Klausurenkurs im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht. Thomas Rauscher
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b) Deutscher ordre public
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Diese Regelung könnte gegen den deutschen ordre public verstoßen (Art. 30 aF EGBGB wie Art. 6 EGBGB – MAT c), weil sie sich einseitig an die Ehefrau richtet (Art. 3 Abs. 2 GG). Das scheidet jedoch aus mehreren Gründen aus: Art. 143-bis cc gibt der Ehefrau nur ein Recht zur Namensgestaltung; dass der Ehemann nicht dasselbe Recht hat, wirkt sich im konkreten Fall nicht aus, da John keine andere Namensführung will. Zudem fehlt es im Zeitpunkt der Eheschließung an jedem Inlandsbezug. Schließlich würde eine Korrektur immer nur zur Nichtanwendung von Art. 143-bis cc führen, nicht aber zu einer Ehenamensregelung nach dem Vorbild von § 1355 BGB.
c) Vorfrage: Wirksame Ehe
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Die italienische namensrechtliche Regelung (Art. 143-bis cc) stellt jedoch die Vorfrage der wirksamen Ehe. Nur bei wirksam geschlossener Ehe ist Ying „verheiratete Frau“.
aa)
Vorfragen werden im deutschen IPR grundsätzlich selbstständig angeknüpft, also dem deutschen IPR unterstellt. Eine Ausnahme ist jedoch bei statusrechtlichen Vorfragen (Ehe, Abstammung) im Namensrecht geboten.[9] Da der Name eng mit hoheitlichen Funktionen (Ausweispapiere, Personenstandspapiere) verbunden ist, wäre es nicht sinnvoll, eine zum Namenserwerb führende Vorfrage aus deutscher Sicht anders zu beurteilen als das maßgebliche Namensstatut. Diese heute herrschende Ansicht hatte sich schon zum früheren IPR durchgesetzt (MAT c). Die Vorfrage der wirksamen Eheschließung ist also unselbstständig – vom italienischen IPR als Namensstatut ausgehend – anzuknüpfen.
bb)
Die materiellen Voraussetzungen der Eheschließung bestimmen sich gemäß Art. 17 disp.s.l.in gen. (MAT e) nach dem gemeinsamen italienischen Personalstatut der Ehegatten. Die formellen Voraussetzungen sind nach dem klaren Wortlaut des Art. 26 disp.s.l.in gen. (MAT f) alternativ an eines der dort genannten Kriterien anzuknüpfen, es genügt ua die Wirksamkeit nach der italienischen Ortsform.
cc)
Hinweise auf materielle Mängel ergeben sich nach dem Sachverhalt nicht, so dass von der materiellen Wirksamkeit der Ehe auszugehen ist.
Die Formwirksamkeit ergibt sich, soweit der Sachverhalt Aussagen enthält, aus Art. 106 cc (MAT h).
d) Name der Ying
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Damit führte Ying nach Eheschließung den Familiennamen „Hu“ oder „Hu in Thieu“, nicht aber „Thieu“. Ob sie den Vornamen weiterhin nach dem Nachnamen führte (Hu Thi Ying) oder die Namensreihenfolge europäisierte (Ying Hu) oder italienisierte (Ying Hu in Thieu), blieb ohnehin ihr überlassen, da das italienische Recht ebenso wie das deutsche Recht nur bestimmt, welcher Namensteil Vor- bzw Nachname ist, nicht aber in welcher Reihenfolge diese Namen im Rechtsverkehr zu gebrauchen sind.[10]
Ergebnis:
Name der Ying nach italienischem Recht ist „Hu“ oder „Hu in Thieu“, nicht aber „Thieu“.
II. Erwerb eines Ehenamens durch Namenswahl
1. Ehenamensstatut
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Die Ehegatten könnten jedoch den Namen „Thieu“ durch Erklärung vom 27.2.1996 zum Ehenamen bestimmt haben.
a) Wandelbares Ehenamensstatut
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Dazu ist das Ehenamensstatut zu bestimmen, denn das Namensstatut ist wandelbar. Art. 10 Abs. 1 EGBGB stellt ohne Bezug auf einen Anknüpfungszeitpunkt für jeden Ehegatten auf sein Heimatrecht/Personalstatut ab.
Ying besaß zu diesem Zeitpunkt als Staatenlose ein deutsches Personal- und damit Namensstatut (Art. 5 Abs. 2 EGBGB).
John könnte sein seit der Aufnahme als Flüchtling in Deutschland gemäß Art. 12 Genfer Flüchtlingskonvention bestehendes deutsches Personalstatut nach Art. 1 Abschnitt C Nr 1 Genfer Flüchtlingskonvention verloren haben. Dazu müsste er sich freiwillig erneut dem Schutz Vietnams unterstellt haben, was in dem erfolgreichen Antrag auf Erteilung eines Reisepasses[11] zu sehen ist. Dadurch wurde die noch bestehende vietnamesische Staatsangehörigkeit von John auch kollisionsrechtlich wieder als Personalstatut und damit als Namensstatut maßgeblich.
Diese Gesamtverweisung in vietnamesisches Recht (Art. 4 Abs. 1 EGBGB) nimmt das vietnamesische Recht an (MAT m).
Damit haben die Ehegatten verschiedene Personalstatuten. Ein Ehename ist in diesem Fall nur wählbar, wenn beide Rechtsordnungen die gewünschte Namensführung kraft Gesetzes oder Wahl zulassen. Da das vietnamesische Namensrecht durch den Bearbeiter nicht weiter ermittelbar war (MAT n), ist vor weiteren Bemühungen vorrangig nach anderen Möglichkeiten zu suchen, die Wirksamkeit der Namenswahl mit Mitteln des deutschen Kollisionsrechts zu erreichen.
b) Art. 10 Abs. 2 EGBGB
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Ein deutsches Ehenamensstatut könnte sich aus Art. 10 Abs. 2 EGBGB ergeben.
aa)
Art. 10 Abs. 2 EGBGB enthält entgegen seinem Wortlaut „können … ihren … Namen wählen“ kein materielles Namenswahlrecht, sondern eine kollisionsrechtliche Rechtswahlbefugnis;[12] die materielle Bestimmung des Ehenamens folgt nur aus dem gewählten Recht.
bb)
Dazu müsste Art. 10 Abs. 2 EGBGB idF durch FamNamRG v. 16.12.1993, in Kraft seit 1.4.1994, intertemporal anwendbar sein. Da das Namensstatut wandelbar ist, unterliegt die Zulässigkeit einer Wahl des Namensstatuts dem im Zeitpunkt der Namenswahl geltenden Recht; Art. 10 Abs. 2 EGBGB ist also anzuwenden.
cc)
Die tatbestandlichen Voraussetzungen liegen sogar für beide Alternativen, Art. 10 Abs. 2 Nr 1 oder Nr 2 EGBGB, vor. Ying hat ein deutsches Personalstatut; beide Ehegatten haben einen deutschen gewöhnlichen Aufenthalt.
dd)
Die Form des Art. 10 Abs. 2 S. 2 EGBGB ist gewahrt; die Erklärungen sind in der Form des § 129 BGB gegenüber dem Standesbeamten abgegeben.
Die Wahl eines deutschen Ehenamensstatuts ist also wirksam.
2. Materiellrechtliche