Handbuch des Strafrechts. Группа авторов

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      Es kommt hinzu, dass das Sachargument, auf das sich die Befürworter einer im Verhältnis zur Fremdschädigungsveranlassung weitergehenden Bestrafung des Hinwirkens auf eine Selbstschädigung stützen, keine Überzeugungskraft besitzt. Es wird immer wieder darauf hingewiesen, dass der Fremdschädigung in Gestalt der Strafdrohung ein Hemmungsmotiv entgegensteht, das im Fall der Selbstschädigung fehlt. Dabei wird übersehen, dass der Selbstschädigung das mindestens ebenso starke Hemmungsmotiv entgegensteht, sich selbst und die eigene Rechtssphäre vor Beeinträchtigungen zu schützen. Joecks[47] sagt sogar: „Psychologisch gesehen ist es einfacher, jemand anderen zu erschießen als sich selbst.“

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      Es gibt außerdem keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber die Verantwortlichkeit für eigenes Handeln jemals nach den Regeln über die Wirksamkeit der Einwilligung oder den Maßstäben der einfachen Nötigung (§ 240 StGB) bestimmt hat. Wo das Problem eine praktische Bedeutung gewinnen kann – bei Tötungs- und Körperverletzungsdelikten – zeigen §§ 216, 228 StGB im Gegenteil, dass der Gesetzgeber die Mitwirkung an einer Selbstschädigung auch dort straflos lässt, wo er eine durch Einwilligung oder sogar ein Verlangen gedeckte Fremdschädigung für strafbar erklärt.

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      Es bestehen auch gute Gründe, Selbstschädigungen anders als nach den Regeln der Einwilligung zu behandeln. Denn die „Einwilligung“ ist in der Realität ein schnell gesprochenes, oft missdeutbares oder übereiltes und bisweilen bereutes Wort, dessen Gültigkeit vielfach von vornherein bezweifelt werden kann, wenn sie sich auf eine irreparable Schädigung bezieht. Dagegen vollzieht der sich selbst Schädigende die Rechtsgutsbeeinträchtigung in eigener Person und behält das Geschehen bis zuletzt in der Hand, während der Einwilligende die Herrschaft über den Schadensvollzug aus der Hand gibt.

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      Die neuere Rechtsprechung hat sich nur selten mit Fällen erzwungener Selbstschädigung befasst. Im Fall Hoefeld[48] wurde mit Recht ein Tötungsversuch angenommen, als Eltern ihre Tochter durch Schläge zu einem Selbstmordversuch trieben. Ein – freilich nie vor Gericht gekommener – Totschlag lag auch im Fall des Generalfeldmarschalls Rommel vor, der von Hitler wegen seiner Verstrickung in das Attentat vom 20. Juli 1944 durch Drohung mit Hinrichtung zum Selbstmord gezwungen wurde. OGHSt 2, 7 f. bejaht zutreffend eine Körperverletzung in einem Fall, in dem KZ-Häftlinge mit den Mitteln des § 35 StGB zu stundenlangem Aufenthalt in eiskaltem Wasser gezwungen wurden.

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      Eine eindeutige Stellungnahme in der Frage, ob eine mittelbare Täterschaft in Analogie zu § 35 oder schon bei Ausübung geringeren Drucks auf den Selbstschädiger anzunehmen sei, lässt auch die neuere BGH-Rechtsprechung nicht erkennen. Einerseits verweist BGHSt 32, 41 unter Bezugnahme auf meine Abhandlung in der Dreher-FS[49] ausdrücklich auf § 35 StGB. Andererseits hat der BGH[50] schon den Umstand, dass eine Ehefrau ihrem Mann einen Selbstmord vorgeschlagen, das Gift gemischt und den Plan „zügig“ durchgesetzt hatte, für eine Tatherrschaft der Frau und die Bejahung einer mittelbaren Täterschaft genügen lassen, ohne dass eine eigentliche Drohung oder Nötigung überhaupt vorgelegen hätte. Freilich waren in diesem Fall, worauf später einzugehen sein wird, auch die Vortäuschung eines Doppelselbstmordes und der prekäre seelische Zustand des Mannes zu berücksichtigen.

