Kapitalmarktrecht. Petra Buck-Heeb
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Der Betrieb eines MTF ist eine Wertpapierdienstleistung (§ 2 Abs. 8 Nr. 8 WpHG)[64]. Das bedeutet umgekehrt, dass nur Wertpapierdienstleistungsunternehmen das Betreiben eines MTF möglich ist. Da der Betrieb eines multilateralen Handelssystems auch eine Finanzdienstleistung iS des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1b KWG ist, bedarf dieser einer schriftlichen Erlaubnis der BaFin (§ 32 Abs. 1 Satz 1 KWG)[65]. Die Aufsicht nimmt die BaFin wahr. Der Freiverkehr[66] unterliegt allerdings ausdrücklich nach wie vor der Aufsicht durch die zuständige Börsenaufsichtsbehörde (§ 48 Abs. 2, 3 iVm § 3 Abs. 1 BörsG).
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Da die MTF eine börsenähnliche (idR internetbasierte) Handelsplattform ist, gelten weitgehend übereinstimmende Anforderungen. So ist auch hier eine Zulassung der Handelsteilnehmer erforderlich. Der Betreiber hat Regelungen für den Zugang von Handelsteilnehmern festzulegen (§ 72 Abs. 1 Nr. 1 WpHG)[67]. Für den Zugang zu einem multilateralen Handelssystem muss mindestens § 19 Abs. 2, Abs. 4 BörsG analog (Zulassung zur Börse) eingehalten werden (§ 74 Abs. 1 WpHG). Allerdings besteht, anders als bei den Börsen, kein Zulassungszwang[68]. Vorzusehen sind außerdem auch hier Bestimmungen für die Einbeziehung von Finanzinstrumenten, die ordnungsgemäße Durchführung des Handels und der Preisermittlung, die Verwendung von einbezogenen Referenzpreisen und die vertragsgemäße Abwicklung der abgeschlossenen Geschäfte (§ 72 Abs. 1 Nr. 2 WpHG). Regelungen bzgl des Handels und der Preisermittlung dürfen dem Betreiber keinen Ermessensspielraum gewähren (§ 74 Abs. 2 WpHG).
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Der Betreiber hat Regelungen zur Kontrolle der Bestimmungen nach § 72 Abs. 1 Nr. 2 WpHG sowie zur Kontrolle des Insiderhandelsverbots (Art. 14 MAR) und des Verbots der Marktmanipulation (Art. 15 MAR) zu treffen (§ 72 Abs. 1 Nr. 3 WpHG). Über Verstöße ist die BaFin nach § 72 Abs. 6 WpHG zu unterrichten. § 73 WpHG regelt den Inhalt und das Verfahren bei einer Aussetzung des Handels von Finanzinstrumenten und deren Ausschluss[69].
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Im Unterschied zum regulierten Markt bestehen für multilaterale Handelssysteme bei der Einbeziehung in den Handel keine bestimmten Anforderungen an die Finanzinstrumente und die Emittenten. Damit werden schnelle, sichere und billige Transaktionsinfrastrukturen zur Verfügung gestellt. Bestanden ursprünglich bestimmte Zulassungsfolgepflichten für die MTF nicht, so gilt dies inzwischen nicht mehr, dh es gelten weitgehend gleiche Regelungen[70]. Ansonsten gelten weitgehend gleiche Anforderungen wie für den regulierten Markt.
a) Grundlagen
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Der Freiverkehr ist ein privatrechtlich organisierter außerbörslicher Markt zwischen Freimaklern und Handelsteilnehmern. Er ist häufig ein erster Schritt von Unternehmen an den Markt[71]. Auch der Freiverkehr (Open Market) gilt als multilaterales Handelssystem (§ 48 Abs. 3 Satz 2 BörsG)[72]. Da er, anders als die sonstigen multilateralen Handelssysteme, nicht von Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstituten, sondern von Börsen betrieben wird, unterliegt er der Börsenaufsicht und nicht derjenigen der BaFin[73]. Da der Freiverkehr stärker international positioniert werden sollte, erfolgte an der Frankfurter Wertpapierbörse im Jahr 2005 die Umbenennung in „Open Market“.
