Handbuch des Strafrechts. Группа авторов

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der Spitze organisatorischer Machtapparate als Anstifter. So heißt es bei Herzberg:[150] „Hitler, Himmler und Honnecker haben die Tötungsdelikte, die sie befahlen, nicht als Täter begangen, sondern als Anstifter veranlasst.“ Köhler[151] sagt: „In den Fällen bestimmender ‚Organisationsherrschaft‚ kommt Anstiftung in Betracht.“ Auch Renzikowski[152], Kutzner[153] und Rotsch[154] plädieren für eine Anstiftung.

      200

      Wenn aber der Täter unter mehreren Beteiligten an einer Tat als „Zentralgestalt“ oder als für das Geschehen Hauptverantwortlicher zu charakterisieren ist, lässt sich derjenige, der im Rahmen einer deliktischen Organisation die verbrecherischen Taten anordnet, nicht gut als Randfigur abtun. Wenn Hitler oder Stalin ihre Gegner umbringen ließen, dann war das ihr Werk (wenn auch nicht allein ihr Werk).

      201

      Der Anordnende im Rahmen organisatorischer Machtapparate entspricht in keiner Weise dem allgemein anerkannten Bild des Anstifters. Dieser kann keine Tatbegehung anordnen und findet Exekutivorgane nicht schon vor, sondern muss sich einen Täter erst suchen und ist von dessen Willen abhängig. Ambos[155] betont mit Recht „die im Tatsächlichen wurzelnde Unvergleichbarkeit des Verhaltens des Organisators und Befehlshabers von Massenverbrechen mit dem eines bloßen Anstifters zu bestimmten Taten“. Die Unterscheidung von Täterschaft und Teilnahme verliert ihren Sinn, wenn sie die tatsächlichen Herrschaftsverhältnisse nicht mehr widerspiegelt.

      202

      Auch die Annahme einer Mittäterschaft hat einige Anhänger gefunden. So meinen Jescheck/Weigend[156], der Mann in der Zentrale sei „gerade weil er die Organisation beherrscht, Mittäter“. Die „Gemeinsamkeit des Tatentschlusses“ werde „durch das Bewusstsein der Leitenden und Ausführenden hergestellt, dass eine bestimmte Tat oder mehrere Taten … entsprechend den Weisungen der Leitung vorgenommen werden sollen“. Otto[157] meint, der Ausführende mache sich „den verbrecherischen Plan konkludent zu eigen“. Jakobs[158] will eine gemeinschaftliche Begehung mit den Worten begründen: „Benutzt der Ausführende präformierte Muster, so trägt die Tat nicht nur seine Handschrift, sondern auch diejenige des Musterproduzenten.“ Auch Baumann/Weber/Mitsch[159] und Frister[160] plädieren für eine Mittäterschaft, während Krey/Esser[161] in recht unbestimmter Weise meinen, man solle es „mit den Beteiligungsformen der Mittäterschaft und Anstiftung sein Bewenden lassen“.

      203

      Nach richtiger Auffassung fehlt es an allen Voraussetzungen für eine Mittäterschaft.[162] Die „gemeinsame Begehung“, die § 25 Abs. 2 StGB verlangt, setzt einen gemeinsamen Tatentschluss und eine gemeinsame Tatausführung voraus. Es fehlt an beidem.

      204

      

      Die Ausführung einer Anordnung begründet keinen gemeinsamen Entschluss, sondern ist nur die Befolgung eines vom Vorgesetzten allein gefassten Beschlusses. Wenn man darin ein konkludentes Sich-zu-eigen-machen des Befehls sehen wollte, müsste man bei jeder Anstiftung einen gemeinsamen mittäterschaftlichen Tatentschluss annehmen. Der Exekutor führt nicht einen gemeinsamen Beschluss, sondern eine für ihn verbindliche Weisung aus.

