Grundrechte. Daniela Schroeder
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a) Grundrechte als Freiheitsrechte
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Die weitaus meisten Grundrechte sind Freiheitsrechte. Als Freiheitsrechte sollen sie „die Freiheitssphäre des einzelnen vor Eingriffen der öffentlichen Gewalt sichern“.[14] Merke: Freiheitsrechte gewährleisten „Freiheit vor dem Staat“. Indem die Freiheitsrechte damit traditionell in erster Linie auf die Abwehr staatlicher Eingriffe gerichtet sind, überwiegt bei ihnen die Abwehrfunktion.[15] Deshalb werden sie auch „Abwehrrechte“ genannt.
Beispiel
A betreibt seit vielen Jahren eine Gaststätte in Nordrhein-Westfalen.[16] Nachdem die Finanzbehörde bei der jüngsten Betriebsprüfung wieder Unregelmäßigkeiten bei A festgestellt hatte, hielt die zuständige Ordnungsbehörde A für unzuverlässig i.S.d. § 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG und untersagte ihm die weitere Ausübung seines Gewerbes. – A genießt bei der Ausübung seines Gaststättengewerbes den Schutz der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG. Die Gewerbeuntersagung der Behörde greift in die Berufsfreiheit des A ein. Der Eingriff könnte verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein. Die Berufsfreiheit steht unter dem Schrankenvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG. Als Ermächtigungsgrundlage für die Gewerbeuntersagung der Behörde dient § 15 Abs. 2 GastG, der den Widerruf der Gewerbeerlaubnis wegen Unzuverlässigkeit i.S.d. § 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG vorsieht. Ob die Gewerbeuntersagung im Lichte des Grundrechts des A auf Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG rechtmäßig ist, hängt davon ab, ob die behördliche Gewerbeuntersagung verhältnismäßig ist.
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Die primäre Funktion der Freiheitsrechte als Abwehrrechte können Sie bei einigen Grundrechten schon daran erkennen, dass bei ihnen von „Beschränkungen“ die Rede ist (z.B. Art. 8 Abs. 2, Art. 10 Abs. 2 GG). Die öffentliche Gewalt darf dann nur unter bestimmten Voraussetzungen in die grundrechtlichen Verbürgungen eingreifen.
b) Grundrechte als Leistungsrechte
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Im Gegensatz zu den Freiheitsrechten sind die Leistungsrechte primär auf ein aktives Handeln der öffentlichen Gewalt zugunsten des Einzelnen gerichtet. Denn heutzutage gibt es durchaus Lebensbereiche, in denen der Einzelne auf das vorherige Tätigwerden des Staates angewiesen ist, um anschließend das Grundrecht (überhaupt erst) ausüben zu können. Bei den Leistungsrechten geht es damit in erster Linie um Leistungsansprüche des Einzelnen gegen die öffentliche Gewalt. Merke: Leistungsrechte gewähren „Schutz durch den Staat“.
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Leistungsansprüche des Einzelnen gegen die öffentliche Gewalt sind von Bedeutung, wenn der Einzelne die Einrichtung von, den Zugang zu oder die Gewährung von staatlichen Leistungen begehrt. Dies gilt vor allem, wenn der Staat bei bestimmten Einrichtungen ein (Quasi-)Monopol innehat.
Beispiel
Ein Studierwilliger ist in Deutschland regelmäßig auf die staatliche Bereitstellung von Studienplätzen angewiesen, um sein Grundrecht auf freie Wahl der Ausbildungsstätte aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG ausüben zu können.
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Innerhalb der Leistungsrechte wird zwischen den originären Leistungsrechten und den derivativen Leistungsrechten (Teilhaberechten) unterschieden.
aa) Originäre Leistungsrechte
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Originäre Leistungsrechte begründen echte Leistungsansprüche gegen die öffentliche Gewalt. Bei ihnen bildet das Grundrecht selbst die Grundlage für einen Anspruch auf Leistung gegen die öffentliche Gewalt. Als „originär“ werden diese Leistungsrechte deshalb bezeichnet, weil sie etwas hervorbringen, was vorher noch nicht vorhanden war.[17]
Beispiel
Gemäß Art. 6 Abs. 4 GG hat jede Mutter Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
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Ob es sich bei einem Grundrecht um ein originäres Leistungsrecht handelt, lässt sich anhand seines Wortlauts feststellen (z.B. Art. 1 Abs. 1 S. 1, Art. 6 Abs. 4 und Abs. 5, Art. 7 Abs. 4 S. 1, Art. 16a Abs. 1, Art. 17, Art. 19 Abs. 4 S. 1, Art. 101 Abs. 1 S. 2, Art. 103 Abs. 1 GG).[18]
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Was macht ein Grundrecht als originäres Leistungsrecht konkret aus? Diese Frage lässt sich am Beispiel des „Klassikers“ der originären Leistungsrechte anschaulich beantworten: Art. 7 Abs. 4 S. 1 GG gewährleistet die Privatschulfreiheit, d.h. das Recht, Privatschulen zu errichten und zu betreiben. Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Genehmigung des Staates (vgl. Art. 7 Abs. 4 S. 2 GG). Gemäß Art. 7 Abs. 4 S. 3 GG ist die Genehmigung zu erteilen, wenn u.a. eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Um diese Voraussetzung aus eigener Kraft erfüllen zu können, ist die Privatschule in der Regel darauf angewiesen, Schulgeld von ihren Schülern zu verlangen. Gerade die Erhebung von Schulgeld birgt aber die Gefahr, dass die Schüler nach den Besitzverhältnissen gesondert werden. Somit könnte sich die Privatschulfreiheit als ein Grundrecht erweisen, das nur auf dem Papier verbürgt ist und praktisch leer läuft. Um dies zu verhindern, hat das Bundesverfassungsgericht[19] entschieden, dass Privatschulen gegen die öffentliche Gewalt einen Anspruch auf finanzielle Unterstützung aus Art. 7 Abs. 4 S. 1 GG haben (Stichwort: „Privatschulfinanzierung“). Dadurch ist sichergestellt, dass die Privatschule die Gleichwertigkeit mit öffentlichen Schulen gewährleisten kann und eine Sonderung von Schülern nach ihren Besitzverhältnissen ausgeschlossen ist.
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Wie das Privatschulfinanzierungsbeispiel oben (Rn. 21) zeigt, sind mit originären Leistungsrechten erhebliche finanzielle Belastungen der öffentlichen Hand verbunden. Da die öffentliche Hand keine unerschöpflichen finanziellen Ressourcen hat, die Haushaltsmittel vielmehr immer nur in begrenztem Umfang zur Verfügung stehen, kann es originäre Leistungsrechte im Grundgesetz nur ausnahmsweise geben. Denn ein Mehr an finanziellen Aufwendungen für eine bestimmte Leistungsverpflichtung zwingt die öffentliche Gewalt zwangsläufig dazu, bei anderen Verpflichtungen zu sparen. Wenn dadurch die Ausübung anderer Grundrechte ins Leere liefe, könnte dies den freiheitlichen Charakter des Grundgesetzes gefährden. Selbst ausnahmsweise anerkannte originäre Leistungsrechte bestehen nicht unbegrenzt. Gerade wegen der möglicherweise erheblichen finanziellen Belastungen, die die öffentliche Gewalt für die Erfüllung dieser Rechte auf sich nehmen muss, und der damit verbundenen Gefahr einer finanziellen Überbelastung des Staatshaushaltes stehen die originären Leistungsrechte immer unter