Kapitalmarktrecht. Petra Buck-Heeb
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4. Börseneinführung
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Börseneinführung meint die Notierung an der Börse, dh die erstmalige Aufnahme des Handels (§ 38 Abs. 1 Satz 1 BörsG). Über die Einführung (Verwaltungsakt) entscheidet die Börsengeschäftsführung auf Antrag des Emittenten. Die Einführung darf einerseits frühestens an dem auf die erste Veröffentlichung des Prospekts oder, falls eine Prospektveröffentlichung nicht erforderlich ist, an dem der Veröffentlichung der Zulassung folgenden Werktag erfolgen (§ 52 BörsZulV). Andererseits hat sie innerhalb von drei Monaten nach Veröffentlichung der Zulassungsentscheidung zu geschehen, da ansonsten die Zulassung erlischt (§ 38 Abs. 4 Satz 1 BörsG). Werden Wertpapiere zur öffentlichen Zeichnung aufgelegt, dürfen sie erst nach beendeter Zuteilung eingeführt werden (§ 38 Abs. 2 BörsG).
1. Begriff
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Die Zulassung von Wertpapieren zum regulierten Markt kann unter bestimmten Voraussetzungen von Gesetzes wegen enden oder von Amts wegen durch die Börsengeschäftsführung widerrufen werden (§ 39 Abs. 1 BörsG, Delisting).
→ Definition:
Delisting ist der freiwillige oder zwangsweise Rückzug eines börsennotierten Unternehmens von der Börse.
In diesem Fall ist § 3 Abs. 5a–c BörsG zu beachten. Ein zwangsweise durchgeführtes Delisting erfolgt, wenn der ordnungsgemäße Börsenhandel dauerhaft nicht mehr gewährleistet ist. Zudem muss die Börsengeschäftsführung die Notierung eingestellt haben oder der Emittent die Zulassungsfolgepflichten auch nach Fristablauf nicht erfüllen.
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Ein Delisting kommt auch auf Antrag des Emittenten in Betracht (Widerruf als actus contrarius zur Zulassung der Wertpapiere zum Handel)[160]. Ist der wichtigste Vorteil einer Notierung an der Börse, nämlich die Möglichkeit der günstigen Eigenkapitalaufnahme, nicht mehr gewährleistet (zB dauerhaft niedrige Kurse), kann der Emittent aufgrund der laufenden Kosten und Folgepflichten der Börsenzulassung[161] einen vollständigen Rückzug von der Börse erwägen. Dieser kann zum einen gesellschaftsrechtlich über den Formwechsel in eine nicht börsennotierte Gesellschaft (§§ 190 ff UmwG) oder über ein sog. gesellschaftsrechtliches Squeeze-out-Verfahren (§§ 327a ff AktG) erfolgen[162]. Zum anderen kann er börsenrechtlich bewirkt werden, indem der Emittent bei der Börsengeschäftsführung beantragt, die bisherige Zulassung der Wertpapiere zum regulierten Markt zu widerrufen (§ 39 Abs. 2 BörsG).
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Ein sog. cold delisting liegt vor, wenn zB die Aktionäre zweier Unternehmen die Verschmelzung des börsenzugelassenen Unternehmens auf das nicht gelistete Unternehmen beschließen[163]. Eine andere Variante ist, dass das aufnehmende nicht börsennotierte Unternehmen die gesamte übertragende Gesellschaft erwirbt und sodann die Verschmelzung durchführt[164]. Ein bloßes Downlisting liegt etwa bei einem sog. Downgrading vom regulierten Markt in den Freiverkehr vor[165]. Bei diesem gelten die Regelungen des vollständigen Delisting, da hier die Zulassung zum regulierten Markt beendet wird und ein Handel nur noch im privatrechtlich organisierten Freiverkehr stattfindet[166].
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Auf ein Delisting aus dem Freiverkehr ist § 39 Abs. 2 BörsG nach hM nicht anwendbar. Auch eine analoge Anwendung von § 39 Abs. 2 BörsG ist danach abzulehnen[167]. Die Beendigung der Notierung erfolgt daher durch eine Kündigungserklärung des Emittenten gegenüber der Börsengeschäftsführung.
