Handbuch des Strafrechts. Группа авторов

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Handbuch des Strafrechts - Группа авторов страница 137

Жанр:
Серия:
Издательство:
Handbuch des Strafrechts - Группа авторов

Скачать книгу

genannt wurde, ist nur deshalb nicht Gesetz geworden, weil der Gesetzgeber auch die Möglichkeit einer mittelbaren Täterschaft trotz „vollverantwortlichen Tatmittlers“ offenhalten wollte.[11] Die Annahme einer bloßen Anstiftung verstößt also gegen den eindeutigen Willen des Gesetzgebers. Das gilt auch gegenüber der These von Noltenius, wonach der Ausführende auch im Nötigungsnotstand derjenige bleibe, „dem die Rechtsverletzung als sein willentliches Werk zuzurechnen ist“. Denn die „Rechtsverletzung“ wird ihm vom Gesetz – und darauf allein kommt es an – gerade nicht zugerechnet![12]

      33

      Häufiger vertreten wird die extreme Gegenauffassung, nach der auch Willensbeeinflussungen unterhalb der Grenze des Nötigungsnotstandes eine mittelbare Täterschaft begründen können. Schroeder[13] will schon im „Grenzbereich der Entschuldigungsgründe“ eine mittelbare Täterschaft annehmen. Maurach/Gössel[14] bejahen eine Tatherrschaft des Hintermannes bei „psychischer Beherrschung des strafbaren Tatmittlers“, z.B. in dem Fall, dass jemand eine ihm hörige Frau durch die Drohung, sie sonst zu verlassen, zur Tötung ihres Ehemanns bestimmt. Schild[15] meint, dass „auch z.B. schwerwiegende Bedrohung des Vermögens, der Ehre, des Hausrechts usw. ausreichenden Druck erzeugen könnten, wenn sie der Hintermann gezielt und erfolgreich zur Lenkung des Genötigten einsetzt“. Hoyer[16] betont: „Der Hintermann muss … entweder Gewalt angewendet oder mit einem empfindlichen Übel gedroht haben; die dadurch hervorgerufene Zwangslage braucht aber weder den Voraussetzungen des § 20 noch denen des § 35 zu genügen.“ Frister[17] schließlich zieht eine Parallele zu den Irrtumsfällen. Es spreche „vor allem der Vergleich mit dem aufgrund eines Irrtums handelnden Werkzeugs dafür, … jeden nach § 240 rechtswidrigen Zwang für eine mittelbare Täterschaft ausreichen zu lassen“. Es werde „die Überlegenheit eines rechtswidrig nötigenden Hintermannes nicht dadurch beseitigt, dass der Vordermann rechtlich verpflichtet ist, der Nötigung standzuhalten. Wenn A den B durch Drohung mit der Offenbarung ehrenrühriger Tatsachen erfolgreich dazu nötigt, das Auto des C zu zerkratzen, ist B zwar wegen Sachbeschädigung strafbar. Aber dies ändert nichts daran, dass er die Tat nur deshalb begangen hat, weil A ihn rechtswidrig dazu gezwungen hat.“

      34

      

      Aber auch diese Auffassungen, die dem oben (Rn. 11) sog. Prinzip der überwiegenden Einflussnahme folgen, verfehlen die gesetzliche Verantwortungszuweisung. Der Ausführende bleibt in vollem Umfang strafbar und übersieht das Geschehen in demselben Maße wie der Hintermann. Der Hintermann ist auf die freie und verantwortliche Entscheidung des Ausführenden zur Tatbegehung angewiesen. Sein Willenseinfluss erreicht nicht den Grad der Willensherrschaft, so dass er Anstifter bleibt. Es besteht auch kein kriminalpolitisches Bedürfnis zur Annahme einer mittelbaren Täterschaft, weil die Bestrafung wegen Anstiftung in Idealkonkurrenz mit Nötigung allen Bestrafungsbedürfnissen vollauf genügt. „Umgekehrt lässt sich dadurch, dass auch … Fälle einer gravierenden Einflussnahme noch unter § 26 fallen, die andernfalls zweifelhafte Gleichstellung im Strafrahmen zwischen Anstiftung und Täterschaft rechtfertigen.“[18]

      35

      Es kommt zweierlei hinzu. Zunächst ist es doch ein erheblicher Unterschied, ob jemand einer „gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib oder Freiheit“ ausgesetzt ist (§ 35 Abs. 1, S. 1 StGB) oder mit der Offenbarung ehrenrühriger Tatsachen oder der Untreue eines Geliebten[19] bedroht wird. Einfache Nötigungen sind keine Gefahr für die Körperintegrität oder die Freiheit; das angedrohte Übel ist meist noch nicht gegenwärtig und oft auch anders abwendbar. Es bestehen also sehr gute Gründe, sich der gesetzlichen Wertung anzuschließen und zwischen Willensherrschaft und Willenseinfluss nach dem Maßstab des § 35 zu unterscheiden.

