BGB-Erbrecht. Lutz Michalski
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Problematisch ist, inwieweit Konkretisierungsentscheidungen durch Dritte getroffen werden können. Hierfür besteht insb. im Bereich der Unternehmensnachfolge ein sachliches Bedürfnis, weil der Erblasser bei Errichtung der Verfügung häufig nicht absehen kann, wer beim Erbfall der Geeignetste für die Übernahme sein wird. Allerdings ist unstreitig, dass der Erblasser die Auswahl des Erben nicht schlicht dem freien Ermessen eines Dritten überlassen kann, denn diese wäre mit § 2065 Abs. 2 evident unvereinbar.[38]
Das RG hatte in der berühmten „Ritterguts-Entscheidung“ aus dem Jahr 1939 judiziert, dass der Erblasser sich damit begnügen könne, einen eng begrenzten Kreis von Personen zu bezeichnen, aus dem der Erbe nach bestimmten sachlichen Gesichtspunkten, z.B. seiner Eignung für eine besondere Aufgabe, durch einen Dritten bindend ausgewählt werden soll, sofern nur der Personenkreis so eng begrenzt ist, dass für eine Willkür des Dritten kein Raum bleibt, sondern die Entscheidung auf sein Urteil über das Vorliegen jener Voraussetzungen abgestellt ist, mag dieses auch ein reines Werturteil darstellen oder ein solches einschließen. Danach dürfte der Erblasser dem Dritten also durchaus einen gewissen Ermessens- oder Beurteilungsspielraum einräumen.[39]
Der BGH hat allerdings in einer Entscheidung aus dem Jahr 1954 formuliert, dass die vom Erblasser zu machenden Angaben so bestimmt sein müssten, dass dadurch die zu treffende Bezeichnung für diejenigen Personen, die die erforderliche Sachkunde besitzen, objektiv bestimmt ist.[40] In einer späteren Entscheidungen aus dem Jahr 1965 hat er dann jedoch die Formel des Reichsgerichts übernommen.[41]
Wie sich diese beiden Entscheidungen zueinander verhalten und welcher der Vorrang zukommt, wird in der Literatur unterschiedlich beurteilt.[42] Die neuere obergerichtliche Rechtsprechung neigt eher dazu, im Einklang mit der letztgenannten BGH-Entscheidung der Linie des Reichsgerichts zu folgen.[43] Auf dieser Position steht auch die wohl h.L.[44] In der Tat überzeugen die strengen Vorgaben in der BGH-Entscheidung aus dem Jahr 1954 schon deshalb nicht, weil dann die Einschaltung eines Dritten letztlich sinnentleert würde, da die Person des Zuwendungsempfängers schon anhand der vom Erblasser festgelegten objektiven Kriterien bestimmt wäre.[45] Im Übrigen verlangt auch das Telos des § 2065 keine derart strengen Anforderungen: Wenn für eine Willkür des Dritten kein Raum bleibt, ist der Sinn und Zweck der Regelung – die Gewährleistung der Willensherrschaft des Erblassers – erfüllt.[46]
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Beispiele aus der Rechtsprechung:
Die Bestimmung des Erben kann nicht dem Belieben eines mit dem Projekt befassten Dritten überlassen bleiben.[47] Unwirksam ist auch eine letztwillige Verfügung, wonach diejenigen Personen erbberechtigt sein sollen, die die tätowierten Hautpartien des Erblassers abziehen, konservieren und auf einen Rahmen spannen (lassen)[48] oder die Anordnung, dass „derjenige, der den zuletzt verstorbenen Ehegatten begleitet und gepflegt hat“ Alleinerbe sein solle[49]. Für zulässig erachtet wurde hingegen die Erbeinsetzung einer (noch zu errichtenden) rechtsfähigen Stiftung.[50]
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Im Gesetz finden sich allerdings auch weitreichende Ausnahmen von § 2065 Abs. 2. Gem. § 2151 kann der Erblasser mehrere Personen derart mit einem Vermächtnis bedenken, dass der Beschwerte oder ein Dritter bestimmt, wer von den Bedachten das Vermächtnis erhalten soll. Bei einem Zweckvermächtnis (§ 2156, → Rn. 918) kann die Bestimmung der Leistung dem billigen Ermessen des Beschwerten oder eines Dritten (nicht jedoch des Bedachten[51]) überlassen werden. Bei einer Auflage, deren Zweck der Erblasser bestimmt hat, kann die Bestimmung des Begünstigten dem Beschwerten oder einem Dritten überlassen werden (§ 2193). Wenn der Erblasser Testamentsvollstreckung anordnet, kann er die Bestimmung der Person des Testamentsvollstreckers einem Dritten (§ 2198) oder dem Nachlassgericht (§ 2200) überlassen (→ Rn. 829 ff.). Eine weitere Ausnahme enthält § 2048 S. 2, wonach der Erblasser anordnen kann, dass die Auseinandersetzung unter Miterben nach dem billigen Ermessen eines Dritten erfolgen soll (→ Rn. 1024).
