Handbuch des Strafrechts. Группа авторов

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und „ethische Säuberungen“.

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      Dieses Kriterium wird vor allem durch den Hinweis bestritten, dass es keine selbstständige Funktion habe, weil es nur die Strafbarkeit des konkreten Verhaltens bezeichne.[139] Aber mit der Rechtsgelöstheit ist mehr als die Strafbarkeit im Einzelfall gemeint. Denn sie sichert die reibungslose Durchführung der Straftaten gerade dadurch, dass der Ausführende nicht befürchten muss, strafrechtlich zur Verantwortung gezogen zu werden. Jakobs[140] spricht mit Recht von einer „faktischen Hemmungslosigkeit des Ausführenden“, „wenn … eine Gegenwelt zur rechtlich verfassten Welt einigermaßen stabil etabliert worden ist, so dass es … auf die Rechtlichkeit des Angeordneten für den Ausführenden überhaupt nicht mehr ankommt“.

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      Der oberste peruanische Gerichtshof hat im erstinstanzlichen Fujimori-Urteil die Rechtsgelöstheit als für die mittelbare Täterschaft der Hintermänner geradezu „entscheidend“ erklärt,[141] weil dadurch die Herrschaft über die Organisation konsolidiert werde und weil sie dazu führe, „dass die Vollstrecker eher zur Tatbegehung bereit sind, weil sie wissen …, dass keine Norm oder Autorität ihr kriminelles Verhalten aufhalten oder bestrafen wird“.

      189

      Man muss nur zwei Klarstellungen beachten.[142] Bei Staatsverbrechen, wie sie die nationalsozialistischen Gewalthaber, die Staatsführung der DDR, aber auch zahlreiche Diktaturen in aller Welt begangen haben, genügt eine Rechtsgelöstheit, die sich auf bestimmte Tätigkeitsfelder (etwa die Verfolgung von Minderheiten und Regimegegnern) beschränkt. Außerdem kommt es für die rechtliche Beurteilung nicht auf die Ansicht der Verbrechensorganisatoren, sondern auf den Rechtsstandpunkt des erkennenden Gerichts an. Auch wenn etwa die Mitglieder des Nationalen Verteidigungsrates der DDR Tötungen zur Verhinderung einer „Republikflucht“ für rechtmäßig gehalten haben, bezeugen sie damit eine Einstellung, die sich von den anerkannten rechtlichen Normen gelöst hat.

      190

      

      Auch dieses Kriterium ist nicht unbestritten, wird aber vom BGH, vom IStGH und auch von den peruanischen Urteilen anerkannt.[143] Freilich genügt es nicht für das Vorliegen eines mittelbare Täterschaft begründenden Machtapparates, dass eine Gruppe von Delinquenten nur durch persönliche Beziehungen miteinander verbunden ist. Die Organisation muss einen vom Wechsel der Mitglieder unabhängigen Bestand haben und nicht auf die Bereitwilligkeit Einzelner angewiesen sein.

      191

      Der oft erhobene Einwand, dass auch in einem solchen Fall der zur unmittelbaren Tatausführung Berufene durch befehlswidriges Verhalten das Opfer verschonen könne und dass dies eine Herrschaft der Hintermänner ausschließe, geht fehl. Bei den KZ-Morden, bei „ethnischen Säuberungen“ und bei der Liquidation von Regimegegnern hat der einzelne Exekutor kaum je eine Verhinderungsmacht, weil viele Ausführende an dem Geschehen beteiligt sind und die Tat übernehmen, vor der ein Einzelner vielleicht zurückschreckt. Selbst beim Schießbefehl an der Mauer konnte ein Einzelner nicht nach Belieben Flüchtlinge entkommen lassen, weil er von anderen beobachtet wurde, die ggf. eingegriffen hätten.

      192

      Wenn es einer unkontrollierten Entscheidung des Ausführenden überlassen bleibt, ob die angeordnete Tat begangen wird oder nicht, fehlt es an einer funktionierenden Organisation und mit ihr an einer Organisationsherrschaft.

