Kapitalmarktrecht. Petra Buck-Heeb
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Die Vorhandels- und Nachhandelstransparenzpflichten gelten nach Art. 8 und 10 VO 600/2014 im Ausgangspunkt auch für Schuldverschreibungen, strukturierte Finanzprodukte, Emissionszertifikate und Derivate (Nichteigenkapitalinstrumente).
b) Systematische Internalisierer
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Auch Systematische Internalisierer von Aufträgen in börsennotierten Aktien, Aktienzertifikaten, börsengehandelten Fonds, Zertifikaten und anderen vergleichbaren Finanzinstrumenten müssen den Pflichten der Vor- und Nachhandelstransparenz nachkommen (Art. 14 f VO 600/2014, Art. 20 VO 600/2014). Art. 14 VO 600/2014 wird durch Art. 9 ff DelVO 2017/587 (v.a. Vorkehrungen für die Veröffentlichung einer festen Notierung) ergänzt. Im Rahmen der Vorhandelstransparenz sind für die angebotenen Finanzinstrumente regelmäßig und kontinuierlich während der üblichen Handelszeiten Kursofferten (Quotes) zu veröffentlichen (verbindliche Kauf- und Verkaufsangebote zu angemessenen kaufmännischen Bedingungen)[115]. Es besteht im Grundsatz ein Verbot der Preisverbesserung, sodass die Kundenaufträge prinzipiell auch zum veröffentlichten Preis auszuführen sind[116] (Art. 15 Abs. 2 VO 600/2014, Kontrahierungszwang[117]). Mit dieser Pflicht zur Vorhandelstransparenz soll der Gefahr begegnet werden, dass am Markt keine effiziente Preisbildung für die Finanzinstrumente erfolgt[118].
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Zwar kann ein systematischer Internalisierer entsprechend seiner Geschäftspolitik entscheiden, welchen Kunden er Zugang zu seinen Kursofferten gibt, das hat jedoch „in objektiver, nichtdiskriminierender Weise“ zu erfolgen (Art. 17 Abs. 1 Satz 1 VO 600/2014). Er soll ihm unliebsame Handelsteilnehmer von seinem Liquiditätspool nicht ausnehmen können. Hierzu hat sich der systematische Internalisierer „eindeutiger Standards“, dh Geschäftsbedingungen, zu bedienen (Art. 17 Abs. 1 Satz 2 VO 600/2014). Das gilt im Kern auch für verbindliche Kursofferten in Bezug auf Schuldverschreibungen, strukturierte Finanzprodukte, Emissionszertifikate und Derivate (Art. 18 VO 600/2014).
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Die Nachhandelstransparenz ist in Art. 20 bzw Art. 21 VO 600/2014 geregelt. Der systematische Internalisierer hat nach dem Handel mit den von ihm angebotenen Finanzinstrumenten das Volumen und den Kurs der getätigten Geschäfte sowie den Zeitpunkt ihres Abschlusses zu veröffentlichen. Auch die systematischen Internalisierer haben die Anforderungen der DelVO 2017/587 zu beachten.
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Die Pflichten zur Vorhandels- und Nachhandelstransparenz gelten indes nur, wenn der systematische Internalisierer die Kundenaufträge bis zur Standardmarktgröße ausführt, nicht aber, wenn dies darüber hinaus erfolgt. Der Bezug auf die Standardmarktgröße zeigt, dass nur Privatkunden vor einer übervorteilenden Internalisierung ihrer Wertpapieraufträge geschützt und nicht die bankinternen Ausführungen von sog. Block Orders mit erheblichem Volumen erfasst werden sollen. Aus Art. 11 DelVO 2017/587 ergibt sich, dass dieser Begriff eine Größe meint, die für den rechnerischen Durchschnittswert der auf dem Markt ausgeführten Geschäfte für die Aktien dieser Gattung gilt.