      36

      

      Auch die von Frister gezogene Parallele zu den Irrtumsfällen rechtfertigt keine andere Abgrenzung. Zwar kann nach der hier vertretenen Lehre von der mittelbaren Täterschaft als „Verwirklichungsherrschaft“ ein Irrtum des Ausführenden den Hintermann u.U. auch dann zum mittelbaren „Täter hinter dem Täter“ machen, wenn der Irrende für sein Tun als Vorsatztäter verantwortlich bleibt. Aber das ist nur dann der Fall, wenn wesentliche Dimensionen des konkreten Tatunrechts vom Ausführenden nicht erkannt und allein vom Hintermann beherrscht werden. Bei der hier behandelten Konstellation aber übersieht der Genötigte den Sachverhalt und die Unrechtsdimension genauso gut wie der Hintermann.

      37

      

      Es bleibt also dabei: In den Nötigungsfällen erfolgt die Abgrenzung von mittelbarer Täterschaft und Anstiftung nach dem Verantwortungsprinzip.

      38

      39

      Die eindeutigste Situation ist die, dass ein Hintermann einen anderen nicht durch eine Nötigung, sondern durch Schaffung einer Gefahrenlage i.S.d. § 35 StGB in eine Situation bringt, die diesen dazu veranlasst, sich auf Kosten anderer zu retten. Wenn also A den B bei einer Bergtour in eine Gefahrenlage manövriert, aus der B sich, wie von A geplant, nur durch ein Zerschneiden des Seils und die damit verbundene Tötung des C retten kann, ist A für die Tötung des C als mittelbarer Täter verantwortlich. Denn er hat die Gefahrensituation geschaffen, die zur Entschuldigung des unmittelbar Handelnden führt, so dass die Herrschaftslage derjenigen des Nötigungsnotstandes entspricht.[21] Demgegenüber will Schumann[22] eine mittelbare Täterschaft nur beim Nötigungsnotstand bejahen. Es kann aber keinen Unterschied machen, ob der Hintermann den Ausführenden durch eine Drohung oder durch andere Mittel in eine dem § 35 unterfallende Situation bringt; der verantwortungsausschließende Nötigungsdruck ist in beiden Fällen derselbe.

      40

      

      Eine zweite Sachverhaltsgruppe ist die, dass ein Hintermann dem ohne sein Zutun in Not Geratenen die Möglichkeit verschafft, sich auf Kosten anderer zu retten. Er gibt z.B. dem Schiffbrüchigen einen Revolver, mit dem dieser sich einen sonst nicht erlangbaren Platz im Rettungsboot „freischießt“. Auch hier verursacht der Hintermann den Tod anderer durch eine nach § 35 StGB entschuldigte Mittelsperson.[23]

      41

      Demgegenüber will Frister[24] den Hintermann nur wegen Beihilfe bestrafen. Er habe „– weil er die Zwangslage nicht beseitigen kann – gegenüber dem Ausführenden keine überlegene Position“. Er kann jedoch als einziger den Tod Dritter durch eine nicht verantwortliche Mittelperson bewirken, und das verschafft ihm die Tatherrschaft.

      42

      

      Ein dritter Fall mittelbarer Täterschaft liegt vor, wenn jemand die Rettung aus einer ohne sein Zutun entstandenen Gefahr i.S.d. § 35 StGB von einer Straftatbegehung abhängig macht. Jemand erklärt sich z.B. nur unter der Bedingung bereit, einen Schwerverletzten ins Krankenhaus zu fahren, dass dieser seine Unterschrift für eine Urkundenfälschung hergibt. Auch hier liegt die Tatherrschaft beim Hintermann, der eine exkulpierende Notlage zur Tatbegehung „durch einen anderen“ benutzt.[25]

      43

      Das

Скачать книгу