      193

      Eine Organisationsherrschaft wird freilich nicht dadurch ausgeschlossen, dass in seltenen Einzelfällen eine angeordnete Tat vereitelt werden konnte, wenn z.B. ein mit der Erschießung von „Flüchtlingen“ beauftragter KZ-Aufseher ein Opfer unbemerkt entkommen ließ. Aber damit wird nur bewiesen, dass eine mittelbare Täterschaft, wie bei ihren sonstigen Erscheinungsformen, ausnahmsweise auch hier im Versuch stecken bleiben kann. Der BGH hat mit Recht im Hinblick auf die Organisationsherrschaft festgestellt: „… beim Einsatz irrender oder schuldunfähiger Werkzeuge sind Fallgestaltungen häufig, bei denen der mittelbare Täter den Erfolgseintritt weit weniger in der Hand hat als bei Fällen der beschriebenen Art.“

      194

      Ambos[144] will die Organisationsherrschaft auf die Organisationsspitze beschränken und Befehlshaber der mittleren Hierarchie (wie z.B. Eichmann) nicht als mittelbare Täter anerkennen, weil die von ihnen ausgeübte Teilherrschaft nicht die Herrschaft über die Organisation verschaffe.

      195

      Dem ist aber nicht zuzustimmen. Denn die Tatherrschaft zwischengeschalteter Befehlshaber beruht, wie gerade der Fall Eichmann zeigt, darauf, dass sie kraft ihrer Anordnungsgewalt den ihnen unterstellten Apparat und mit ihm die Tatbestandsverwirklichung genauso in der Hand halten wie der Mann an der Spitze. Dass diese Befehlsgewalt „von oben“ abgeleitet ist, ändert daran nichts.

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      So sieht das auch das Fujimori-Urteil:[145] „Daher muss jeder, der aufgrund seiner hierarchischen Stellung die Maschinerie des organisatorischen Machtapparates zum Laufen bringt, als mittelbarer Täter haften.“ Ich hatte schon vor mehr als 50 Jahren gesagt,[146] die Herrschaft der Organisationsspitze werde „gerade dadurch ermöglicht, dass auf dem Wege vom Plan zur Realisierung des Verbrechens jede Instanz von Stufe zu Stufe den von ihr ausgehenden Teil der Kette weiterlenkt, auch wenn von höherer Warte aus gesehen der jeweils Lenkende selbst nur als Glied einer über ihn hinaus nach oben sich verlängernden, beim ersten Befehlsgeber endenden Gesamtkette erscheint“. Die Literatur hat sich, soweit sie das Problem erörtert, mir überwiegend angeschlossen.[147]

      197

      Fr.-Chr. Schroeder[148] gründet die mittelbare Täterschaft der Hintermänner in deliktischen Organisationen auf die von vornherein bestehende „Tatentschlossenheit“ des Ausführenden, während M. Heinrich[149] in ähnlicher Weise die „organisationstypische Tatgeneigtheit“ der unmittelbar Handelnden als Grund für die mittelbare Täterschaft der Hintermänner beurteilt.

      198

      

      Damit wird etwas Richtiges gesehen. Aber es handelt sich dabei nicht um selbstständige Kriterien der Organisationsherrschaft, sondern um Dispositionen, die sich aus den drei von mir genannten Merkmalen dieses Herrschaftstyps ergeben. Die Ausführenden sind „tatentschlossen“ oder „tatgeneigt“, weil die Anordnung im Rahmen der Machtorganisation einen Anpassungsdruck ausübt, weil die Rechtsgelöstheit des Apparates beim Ausführenden die Annahme begründet, er habe keine strafrechtlichen Konsequenzen zu befürchten, und weil die Ersetzbarkeit des Vollstreckers bei diesem zu der Auffassung führt, es komme auf sein Verhalten nicht an, weil bei seiner Weigerung ohnehin ein anderer die Tat ausführen werde.

III. Abweichende Lösungen

      199

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