BGB-Erbrecht. Lutz Michalski
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Die Beweislast für die Testierunfähigkeit trägt grundsätzlich derjenige, der sich auf die Nichtigkeit des Testaments beruft.[10] Ist allerdings Testierunfähigkeit vor und nach Testamentserrichtung gegeben, so spricht der Beweis des ersten Anscheins für Testierunfähigkeit auch im Zeitpunkt der Testamentserrichtung.[11] Dann muss der durch das Testament Begünstigte Umstände darlegen und beweisen, durch die der Beweis des ersten Anscheins erschüttert wird; dazu genügt der Nachweis einer ernsthaften Möglichkeit eines sog. „lichten Intervalls“ bei Errichtung des Testaments.[12]
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Die Wirksamkeit eines gemeinschaftlichen Testaments setzt die Testierfähigkeit beider Eheleute voraus.[13] Ist einer der Ehegatten testierunfähig, sind die wechselbezüglichen Verfügungen unwirksam.[14] Die Verfügungen des anderen können jedoch ggf. je nach Lage des Einzelfalles ganz oder teilweise als einseitige aufrechterhalten werden.[15]
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§ 2229 gilt nur für Testamente; für Erbverträge gilt die spezielle Regelung des § 2275 (→ Rn. 268).
a) Formelle Höchstpersönlichkeit, § 2064
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Gem. § 2064 muss der Erblasser sein Testament persönlich errichten (sog. formelle Höchstpersönlichkeit). Er kann daher weder durch einen Stellvertreter (auch nicht durch den gesetzlichen Vertreter) noch durch einen Boten verfügen.[16] Eine dennoch auf diese Weise errichtete Verfügung von Todes wegen ist – da auch keine Genehmigungsmöglichkeit für den Erblasser besteht – gem. § 134 nichtig.[17] Der Gesetzgeber wollte durch diese Regelung einerseits verhindern, dass der Erblasser die sittliche Verantwortung für die Ausgestaltung der Erbfolge von sich abwälzen kann; zum anderen sah er die Gefahr, dass der Wille des Erblassers im Falle einer Vertretung oder Botenschaft nicht unverfälscht zum Ausdruck kommen könnte.[18] Das Gebot der Höchstpersönlichkeit steht jedoch einer Hilfe, insb. einer Beratung durch Dritte nicht entgegen, sofern nur die Verfügung selbst durch den Erblasser erfolgt.[19]
b) Materielle Höchstpersönlichkeit, § 2065
aa) Grundsatz der vollständigen Willensbildung
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§ 2065 verlangt darüber hinaus, dass der Erblasser seinen Willen vollständig selbst bildet (sog. materielle Höchstpersönlichkeit): Er darf weder die Entscheidung über die Geltung der Verfügung (→ Rn. 150) noch die Bestimmung des Zuwendungsempfängers oder des Zuwendungsgegenstandes (→ Rn. 152) auf andere Personen übertragen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Erblasser allein vor seinem Gewissen die Verantwortung dafür übernehmen muss, wenn er die Erbfolge anders regelt, als das Gesetz sie vorgesehen hat.[20]
bb) Verhältnis zur Auslegung
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Sowohl die erläuternde als auch die ergänzende Auslegung haben Vorrang vor § 2065.[21] Ob der Erblasser seinen Willen vollständig gebildet und erklärt hat, kann erst festgestellt werden, nachdem scheinbar unklare oder unvollständige Anordnungen ausgelegt wurden. Zugleich markiert § 2065 jedoch auch eine Grenze für die Auslegung: Diese darf nicht dazu führen, eine im Testament nicht enthaltene Erbenbestimmung nur aus Umständen außerhalb des Testaments zu entnehmen.[22]
cc) Abgrenzung zu den zulässigen Bedingungen
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Verfügungen von Todes wegen können unter einer aufschiebenden oder auflösenden Bedingung getroffen werden (§§ 2074, 2075, → Rn. 369 ff.). Dabei können grundsätzlich sowohl die Geltung der Verfügung (sog. Verwirkungsklausel[23]) als auch die Person des Zuwendungsempfängers oder der Zuwendungsgegenstand durch eine Bedingung beeinflusst werden.[24] Wegen § 2065 darf die Bedingung jedoch nicht auf eine Vertretung im Willen hinauslaufen, d.h. der Erblasser muss selbst für den Fall des Eintritts oder Nichteintritts der Bedingung einen bestimmten, die Gültigkeit der Verfügung, die Person des Bedachten oder den Zuwendungsgegenstand betreffenden Willen gehabt haben.[25]
dd) Die Bestimmung über die Geltung der Verfügung, § 2065 Abs. 1
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Gem. § 2065 Abs. 1 darf die Geltung der Verfügung weder positiv noch negativ vom Willen eines Dritten abhängig gemacht werden. Nichtig ist daher eine Verfügung, deren Geltung an die Zustimmung eines anderen oder das Ausbleiben eines Widerspruchs binnen einer bestimmten Frist geknüpft ist.[26] Ebenso wenig kann ein anderer zum Widerruf oder zu Änderungen ermächtigt werden.[27] Ein „anderer“ i.S.d. § 2065 ist jede Person mit Ausnahme des Erblassers.[28] Teilweise wird auch der Bedachte nicht als anderer angesehen, da er es aufgrund der Ausschlagungsmöglichkeit ohnehin in der Hand hätte, ob der Wille des Erblassers sich verwirklicht.[29] Dem ist jedoch nicht zuzustimmen, da dem Bedachten neben der Ausschlagung vom Gesetz gerade keine weiteren Bestimmungsmöglichkeiten eingeräumt werden.[30]
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Umstritten ist die Möglichkeit der bedingten Nacherbeneinsetzung (allgemein zur Vor- und Nacherbschaft → Rn. 746 ff.). Nach h.M. ist es zulässig, dass der Erblasser einen Nacherben unter der Bedingung einsetzt, dass der Vorerbe nicht anderweitig von Todes wegen über den Nachlass verfügt.[31] Denn dann handelt es sich um eine zulässige Potestativbedingung, weil der Vorerbe nicht über den Nachlass des Erblassers an dessen Stelle verfügt (was wegen § 2065 unzulässig wäre), sondern nur über sein eigenes Vermögen. Zulässig ist auch die Ermächtigung, den Nacherben nach sachlichen Kriterien aus einem bestimmten Personenkreis auszuwählen.[32]
ee) Die Bestimmung des Zuwendungsempfängers und des Zuwendungsgegenstandes, § 2065 Abs. 2
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Zuwendung i.S.d. § 2065 Abs. 2 ist jeder Vermögensvorteil, den der Erblasser einem anderen durch Verfügung von Todes wegen verschaffen will.[33] § 2065 Abs. 2 gilt daher nicht nur für die Erbeinsetzung (→ Rn. 728 ff.), sondern auch für Vermächtnisse (→ Rn. 900 ff.) und Teilungsanordnungen (→ Rn. 1023 ff.) und über § 2192 auch für Auflagen (→ Rn. 937 ff.).[34] Soweit es sich nicht um eine Erbeinsetzung handelt, sind allerdings die weitreichenden Ausnahmen (→ Rn. 156) zu beachten.
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