      12. Abschnitt: Täterschaft und Teilnahme§ 52 Mittelbare Täterschaft › D. Die Irrtumsherrschaft

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      Neben die Nötigungsherrschaft als Zwangseinwirkung auf den Willen des unmittelbar Handelnden tritt die Irrtumsherrschaft als zweite Grundkategorie der mittelbaren Täterschaft (der Willensherrschaft). Man kann eine Tatbestandsverwirklichung nicht nur dadurch beherrschen, dass man einem unmittelbar Handelnden seinen Willen aufzwingt, sondern auch, indem man seine Unkenntnis ausnutzt und ihn dadurch zum Werkzeug seiner Pläne macht. Eine solche Irrtumsherrschaft kann in vier Erscheinungsformen auftreten.[51] Sie sind schon oben (Rn. 19 ff.) genannt worden und werden nachfolgend dargestellt.

I. Das vorsatzlos handelnde Werkzeug

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      Hier liegt ein eindeutiger und unbestrittener Fall mittelbarer Täterschaft vor. Das sei an zwei bekannten Schulbeispielen verdeutlicht. Ein Mord in mittelbarer Täterschaft ist gegeben, wenn ein von einer Patientin als Erbe eingesetzter Arzt, um rascher an die Erbschaft zu kommen, einer Krankenschwester eine vorgeblich schmerzlindernde, in Wirklichkeit tödliche Spritze übergibt, die diese dem Opfer weisungsgemäß injiziert. Ein Diebstahl in mittelbarer Täterschaft ist anzunehmen, wenn jemand in einem Restaurant einen Bekannten bittet, ihm seinen am rechten Garderobenhaken hängenden Mantel zu bringen, der aber im Eigentum eines anderen steht, so dass der seine Herbeiholung Erbittende ihn sich rechtswidrig zueignen kann.

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      Bei Schuldlosigkeit oder unbewusster Fahrlässigkeit des Ausführenden wird dieser vom Hintermann als blinder Kausalfaktor zur Erfolgsherbeiführung benutzt. Man könnte in solchen Fällen sogar von einer unmittelbaren Täterschaft des Veranlassenden sprechen, wie man dies beim Einsatz mechanischer Kausalfaktoren ohne weiteres tut. Da jedoch Menschen „andere“ i.S.d. § 25 Abs. 1 StGB sind, empfiehlt es sich, diesen Fall entsprechend dem herkömmlichen Sprachgebrauch bei der mittelbaren Täterschaft einzuordnen.

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      Etwas schwieriger wird die Beurteilung, wenn der unmittelbar Ausführende bewusst fahrlässig handelt. Er sieht also die Möglichkeit einer Tatbestandsverwirklichung – er erwägt also z.B., ob die Spritze möglicherweise vergiftet sei oder der Mantel in fremdem Eigentum stehe –, vertraut aber darauf, dass alles in Ordnung sei. Obwohl der Ausführende in solchen Fällen kein ganz blindes Werkzeug ist, muss dem Hintermann jedoch auch hier die Tatherrschaft und damit die mittelbare Täterschaft zugesprochen werden.[52] Das beruht einerseits darauf, dass der Hintermann den Sachverhalt weitaus besser übersieht als der Ausführende (er weiß, was der andere nur als eine theoretische Möglichkeit ansieht) und dass andererseits demjenigen, der auf die Rechtmäßigkeit des Vorganges vertraut, das Hemmungsmotiv fehlt, das der Bitte des Hintermannes entgegengesetzt werden könnte. Mindestens das letztgenannte Argument rechtfertigt auch dann noch die Annahme einer mittelbaren Täterschaft, wenn der Hintermann nur mit dolus eventualis handelt.

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      Eine mittelbare Täterschaft durch ein vorsatzlos handelndes Werkzeug liegt auch dann vor, wenn der Hintermann dem Ausführenden eine Rechtfertigungslage vorspiegelt, ihn also in einen Erlaubnistatbestandsirrtum versetzt. Wenn A dem

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