ff) Rechtsfolgen eines Verstoßes
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Rechtsfolge eines Verstoßes gegen § 2065 ist die Nichtigkeit der Verfügung.[52] Eine Umdeutung wird nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen, etwa wenn der Erblasser mit der Erbeinsetzung einen bestimmten Zweck verfolgt hat und bei Kenntnis von der Nichtigkeit ein Zweckvermächtnis angeordnet haben würde.[53] Ob die Teilnichtigkeit zur Gesamtnichtigkeit des Testaments führt, ist nach § 2085 (→ Rn. 477) zu beurteilen.
Teil III Die gewillkürte Erbfolge › § 7 Die Errichtung des Testaments und die Testamentsformen › II. Die Testamentsformen
1. Formzwang
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Die Errichtung von Testamenten ist nur in den gesetzlich festgelegten Formen möglich (Formzwang). Die Vorschriften über die Formen, in denen Verfügungen von Todes wegen getroffen werden können, verfolgen verschiedene Zwecke: Sie dienen vor allem dazu, den wirklichen Willen des Erblassers zur Geltung kommen zu lassen, möglichst die Selbstständigkeit dieses Willens zu verbürgen und die Echtheit seiner Erklärung sicherzustellen; zudem sollen sie dazu beitragen, verantwortliches Testieren zu fördern und Streitigkeiten über den Inhalt letztwilliger Verfügungen zu vermeiden.[54] Der Formzwang hat somit eine Beweis- und eine Warnfunktion. Fehlt dem Testament die notwendige Form, so ist es nach § 125 S. 1 nichtig.[55]
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Die Wirksamkeit eines Testaments bleibt aber bestehen, wenn es ohne den Willen des Erblassers vernichtet worden[56], verloren gegangen oder sonst nicht auffindbar ist.[57] Es muss jedoch der Beweis der formgültigen Errichtung und des genauen Inhalts erbracht werden; daran sind strenge Anforderungen zu stellen.[58] Mögliche Beweismittel sind insb. (nicht formgerechte) Durchschriften, Ablichtungen oder Fotokopien des verloren gegangenen Testaments;[59] es können aber auch bloße Zeugenaussagen ausreichen[60]. Allerdings kann es ggf. zu einer Umkehr der Beweislast kommen, wenn jemand ein Testament vernichtet oder unterdrückt hat, um die Aufklärung über dessen Inhalt zu erschweren oder unmöglich zu machen.[61] Ist das Vorhandensein eines formgültigen aber unauffindbaren Testaments bewiesen, dann ist die Rechtslage keine andere als wenn das Testament in Urschrift vorgelegt worden wäre.[62]
Es besteht auch keine Vermutung dafür, dass ein nicht aufgefundenes Originaltestament durch den Erblasser vernichtet worden ist.[63] Wer sich auf den Widerruf durch Vernichtung des Testaments (§ 2255, → Rn. 194 ff.) beruft, muss den Widerruf bzw. die als Widerruf zu wertenden Handlungen des Erblassers nach