täters ist. Ist es nur ein Zwischenziel zur Erreichung des eigentlichen Zwecks, scheidet eine Strafbarkeit gem. § 315d Abs. 1 Nr. 3 aus.
Beispiel
A hat einen Banküberfall begangen und ist nun auf der Flucht vor der Polizei, die ihm dicht auf den Fersen ist. Um zu entkommen, fährt er so schnell wie es sein Fahrzeug zulässt.
Hier will A kein „Rennen gegen sich selbst“ fahren, sondern vor allem der ihn verfolgenden Polizei entkommen. Von daher fehlt ihm die entsprechende Absicht.
2. Teil Straßenverkehrsdelikte › F. Verbotene Kraftfahrzeugrennen, § 315d › III. Qualifikation, § 315d Abs. 2
III. Qualifikation, § 315d Abs. 2
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§ 315d Abs. 2 ist eine Qualifikation zu Abs. 1 Nr. 2 und 3. Der Täter muss hier durch die Teilnahme am Rennen oder durch das „Rennen gegen sich selbst“ eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben eines anderen Menschen oder für eine Sache von bedeutendem Wert geschaffen haben. Abs. 2 ist also dem § 315c Abs. 1 nachgebildet. Alle Probleme, die wir dort kennen gelernt haben, können in einer Klausur auch hier – sowie teilweise auch in § 315d Abs. 5 – auftreten. Da wir uns damit bereits beschäftigt haben, dienen die nachfolgenden Ausführungen nur der Wiederholung:
Zunächst müssen Sie prüfen, ob die verursachte Gefahr eine „konkrete“ Gefahr ist, also ein Zustand, bei dem es nur noch vom rettenden Zufall abhängt, ob die Gefahr in einen Schaden umschlägt.
Diese Gefahr muss für einen „anderen“ bestanden haben. Hier stellt sich – wie bei § 315c Abs. 1 und i.ü. auch bei den Brandstiftungsdelikten – die Frage, ob anstiftende oder beihelfende Beifahrer, die durch einen Beinahe-Unfall gefährdet wurden, andere sein können. Dies ist streitig, lesen Sie hierzu bitte noch einmal unter den Rn. 32, 62, 200.
Das Auto als Tatmittel ist, auch wenn es nicht im Eigentum des Täters steht, nicht geschützt.
Die Gefahr muss „durch“ die Tathandlung des Grunddelikts entstanden sein. Zu prüfen sind also Kausalität und der gefahrspezifische Zusammenhang. Letzterer kann problematisch sein, wenn der Beifahrer sich in Kenntnis des Risikos eines Rennens in das Auto setzt. Ebenso wie bei § 315c Abs. 1 müssen Sie dann eine eigenverantwortliche Selbstgefährdung ansprechen, die aber meist abzulehnen sein wird, da der Beifahrer in der Regel keine Tatherrschaft hat.
Sofern Sie die eigenverantwortliche Selbstgefährdung ablehnen, müssen Sie nachfolgend in der Rechtswidrigkeit klären, ob nicht eine rechtfertigende Einwilligung des Beifahrers denkbar wäre (lesen Sie auch hierzu erneut Rn. 65). § 315d Abs. 1, 2 schützt zum einen die Sicherheit des Straßenverkehrs und zum anderen die Individualrechtsgüter Leib, Leben, Eigentum. Ebenso wie bei § 315c Abs. 1 kann vertreten werden, dass aufgrund des Universalrechtsguts eine Einwilligung nicht möglich ist. Denkbar wäre aber auch, ebenso wie bei § 315c Abs. 1, den Erfolgsunwert der Gefährdung von Leib oder Leben über die Einwilligung entfallen zu lassen und den Erfolgsunwert, der in der Gefährdung der Sicherheit des Straßenverkehrs liegt, über § 315d Abs. 1 zu bestrafen.[20]
Der Vorsatz des Täters muss sich nicht auf einen Schaden, sondern nur auf die konkrete Gefahr beziehen. Fehlt der Gefährdungsvorsatz, dann greift Abs. 4.
2. Teil Straßenverkehrsdelikte › F. Verbotene Kraftfahrzeugrennen, § 315d › IV. Erfolgsqualifikation, § 315d Abs. 5
IV. Erfolgsqualifikation, § 315d Abs. 5
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