Handbuch des Strafrechts. Группа авторов

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verantwortungsausschließender Umstände wird bei Rechtsunkundigen oft zu der Annahme führen, das Handeln sei erlaubt. Darin liegt aber kein Problem. Denn es ist ohne weiteres möglich, dass die mittelbare Täterschaft bei demselben Sachverhalt in verschiedenen Erscheinungsformen auftritt.

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      Eine bloße Teilnahme liegt freilich vor, wenn der Ausführende und der Veranlassende gleichermaßen verantwortungsausschließende Umstände irrtümlich annehmen. Denn dann fehlt eine herrschaftsbegründende überlegene Kenntnis des Hintermannes.

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      Ob und ggf. inwieweit eine mittelbare Täterschaft auch dann möglich ist, wenn der Ausführende trotz seines Irrtums voll deliktisch handelt, ist bis heute äußerst umstritten. Ich hatte im Jahr 1976[77] drei Fallgruppen genannt, in denen die Hervorrufung eines Irrtums beim Ausführenden auch dann zur mittelbaren Täterschaft eines Hintermannes führt, wenn der unmittelbar Handelnde trotz seines Irrtums als voll verantwortlicher Vorsatztäter haftet: die Täuschung über das Ausmaß des verwirklichten Unrechts (a), die Täuschung über qualifizierende Tatumstände (b) und die Hervorrufung eines error in persona (c). Alle drei Konstellationen stehen noch heute in der Diskussion.

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      Als Schulbeispiel für diese Konstellation dient ein von Herzberg[78] erfundener Sachverhalt: Ein Hintermann veranlasst den Ausführenden zur Vernichtung eines einem Dritten gehörenden wertvollen Kandinsky-Bildes durch die Vorspiegelung, es handele sich um ein wertloses Geschmiere. Aber auch andere Fälle dieser Art sind leicht zu bilden. So kann etwa jemand einen anderen zu einer vorgeblich leichten Körperverletzung bestimmen und dabei eine ihm bekannte besondere Anfälligkeit des Opfers verschweigen, so dass dieses keine leichte, sondern eine schwere Verletzung davonträgt. Oder jemand wird durch einen anderen veranlasst, jemanden durch Einschließung der Freiheit zu berauben. Dabei wird ihm versichert, die Einschließung werde nur kurzfristig sein, während sie in Wirklichkeit, wie der Hintermann weiß, drei Tage lang dauert.

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      Bei einem solchen „graduellen“ Tatbestandsirrtum[79] wird man eine mittelbare Täterschaft des Hintermannes bejahen müssen.[80] Denn wenn der Kandinsky – um es am Ausgangsbeispiel zu verdeutlichen – hundertausendmal so viel wert ist wie ein unkünstlerisches „Geschmiere“, ist der Herrschaftsanteil des Hintermannes hunderttausendmal so groß wie der des Ausführenden, der ahnungslos ein unersetzliches Kunstwerk zerstört. Es geht nicht an, denjenigen, der den weitaus überwiegenden Teil des Unrechtsgeschehens beherrscht, nur als Randfigur (Anstifter) zu bestrafen. Entsprechendes gilt für den, der für eine gravierende Körperverletzung oder die lange Dauer einer Freiheitsberaubung allein verantwortlich ist.

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      Für eine mittelbare Täterschaft sprechen noch weitere Gründe. Wer einen zur Verabreichung einer Ohrfeige Entschlossenen dazu bewegt, das Opfer krankenhausreif zu schlagen, ist wegen Anstiftung zur Körperverletzung strafbar.[81] Dann muss bei Benutzung eines im Hinblick auf die Übersteigerung ahnungslosen Werkzeugs eine mittelbare Täterschaft vorliegen.