      205

      

      Auch von einer gemeinsamen Tatausführung kann nicht die Rede sein. Veranlasser und Ausführender kennen einander im Regelfall nicht einmal, und der Befehlende weiß auch über Ort, Zeit und die Art und Weise der Begehung im Einzelnen nichts Genaues. Selbst wenn man auch Vorbereitungshandlungen für eine Mittäterschaft genügen lässt, müsste der Mittäter doch im Vorbereitungsstadium irgendeinen Beitrag zur konkreten Tat leisten. Deren Anordnung ist noch kein solcher Beitrag. Wenn Jakobs ein „präformiertes Muster“ genügen lassen will, so begnügt er sich mit einem anstiftungstypischen Kriterium. Der vom Anstifter ausgehende Deliktsplan enthält oft ein „präformiertes Muster“, begründet aber noch keine Mittäterschaft.

      206

      

      Wenn der Gesetzgeber das „gemeinschaftliche Begehen“ und das „Begehen durch einen anderen“ unterscheidet, so werden damit, wie Bloy[163] richtig herausgearbeitet hat, abweichende Strukturformen der Beteiligung bezeichnet. Die Mittäterschaft spielt sich unter Gleichgeordneten ab, ist also horizontal strukturiert, während die mittelbare Täterschaft vertikal von oben nach unten, d.h. vom Veranlasser zum Ausführenden, verläuft. „Wenn man es – wie hier – mit eindeutig vertikal koordiniertem Verhalten zu tun hat, bei dem die Rolle der Hintermänner von vornherein auf eine völlig fremdhändige Tatausführung festgelegt ist, so spricht das deutlich gegen Mittäterschaft und für mittelbare Täterschaft.“

      207

      Im Völkerstrafrecht wurde, bevor die Lehre von der Organisationsherrschaft dort die Oberhand gewann, zur Erfassung von Systemkriminalität die Rechtsfigur des „gemeinsamen kriminellen Unternehmens“ verwendet, mit der auch Fälle wie die KZ-Morde und eine Haftung für vorhersehbare Überschreitungen eines gemeinsamen Planes erfasst wurden.

      208

      Aber das verstößt für die Fälle der Planüberschreitung gegen das Schuldprinzip[164] und wird, ähnlich wie die deutsche Mittäterschaftskonstruktion, der beherrschenden Stellung des an der Spitze der Organisation stehenden Befehlshabers nicht gerecht. Werle/Burghardt[165] sagen zutreffend: „Der an der Spitze Stehende trägt die größte Verantwortung nicht, weil er … an einem gemeinsamen Plan, mit anderen ein Verbrechen zu begehen, mitgewirkt hat, sondern weil er die Handlungen derer, die das Verbrechen persönlich begingen, orchestriert hat.“

      209

      Auch hier handelt es sich um eine Rechtsfigur, die dem Völkerstrafrecht entstammt und dort früher neben dem „joint criminal enterprise“ Verwendung fand. Die Sala Penal Especial des obersten peruanischen Gerichts sagt darüber:[166] „Diese stellt ein Zurechnungskriterium dar, das nach dem Zweiten Weltkrieg … sich entwickelte und das in den Prozessen von Nürnberg und Tokio verwendet wurde.“ Es gründet sich auf ein Unterlassen des Vorgesetzten, der „seine Pflicht zur Vorbeugung, Überwachung und Bestrafung jeglichen Deliktes, das von seinen Untergebenen begangen werden kann oder wird, verletzt.“ Das deutsche Recht kennt eine entsprechende Regelung in § 357 StGB.

      210

      Jakobs[167] hat neuerdings, nachdem er früher die Mittäterschaftskonstruktion befürwortete, die Organisationsherrschaft im Sinne der Vorgesetztenverantwortlichkeit auf eine bloße Amtspflichtverletzung der Hintermänner zurückzuführen versucht. „Wenn Fujimori die in Rede stehenden Taten nicht mitorganisiert, aber sehr wohl wissend geduldet hätte, so hätte er schon dadurch die Pflichten seines Amtes verletzt, und zwar … täterschaftlich.“ Eine solche täterschaftliche Amtspflichtverletzung liege „entgegen … einer verbreiteten Meinung“ aber auch vor, wenn Fujimori „mehr getan“ und die Taten „auch noch mitorganisiert hat“.

      211

      

      Aber das ist keine glückliche Lösung. Sie gestattet von vornherein

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