Grundrechte. Daniela Schroeder
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a) Einrichtungsgarantien
aa) Allgemein
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Einige Grundrechte enthalten nicht nur subjektiv-öffentliche Rechte, sondern garantieren auch den Bestand bestimmter Rechtseinrichtungen. Solche sog. Einrichtungsgarantien gewährleisten den Bestand von Normenkomplexen, der notwendig ist, um das betreffende Grundrecht (überhaupt) ausüben zu können. So garantiert z.B. Art. 7 Abs. 4 GG das Rechtsinstitut der Privatschule.[27]
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Ob ein Grundrecht eine Einrichtungsgarantie enthält, erkennen Sie oft bereits am Wortlaut des Grundrechts. So gewährleistet Art. 6 Abs. 1 GG die Rechtsinstitute Ehe und Familie;[28] Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistet neben dem Rechtsinstitut Erbrecht auch das Rechtsinstitut Eigentum.[29]
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In ihrem wesensmäßigen Kernbereich stehen die Einrichtungsgarantien nicht zur Disposition des Gesetzgebers. Die Einrichtungsgarantien als solche dürfen daher nicht abgeschafft werden.
Beispiel
T ist 90 Jahre alt und erfreut sich bester Gesundheit. Sein Testament hat er schon vor Jahren errichtet. Er besitzt ein Haus an der Nordsee und möchte dies später einmal seiner geliebten Nichte vererben. Eines Morgens liest er in der Zeitung, dass der Gesetzgeber beschlossen hat, zur Sanierung des Finanzhaushalts die auf Privatimmobilien anfallende Erbschaftssteuer auf sagenhafte 75 % zu erhöhen. T ist empört. Er findet, dass das Vererben von Immobilien demnächst nur noch eine Farce ist. – Art. 14 Abs. 1 GG garantiert das Institut des Erbrechts. Hebt der Gesetzgeber wie hier die auf Privatimmobilien anfallende Erbschaftssteuer in einer Größenordnung an, die den Erben übermäßig belastet mit der Folge, dass das Vererben vom Standpunkt eines wirtschaftlich denkenden Erblassers sinnlos wird und das in Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG gewährleistete Rechtsinstitut der Privaterbfolge letztlich nur noch eine leere Hülse darstellt, verletzt der Gesetzgeber das Rechtsinstitut der Privaterbfolge.[30]
JURIQ-Klausurtipp
Der wesensmäßige Kernbereich von Einrichtungsgarantien wird allgemein eng gefasst, um den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers nicht übermäßig einzuschränken. Verstöße gegen Einrichtungsgarantien sind daher selten. In der Fallbearbeitung werden Sie daher meist zu dem Ergebnis gelangen, dass der Gesetzgeber den wesensmäßigen Kernbereich des betreffenden Grundrechts eingehalten hat. – Am Beispiel der Erbschaftssteuererhöhung sehen Sie, dass der wesensmäßige Kernbereich einer Institutsgarantie die äußerste Grenze für einen verfassungsrechtlich zu rechtfertigenden Eingriff des Gesetzgebers in das betreffende Grundrecht bildet. Überschreitet der Gesetzgeber oder ein anderer Hoheitsträger diese äußerste Grenze ausnahmsweise, verletzt er das betreffende Grundrecht. – In der Fallbearbeitung prüfen Sie die Frage, ob der wesensmäßige Kernbereich des betreffenden Grundrechts eingehalten wurde, nach der Angemessenheit der staatlichen Maßnahme (s.u. Rn. 149 ff.).
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Der Gesetzgeber darf aber außerhalb des wesensmäßigen Kernbereichs aktiv sein und eine Einrichtungsgarantie verändern. Hier besteht dann allerdings die Gefahr, dass der Gesetzgeber die Einrichtungsgarantien durch kleinere negative Rechtsveränderungen, die nicht für sich, aber in ihrer Summe spürbar sind, schleichend aushöhlt.[31]
bb) Unterscheidung zwischen institutionellen Garantien und Institutsgarantien
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Herkömmlich wird bei den Einrichtungsgarantien zwischen sog. institutionellen Garantien und sog. Institutsgarantien unterschieden.
(1) Institutionelle Garantien
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Institutionelle Garantien entziehen öffentlich-rechtliche Einrichtungen der Disposition des Gesetzgebers.
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Die institutionellen Garantien beziehen sich auf öffentlich-rechtliche Normenkomplexe.
(2) Institutsgarantien
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Institutsgarantien entziehen privat-rechtliche Einrichtungen der Disposition des Gesetzgebers.
Die Institutsgarantien beziehen sich auf privat-rechtliche Normenkomplexe. Zu den Institutsgarantien gehören z.B. die Ehe und die Familie (Art. 6 Abs. 1 GG), die elterliche Sorge (Art. 6 Abs. 2 GG), die Privatschule (Art. 7 Abs. 4 GG), das Eigentum und das Erbrecht (Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG).
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Umstritten ist, ob Art. 5 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GG das Institut der freien Presse gewährleistet. Die Befürworter, zu denen auch das Bundesverfassungsgericht gehört,[32] vertreten die Auffassung, eine freie Presse, insbesondere eine freie politische Presse, sei ein Wesenselement der modernen Demokratie. Die Presse habe eine „öffentliche Aufgabe“, die keinesfalls von der öffentlichen Gewalt erfüllt werden könne. Mit der Anerkennung des Instituts der freien Presse erhalte diese eine Rechtsstellung in der Verfassung, die ihrer Funktion im demokratischen Staat entspreche. Dem wird aber entgegengehalten, die freie Presse sei weder ein privatrechtliches Institut noch eine öffentlich-rechtliche Institution, sondern ein rein gesellschaftlicher Befund, weshalb Art. 5 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GG kein Institut der freien Presse garantiere.[33]
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In der Fallbearbeitung kommt es entscheidend darauf an, dass Sie den Meinungsstreit als solchen kennen und ihn fallbezogen darstellen. Welcher Meinung Sie folgen, entscheiden Sie selbst. Wichtig ist, dass Sie eigenständig und folgerichtig am konkreten Fall argumentieren. Wenn allerdings das Bundesverfassungsgericht – wie hier – bereits mehrfach entschieden hat, dass Art 5 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GG die freie Presse als Institut garantiert, müssen Sie schon gute Argumente bringen, um dieser Ansicht überzeugend entgegenzutreten.
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Institutsgarantien