BGB-Erbrecht. Lutz Michalski
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III. Die Feststellung des Fiskuserbrechts
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Um im Interesse etwaiger unbekannter Erben zu verhindern, dass der Staat das Erbe voreilig ergreift[7], darf der Staat erst nach Durchführung eines gerichtlichen Feststellungsverfahrens über den Nachlass verfügen. Durch dieses in §§ 1964, 1965 geregelte Feststellungsverfahren wird aber zugleich auch die mit der Ermittlung etwaiger Erben verbundene Schwebezeit angemessen begrenzt.[8] Sofern der Fiskus als gesetzlicher Erbe in Betracht kommt, erlegt § 1964 dem Nachlassgericht (= Amtsgericht, § 23a Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 GVG i.V.m. § 342 Abs. 1 Nr. 4 FamFG) eine Erbenermittlungspflicht auf.[9] Das Erbrecht des Staates darf nur festgestellt werden, wenn nicht innerhalb einer angemessenen Frist ein Erbe ermittelt wird.[10] Die Erbenermittlung erfolgt von Amts wegen (§ 26 FamFG).[11] Gem. § 1965 Abs. 1 S. 1 muss eine öffentliche Aufforderung zur Anmeldung der Erbrechte unter Bestimmung einer Anmeldefrist erfolgen. Bezüglich Art der Bekanntmachung und Dauer der Anmeldefrist gelten gem. § 1965 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 die Vorschriften über das Aufgebotsverfahren (§§ 433 ff. FamFG) entsprechend[12]; die öffentliche Bekanntmachung erfolgt somit nach § 435 FamFG und die Anmeldefrist muss mindestens 6 Wochen betragen (§ 437 FamFG). Die Aufforderung ist allerdings gem. § 1965 Abs. 1 S. 2 entbehrlich, wenn die Kosten dem Bestand des Nachlasses gegenüber unverhältnismäßig groß sind. Wenn innerhalb der Anmeldefrist[13] ein Erbrecht angezeigt wird, beginnt mit Ablauf der Anmeldefrist eine dreimonatige Wartefrist, innerhalb derer dem Nachlassgericht nachgewiesen werden muss, dass das angemeldete Erbrecht besteht oder gegenüber dem Fiskus im Wege der Klage geltend gemacht wird; geschieht dies nicht, so bleiben die entsprechenden Erbrechte unberücksichtigt (§ 1965 Abs. 2 S. 1). Dies bedeutet aber nicht, dass das Erbrecht erlischt, sondern nur, dass das Nachlassgericht es im Verfahren zur Feststellung des Fiskuserbrechts nicht mehr berücksichtigt.
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Die Feststellung des Fiskuserbrechts erfolgt durch Beschluss des Nachlassgerichts (§ 1964 Abs. 1 BGB). Der Feststellungsbeschluss hat aber keine rechtsgestaltende Wirkung, sondern begründet nur die widerlegliche Vermutung, dass der Staat gesetzlicher Erbe ist.[14] Der Beweis des Gegenteils kann sowohl im normalen Zivilprozess als auch im Erbscheinsverfahren geführt werden; zudem kann der Beschluss jederzeit aufgehoben werden (§ 48 FamFG).[15]
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Erst nach dem Feststellungsbeschluss ist der Nachlass dem Fiskus auszuhändigen.[16] Vorher können die Nachlassgläubiger auch noch keine Rechte gegen den Fiskus geltend machen (§ 1966). Im Gegensatz zu einem Erbschein (vgl. §§ 2366, 2367, → Rn. 1293 ff.) oder einem Europäischen Nachlasszeugnis (ENZ) (vgl. Art. 69 Abs. 3, 4 EuErbVO, → Rn. 1346 ff.) begründet der Feststellungsbeschluss keine Verkehrsschutzwirkungen (d.h. er ermöglicht insb. keinen gutgläubigen Erwerb); der Staat kann sich jedoch einen Erbschein oder ein ENZ erteilen lassen.[17] Ein Erbschein oder ENZ ist zudem auch für die Eintragung ins Grundbuch erforderlich, da der Feststellungsbeschluss hierfür ebenfalls nicht ausreicht.[18]
Teil II Die gesetzliche Erbfolge › § 6 Das gesetzliche Erbrecht des Staates › IV. Erbberechtigter Fiskus
IV. Erbberechtigter Fiskus
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Gesetzlicher Erbe ist gem. § 1936 S. 1 primär das Bundesland[19] , in dem der Erblasser zur Zeit des Erbfalls seinen letzten Wohnsitz (oder, wenn ein solcher nicht feststellbar ist, seinen gewöhnlichen Aufenthalt) hatte; im Übrigen erbt der Bund (S. 2).