7. Exkurs: Grauer und schwarzer Kapitalmarkt
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Der graue Kapitalmarkt war kein Handelssegment ieS, vielmehr wurden dort Produkte gehandelt, die nicht Wertpapiere iS des WpHG waren (insbesondere Anteile an Personenhandelsgesellschaften). Er wies lange den geringsten Organisationsgrad auf, da ein vorgeschriebener Teilnehmerkreis regelmäßig ebenso fehlte wie eine Erlaubnispflicht bzw Marktaufsicht sowie Publizitätspflichten[119]. Um den Missständen auf dem grauen Kapitalmarkt zu begegnen, hatte die Rechtsprechung in richterlicher Rechtsfortbildung Grundsätze des Anlegerschutzes entwickelt[120]. Entstanden sind dadurch etwa das Sonderrecht für Publikumskommanditgesellschaften sowie die sog. allgemein-zivilrechtliche Prospekthaftung[121].
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Inzwischen ist der sog. graue Kapitalmarkt nicht mehr „grau“[122]. Der Gesetzgeber hatte schon 2004 eine Prospektpflicht für nicht wertpapierverbriefte Anlageformen des grauen Kapitalmarkts eingeführt (§§ 8f ff VerkProspG aF). Die Vermittler und Berater von Vermögensanlagen iS des VermAnlG bedurften grds einer gewerberechtlichen Erlaubnis und unterstehen der Aufsicht der Gewerbeaufsichtsbehörden der Länder (nicht der BaFin!). Das VermAnlG wurde 2013 in Teilen vom Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) abgelöst[123], wonach für den Vertrieb bestimmter Produkte eine Erlaubnis- bzw Registrierungspflicht (BaFin) besteht.
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Am illegalen sog. schwarzen Kapitalmarkt werden unerlaubt, dh ohne die gesetzlich erforderliche Erlaubnis der BaFin, betriebene Bank- und Versicherungsgeschäfte sowie sonstige Finanzdienstleistungen verstanden[124]. Verfügungen der BaFin gegen Akteure des „schwarzen Kapitalmarkts“ sowie entsprechende Warnungen werden auf der Homepage der BaFin veröffentlicht[125]. Im Gegensatz dazu werden diejenigen Institute, Finanzdienstleister usw, welche die aufsichtsrechtlich erforderliche Erlaubnis für ihre Tätigkeiten haben, als weißer Kapitalmarkt bezeichnet[126].
IV. Der Gang an die Börse
1. Vorbereitung der Börsenzulassung: Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen
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Nach einer Vorteils-/Nachteilsanalyse ist zunächst ein Beschluss des Vorstands und, sofern die Satzung der AG dies vorsieht, auch des Aufsichtsrats bzgl eines Antrags auf Zulassung der Aktien zum Handel im regulierten Markt erforderlich. Sodann bedarf der Antrag auf Börsenzulassung nach hM der Zustimmung der Hauptversammlung. Das soll sich nicht nur aus den sog. Holzmüller-Grundsätzen[127] ergeben, wonach bei wesentlichen Strukturmaßnahmen eine ungeschriebene Hauptversammlungskompetenz besteht, sondern auch aus den sog. Gelatine-Urteilen des BGH[128], in denen die Anwendung dieser Grundsätze auf solche Entscheidungen begrenzt wird, die die rechtliche Struktur der Gesellschaft betreffen.
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Nach hM sind die Veränderungen durch eine Börsenzulassung mit einer Strukturänderung vergleichbar, die allein durch eine Satzungsänderung herbeigeführt werden kann. Schließlich verändern die daraus resultierenden (Zulassungsfolge-)Pflichten für den Emittenten sowie die Pflichten für den Anleger (zB Stimmrechtsmitteilung nach §§ 33 ff WpHG) elementar den Charakter der Gesellschaft. Im Schrifttum wird dieser Einordnung teilweise widersprochen und ein Beschluss der Hauptversammlung als entbehrlich angesehen. Der Börsengang führe nicht zu einem Konzernsachverhalt und bewirke daher keine Mediatisierung[129]. Die praktische Bedeutung dieses Meinungsstreits ist deshalb gering, weil regelmäßig (auch) ein Beschluss der Hauptversammlung zur Erhöhung des Grundkapitals erforderlich ist (Barkapitalerhöhung oder Schaffung eines genehmigten Kapitals mit Bezugsrechtsausschluss für die Altaktionäre), da die zu platzierenden Aktien durch eine Kapitalerhöhung erst noch geschaffen werden müssen[130].