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      Die Annahme einer mittelbaren Täterschaft wird auch dadurch nahegelegt, dass eine Anstiftung zur Körperverletzung gleichzeitig ein Mord in mittelbarer Täterschaft sein kann, wenn dem zur Körperverletzung Angestifteten die tödliche Wirkung des zur Verletzung dienenden Mittels verschwiegen wird.[82] Wenn die Übersteigerung bei zwei verschiedenen Tatbeständen zur mittelbaren Täterschaft führt, muss das für eine Täuschung über die Unrechtshöhe im Rahmen desselben Tatbestandes ebenso gelten. Die mittelbare Täterschaft bei einer gravierenden Täuschung über das Maß des durch die Tat verwirklichten Unrechts wird auch nicht allein durch das überlegene Wissen des Hintermannes begründet. Auch das Hemmungsmotiv beim Ausführenden ist – im Verhältnis zum Fall einer Anstiftung – drastisch herabgesetzt. Der Vernichtung eines „wertlosen Geschmieres“ stehen nur ganz geringe, der Zerstörung eines sehr wertvollen Gemäldes dagegen fast unüberwindliche Hemmungen entgegen.

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      Freilich muss man für eine mittelbare Täterschaft verlangen, dass die Täuschung zu einem erheblichen Irrtum über das Schadensausmaß führt. Eine geringfügige Differenz des Kenntnisstandes genügt nicht, um dem Hintermann die Herrschaft über eine selbstständige Tat zuzusprechen.

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      Die hier befürwortete Lösung hat in der Literatur viele Anhänger[83], aber auch zahlreiche Gegner[84].

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      Die Vertreter einer dem Verantwortungsprinzip auch in diesen Fällen anhängenden Anstiftungslösung berufen sich im Wesentlichen darauf, dass der unmittelbar Handelnde den Tatbestand vorsätzlich-schuldhaft verwirkliche und daher die Tatherrschaft innehabe, wodurch die Täterschaft eines Hintermannes ausgeschlossen werde. Der Irrtum des Ausführenden sei daher „ein unbeachtlicher Motivirrtum“[85]. Es handele sich lediglich um einen Irrtum über „strafzumessungsrelevante Tatsachen“[86], der keinen Anlass biete, „vom Verantwortungsprinzip abzuweichen“. Außerdem wird allgemein darauf hingewiesen, dass das Kriterium, wonach die mittelbare Täterschaft eine erheblich größere Kenntnis des Hintermannes vom Schadensausmaß verlange, zu unbestimmt sei.

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      Beide Einwände greifen aber nicht durch. Denn die Tatherrschaft ist keine „Tatbestandsherrschaft“, die bei schuldhaft-vorsätzlicher Tatbestandsverwirklichung andere von der Tatherrschaft notwendig ausschließt. Es handelt sich vielmehr um eine das gesamte Delikt und vor allem auch das tatbestandliche Unrecht umfassende Herrschaft. Der bei weitem größere Teil des Unrechtsgeschehens wird aber in den genannten Fällen allein vom Hintermann beherrscht. Es ist daher verfehlt, die Tatherrschaft allein demjenigen zuzusprechen, der nur einen sehr kleinen Teil des Tatunrechts beherrscht.

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      Auch der Einwand, es lasse sich nicht sicher genug bestimmen, wann der vom Hintermann allein beherrschte Anteil an der Unrechtsverwirklichung erheblich größer sei als das vom Ausführenden bewusst verwirklichte Unrecht, überzeugt nicht. Grenzfälle, die es überall gibt, sind kein Argument gegen die Annahme einer mittelbaren Täterschaft in den Fällen deutlich überwiegender Unrechtsbeherrschung durch den Hintermann. Und in den echten Grenzfällen ergeben sich keine praktischen Probleme, weil der Strafrahmen bei mittelbarer Täterschaft und Anstiftung derselbe ist.

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      Was für Fremdschädigungen bei überlegenem Wissen des Hintermannes gilt, ist auch auf Selbstschädigungen anwendbar. Wenn also jemand einen anderen zur Berührung einer Stromleitung durch die Zusicherung veranlasst, er werde nur einen leichten Stromstoß verspüren, während in Wirklichkeit, wie er weiß, ein schwerer und schmerzlicher Stromschlag die Folge ist, hat eine Körperverletzung in mittelbarer Täterschaft begangen.

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