2. Voraussetzungen
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Ein Widerruf der Zulassung von Amts wegen (§ 39 Abs. 1 BörsG ist unter Zugrundelegung des öffentlichen Interesses zu prüfen. In der Praxis als problematisch hat sich der Widerruf der Zulassung auf Antrag des Emittenten erwiesen. Ein Widerruf darf hier nur dann erfolgen, wenn das nicht dem Anlegerschutz widerspricht (§ 39 Abs. 2 Satz 2 BörsG). Da der vollständige Rückzug einer Gesellschaft („Going Private“) für die Anleger den Nachteil hat, dass sie ihre Aktien nicht mehr über die Börse veräußern können, hatte der BGH Voraussetzungen für ein Delisting benannt (Macrotron-Entscheidung)[168], welche er im Jahre 2013 wieder aufhob (Frosta-Entscheidung)[169]. Danach war ein Delisting ohne Abfindungsangebot an die Anleger möglich[170].
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Mit § 39 Abs. 2 Satz 3 BörsG sowie § 39 Abs. 3–6 BörsG wird der Anlegerschutz gestärkt[171]. Dabei hat sich der Gesetzgeber gegen eine gesellschaftsrechtliche Lösung, dh eine Gesamtanalogie zu den §§ 305, 320b, 327b AktG und §§ 29, 207 UmwG sowie eine Berechnung der Abfindung am Unternehmenswert, und stattdessen für eine kapitalmarktrechtliche Verortung des Delisting entschieden[172].
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Ein Delisting ist nunmehr unter den Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 Satz 3 BörsG möglich. Danach müssen die Wertpapiere noch an einem anderen regulierten Markt zum Handel zugelassen bleiben („Teil-Delisting“) oder es muss dem Antrag auf Delisting ein Kaufangebot an die Anleger nach den Regeln des WpÜG vorausgehen (Exit-Angebot, § 39 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 BörsG)[173]. Da § 39 BörsG teilweise Modifikationen enthält, liegt hier nach Ansicht mancher eine neue Angebotsart vor[174].
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Bei Stellung des Delisting-Antrags muss das Delisting-Erwerbsangebot bereits veröffentlicht sein (§ 39 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 BörsG). Das Erwerbsangebot darf nicht unter eine Bedingung gestellt werden (§ 39 Abs. 3 Satz 1 BörsG), damit das Angebot auch wirklich vollzogen wird. Insofern besteht eine andere Lage als bei Erwerbsangeboten iS des WpÜG[175]. Die Gegenleistung für die Aktionäre muss in Euro bestehen, dh ein Tauschangebot wie für Erwerbsangebote iS des WpÜG ist nicht gestattet (§ 39 Abs. 3 Satz 2, 1. HS BörsG). Die Gegenleistung orientiert sich am durchschnittlichen Börsenkurs (§ 39 Abs. 3 Satz 2, 2. HS BörsG)[176]. Dabei ist jedoch anders als nach dem WpÜG iVm der WpÜG-AngebotsVO nicht der dreimonatige, sondern der sechsmonatige Durchschnittskurs relevant[177]. Anhand einer Unternehmensbewertung[178] wird der Mindestpreis aber dann berechnet, wenn in den sechs Monaten vor dem Erwerbsangebot eine unterlassene oder falsche Ad-hoc-Mitteilung oder eine Marktmanipulation vorlag (§ 39 Abs. 3 Satz 3 BörsG).
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Ein Hauptversammlungsbeschluss ist für ein Delisting nicht erforderlich (keine ungeschriebene Hauptversammlungskompetenz)[179]. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass hier keine Strukturentscheidung bzgl der Gesellschaft vorliegt. Ein Beschluss des Vorstands unter Zustimmung des Aufsichtsrats ist grds ausreichend. Auch die Börsenordnungen der einzelnen Börsen können