Kapitalmarktrecht. Petra Buck-Heeb
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Fall 1:
Die X-AG notiert im Prime Standard der Frankfurter Wertpapierbörse. Seit einigen Jahren sind die Gewinne des Unternehmens rückläufig und geraten in die Verlustzone. Dementsprechend ist der Börsenpreis erheblich gefallen. Der Vorstand V der X-AG möchte daher den Widerruf der Börsenzulassung beantragen. Kann V eine solche Beantragung ohne Weiteres vornehmen oder ist zunächst die Zustimmung der Hauptversammlung einzuholen? Rn 192
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Die Errichtung einer Börse bedarf der staatlichen Erlaubnis (§ 4 Abs. 1 BörsG), die dem Träger der Börse von der zuständigen obersten Landesbehörde als Börsenaufsichtsbehörde erteilt wird (§ 4 Abs. 1, 6 BörsG)[1]. Wird eine Börse ohne diese errichtet, kann sie nach den Ordnungsgesetzen der Länder aufgehoben werden (Verstoß gegen die öffentliche Ordnung). Zu den wichtigsten Börsen in Deutschland zählen die Börsen in Frankfurt a.M., Düsseldorf[2], Hamburg-Hannover, München, Stuttgart, Berlin und Tradegate Exchange Berlin. Hinzu kommen die Terminbörse European Exchange (Eurex) in Eschborn und die Energiebörse European Energy Exchange (EEX) in Leipzig.
I. Begriff der Börse
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In § 2 Abs. 1 BörsG findet sich eine Definition des Börsenbegriffs. Danach sind Börsen teilrechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts, die multilaterale Systeme regeln und überwachen, welche die Interessen einer Vielzahl von Personen am Kauf und Verkauf von dort zum Handel zugelassenen Wirtschaftsgütern und Rechten nach nichtdiskretionären (vormals: nach festgelegten) Bestimmungen in einer Weise zusammenbringen, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Handelsobjekte führt. Jedenfalls muss das Zusammenbringen gefördert werden. Voraussetzung ist, dass das der Zusammenführung von Kauf- und Verkaufsinteressen zugrunde liegende Regelwerk verbindlich ist und nicht individuell abbedungen werden kann („nichtdiskretionäre Bestimmungen“)[3]. Das ist an den Börsen mit den in Selbstverwaltung erlassenen Satzungen der Fall.
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Speziell geregelt ist, was unter einer Wertpapierbörse (§ 2 Abs. 2 BörsG) bzw unter einer Warenbörse (§ 2 Abs. 3 BörsG) zu verstehen ist. Werden sowohl Wertpapiere als auch Waren gehandelt, sind sowohl die sich auf Wertpapier- als auch die sich auf Warenbörsen beziehenden Regelungen anzuwenden (§ 2 Abs. 4 BörsG).
II. Organisation und Rechtsnatur der Börse
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Im deutschen Börsenwesen herrscht eine duale Organisationsstruktur[4]. Auf der einen Seite gibt es die Börse als (teilrechtsfähige) Anstalt des öffentlichen Rechts (1.), deren Organe durch einen entsprechenden organisatorischen Rahmen einen funktionierenden Handel ermöglichen[5] und auf der anderen Seite den (privaten) Börsenträger (2.). Weiterer Akteur sind die Handelsteilnehmer, durch die der Handel betrieben wird (3.).
1. Die Börse
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Unter „Börse“ kann man zum einen die Marktveranstaltung verstehen, zum anderen das verantwortliche Rechtssubjekt für die Durchführung des Börsenhandels. Die Marktveranstaltung als solche, in deren Rahmen sich der Wertpapierhandel zwischen den Handelsteilnehmern vollzieht, dh die Zusammenführung von Angebot und Nachfrage wird von den Börsen betrieben (zB Frankfurter Wertpapierbörse). Als teilrechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts (§ 2 Abs. 1 BörsG) ist sie befugt, öffentlich-rechtliche Regelungen als autonome Satzungen zu erlassen (zB Börsenordnung[6], Gebührenordnung).
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Die Börse ist keine juristische Person des öffentlichen Rechts iS des § 89 BGB, obwohl dies für Anstalten des öffentlichen Rechts grds der Fall ist. Ihr fehlt es an der dafür erforderlichen vollen Rechtsfähigkeit iS des § 1 BGB, dh der Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein. Sie ist laut Gesetz nur teilrechtsfähig. Sie kann nur im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unter ihrem Namen klagen und verklagt werden. Im Zivilprozess ist sie nicht parteifähig[7].
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Die Organe der Börse sind (vgl § 3 Abs. 1 Satz 2 BörsG)
– | die Börsengeschäftsführung (§ 15 BörsG) als Leitungsorgan, welche die den Börsen übertragene öffentliche Verwaltung wahrnimmt, |
– | der Börsenrat (§ 12 BörsG)[8], welcher zum einen, vergleichbar dem Aufsichtsrat in der Aktiengesellschaft, Überwachungsorgan und zum anderen insofern Rechtsetzungsorgan ist, als er u.a. die Börsenordnung, die Bedingungen für Geschäfte an der Börse, die Gebührenordnung und die Zulassungsordnung als Satzung erlässt (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 BörsG); außerdem ist er für die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer zuständig, |
– | die Handelsüberwachungsstelle (§ 7 BörsG), welche den Handel an der Börse und die Börsengeschäftsführung überwacht[9], |
– | und der Sanktionsausschuss nach (§ 22 BörsG)[10]. |
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Die wichtigsten Aufgaben der Börse sind die Zulassung und Einbeziehung von Wertpapieren[11]