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Zur Durchführung des Open Market werden die Einrichtungen der Börse genutzt. § 48 Abs. 1 BörsG enthält die Ermächtigung an die Börsen, einen Freiverkehr zuzulassen, wenn durch (zivilrechtliche) Geschäftsbedingungen eine ordnungsmäßige Durchführung des Handels und der Geschäftsabwicklung gewährleistet erscheint. An der Börse Frankfurt etwa ist die Deutsche Börse AG Trägerin des Freiverkehrs[74].
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Für die Einrichtung eines Freiverkehrs ist eine schriftliche Erlaubnis der Börsenaufsichtsbehörde erforderlich (§ 48 Abs. 3 Satz 1 BörsG). Hintergrund ist, dass für die Öffentlichkeit oft nicht erkennbar ist, ob ein Wertpapier im regulierten Markt oder im Open Market gehandelt wird, sodass die Gefahr besteht, dass Missstände des Freiverkehrs der Börse insgesamt angelastet werden. Liegt ein Missstand vor, kann die Börsenaufsichtsbehörde nach § 48 Abs. 2 BörsG den Handel im Freiverkehr untersagen.
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Gemäß § 48a Abs. 1 BörsG kann der Börsenträger unter bestimmten Voraussetzungen einen Freiverkehr bei der Börsenaufsichtsbehörde als KMU-Wachstumsmarkt[75] registrieren lassen.
Beispiel:
Das Segment Scale für KMU an der Frankfurter Wertpapierbörse ist seit Dezember 2019 ein registrierter KMU-Wachstumsmarkt.
Hierfür bestehen geringere regulatorische Anforderungen als für den regulierten Markt. So gibt es Erleichterungen bei der Prospekterstellung[76] und es besteht unter bestimmten Voraussetzungen eine Befreiung von der Erstellung einer Insiderliste. Der Inhalt und das Verfahren bei der Einstufung eines multilateralen Handelssystems als KMU-Wachstumsmarkt ist in § 76 WpHG bzw in Art. 77 ff DelVO 2017/565 geregelt. Inzwischen wird die KMU-Wachstumsmarkt-Initiative der EU-Kommission teilweise als misslungen kritisiert, da nur wenige Emittenten zu verzeichnen seien[77].
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Die Aktien werden im Open Market nicht förmlich zugelassen, sondern „nur“ in den Börsenhandel einbezogen. Die Teilnahme am Handel sowie die Einbeziehung von Wertpapieren zum Handel sind durch zivilrechtliche Geschäftsbedingungen geregelt, die regelmäßig von den Trägern der jeweiligen Börse erlassen werden[78]. Rechtsgrundlage sind etwa an der Börse Frankfurt die Richtlinien für den Freiverkehr an der Frankfurter Wertpapierbörse. Die Deutsche Börse AG entscheidet auf Antrag über die Einbeziehung in den Open Market. Werden die Wertpapiere eines Emittenten ohne dessen Zustimmung in den Freiverkehr einbezogen, kann dieser nicht durch Geschäftsbedingungen dazu verpflichtet werden, Informationen bzgl der Wertpapiere zu veröffentlichen (§ 48 Abs. 1 Satz 4 BörsG).
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Die (zivilrechtlichen) Richtlinien für den Freiverkehr sind nach hM Allgemeine Geschäftsbedingungen iS der §§ 305 BGB[79]. Verstöße hiergegen sind nur zivilrechtlich verfolgbar, etwa durch Klage auf Vertragserfüllung. Der Ablauf des Handels im Freiverkehr sowie die Geschäftsabwicklung sind dagegen in einer öffentlich-rechtlichen Handelsordnung geregelt, welche vom jeweiligen Börsenrat erlassen wird (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 BörsG)[80]. Verstöße hiergegen können vom Sanktionsausschuss (§ 22 BörsG) verfolgt werden[81]. Aufgrund des öffentlich-rechtlichen Charakters ist der Verwaltungsrechtsweg zu beschreiten.
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Eine Prospektpflicht besteht nicht nur durch die Zulassung zum Handel an einem organisierten Markt, sondern auch durch das öffentliche Anbieten von Wertpapieren