Teil II Die gesetzliche Erbfolge › § 6 Das gesetzliche Erbrecht des Staates › V. Inhalt und Besonderheiten des Fiskuserbrechts
V. Inhalt und Besonderheiten des Fiskuserbrechts
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Das gesetzliche Erbrecht des Staates gem. § 1936 hat zwar prinzipiell privatrechtlichen Charakter (→ Rn. 122), d.h. es finden grundsätzlich die allgemeinen Regeln Anwendung.[20] Gem. § 1922 geht das gesamte Vermögen des Erblassers im Wege der Universalsukzession auf den Staat über und der Staat haftet gem. § 1967 für die Nachlassverbindlichkeiten[21]; zudem ist er gem. § 857 Erbschaftsbesitzer[22].
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Da der Staat indes gesetzlicher Zwangserbe ist, gelten gleichwohl einige Besonderheiten. Insb. hat der Staat konsequenterweise kein Ausschlagungsrecht (§ 1942 Abs. 2), kann nicht auf das Erbe verzichten (argumentum e contrario e § 2346 Abs. 1 S. 1)[23], enterbt werden (argumentum e contrario e § 1938)[24] oder für erbunwürdig erklärt werden[25]. Zudem kann der Staat nicht gesetzlicher Nacherbe (§ 2104 S. 2, → Rn. 755) oder gesetzlicher Vermächtnisnehmer sein (§ 2149 S. 2).
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Der Staat haftet zwar grundsätzlich wie jeder andere Erbe gem. § 1967 für sämtliche Nachlassverbindlichkeiten (→ Rn. 1071 ff.), wobei ihm auch die allgemeinen Möglichkeiten einer Haftungsbeschränkung (→ Rn. 1097 ff., 1138 ff.) offenstehen.[26] Allerdings gelten für den Staat dabei eine Reihe von Haftungsprivilegierungen: Wenn der Staat als gesetzlicher Erbe verurteilt wird, kann er die beschränkte Haftung – anders als „normale“ Erben (vgl. § 780 Abs. 1 ZPO, → Rn. 1195) – ohne Vorbehalt im Urteil geltend machen (§ 780 Abs. 2 ZPO). Zudem unterliegt der Staat gem. § 2011 S. 1 keiner Inventarpflicht, so dass es auch nicht zu einer Inventarversäumung mit unbeschränkter Haftung (vgl. § 1994 Abs. 1 S. 2, → Rn. 1124, 1131 ff.) kommen kann. Der Fiskus ist jedoch gem. § 2011 S. 2 verpflichtet, den Nachlassgläubigern Auskunft über den Bestand des Nachlasses zu geben.
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Wenn in einem Gesellschaftsvertrag einer Personengesellschaft für den Fall des Todes eines Gesellschafters die Fortsetzung mit den Erben vorgesehen ist (sog. einfache Nachfolgeklausel, → Rn. 1427 ff.), so ist eine solche Regelung nach h.M. regelmäßig dahin auszulegen, dass der Staat als gesetzlicher Erbe davon nicht erfasst sein soll.[27]
Teil II Die gesetzliche Erbfolge › § 6 Das gesetzliche Erbrecht des Staates › VI. Das gesetzliche Erbrecht des Staates aus internationalprivatrechtlicher Perspektive