Die Verfassungsbeschwerde in Strafsachen. Matthias Jahn
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BVerfGE 101, 312 (328) = NJW 2000, 347.
BGHSt 41, 69 (72) = NStZ 1995, 393.
Etwas überpointiert bezeichnet Zuck JZ 2007, 1036 (1039) die Bestimmung des § 90 Abs. 1 BVerfGG, nach der Jedermann Verfassungsbeschwerde erheben kann, als „irreführende Zusage“. Für Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG dürfte dann nichts anderes gelten.
Siehe (bis zur 3. Aufl. 2006) Zuck Verfassungsbeschwerde, Rn. 1313. Die einschlägige Statistik (siehe Nachw. Voraufl. Rn. 4) wird auf der Homepage mittlerweile nicht mehr veröffentlicht. Im Jahre 2007 waren 41 (2006: 69) von 59 (2006: 81) Beschwerdeführer, deren Verfassungsbeschwerde vom für Strafsachen im Wesentlichen zuständigen Zweiten Senat stattgegeben wurde, anwaltlich vertreten.
Die durchaus vielstimmige Kritik an diesem Zustand (Schoreit ZRP 2002, 148 [150]; Zuck NJW 1986, 968 [971]; ders. AnwBl. 2006, 95; Jahn FS Widmaier, 2008, S. 821 [837 f.]; anders aber Schorkopf AöR 130 [2005], 465 [489 ff.]) muss hier auf sich beruhen, siehe aber erg. Rn. 318.
Angabe bei Stüer DVBl. 2012, 751 (752).
Teil 1 Die Aufgaben des Strafverteidigers im Verfassungsbeschwerdeverfahren › A. Überlegungen vor Mandatsannahme
A. Überlegungen vor Mandatsannahme
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Vor dem Entschluss, für (s)einen Mandanten Verfassungsbeschwerde beim BVerfG einzulegen, sollten vor diesem Hintergrund einige praktische Überlegungen angestellt werden.
Teil 1 Die Aufgaben des Strafverteidigers im Verfassungsbeschwerdeverfahren › A. Überlegungen vor Mandatsannahme › I. Der Verteidiger zwischen Mandant und Recht
I. Der Verteidiger zwischen Mandant und Recht
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Der gemeinsame Weg an den Karlsruher Schlossplatz ist auch im Mandatsinnenverhältnis keine leichte Tour. Auf der einen Seite steht ein Bürger, der sich nach dem Durchlaufen des strafrechtlichen Instanzenzuges häufig emphatisch mehr denn je „im Recht“ fühlt,[1] und mit allen Mitteln doch noch eine Entscheidung zu seinen Gunsten herbeiführen möchte. Er ist mit den Besonderheiten des verfassungsgerichtlichen Verfahrens aber regelmäßig ebenso wenig vertraut wie mit den jedenfalls statistisch trüben Aussichten der tatsächlichen Realisierung seines Anliegens. Auf der anderen Seite steht das „gelebte“ Verfassungsrecht: Die Erfolgsquote sämtlicher ins Verfahrensregister eingetragener Verfassungsbeschwerden liegt im Mittel bei etwas über 2 %[2], heutzutage sogar „mit eher fallender denn steigender Tendenz“.[3] Betrachtet man isoliert die Erfolgsaussichten einer Urteilsverfassungsbeschwerde gegen eine letztinstanzliche Entscheidung des BGH, verringert sich die statistische Erfolgsquote bei einer Langzeitbetrachtung zwischen 1992 und 2010 zudem auf nur etwas über noch 1,5 %.[4] Es ist eine schwierige Aufgabe, dem Mandanten einerseits das Gefühl zu geben, ernst genommen zu werden, ihm aber andererseits trotz der generell besonders hohen Akzeptanz der Verfassungsgerichtsbarkeit in der Bevölkerung – in den letzten vierzig Jahren hatte jeder zweite Deutsche vom Gericht eine gute oder sehr gute Meinung[5] – gleichzeitig die erratischen Erfolgsaussichten deutlich zu machen.[6] Dies kann gerade bei – wie in Strafsachen nicht selten – ausländischen Beschwerdeführern mit anderem kulturellen Hintergrund und Rechtsverständnis nicht nur im buchstäblichen Sinne zu Verständigungsschwierigkeiten führen. Im Ergebnis sollte dem Mandanten näher gebracht werden, dass es trotz des im Einzelfall hohen Aufwandes (und gegebenenfalls vergleichbarer Kosten) letztlich – mit den Worten einer früheren Verfassungsrichterin – nur darum gehen kann, das Unwahrscheinliche etwas wahrscheinlicher zu machen.[7]
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So kritikwürdig die extensive Auslegung insbesondere einzelner Zulässigkeitsvoraussetzungen der Verfassungsbeschwerde durch einige Kammern des BVerfG nach dem „Stolpersteinprinzip“[8] im Einzelfall auch sein mag: Sie muss, um nicht beim Mandanten unbegründete Hoffnungen zu wecken, beachtet und befolgt werden, bis das Gericht seine Rechtsprechung ändert oder – was kaum zu erwarten ist – der Gesetzgeber klarstellend eingreift.[9] Anstöße hierzu versuchen die Autoren im Nachfolgenden im jeweiligen Sachzusammenhang zu geben. Fälschlich geweckte Erwartungen beim Mandanten können sich zudem im Regressprozess Ausdruck verschaffen, insbesondere dann, wenn dem Beschwerdeführer eine Missbrauchsgebühr nach § 34 Abs. 2 BVerfGG auferlegt wurde.[10] Dazu kommt für den Verfahrensbevollmächtigten die deprimierende Gewissheit, „seine“ Sache nicht auf der hell erleuchteten Bühne der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, sondern nur in dem grauen Heer erfolgloser Beschwerdeführer vertreten zu haben, ganz zu schweigen von der Aussicht, durch sinnlose Eingaben den guten Ruf und eine stabile Arbeitsbeziehung zu den Fachgerichten – insbesondere zum BGH – und natürlich auch zu den Richtern im Karlsruher Schlossbezirk zu verspielen.
Teil 1 Die Aufgaben des Strafverteidigers im Verfassungsbeschwerdeverfahren › A. Überlegungen vor Mandatsannahme › II. Abgabe der Sache an einen Spezialisten?
II. Abgabe der Sache an einen Spezialisten?
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Es stellt sich so schon im Ausgangspunkt die Frage, ob die Aufgabe nicht besser einem Spezialisten mit Tätigkeitsschwerpunkt im Recht der Verfassungsbeschwerde, möglichst also dem durch einschlägige Erfahrungen und Publikationen ausgewiesenen Fachanwalt für „Strafprozessverfassungsrecht“[11], überlassen werden sollte. Dies vermeidet das Phänomen der Betriebsblindheit, wenn sich der Verteidiger den Prozess im strafgerichtlichen Instanzenzug zu sehr zu Eigen gemacht hat. Oft vermag ein Außenstehender mit forensischer Erfahrung in Karlsruhe und eventuellen Kontakten in das Gericht auch die Erfolgsaussichten realistischer einzuschätzen. Unterschiedliche Gründe können aber gegen ein solches „Outsourcing“ sprechen. Selbst wenn man, was angesichts der geringen – und vermutlich umstrittenen – Mitgliederzahl dieses Kreises schon bezweifelt werden dürfte, die Existenz einer derartigen Quasi-Fachanwaltschaft bejaht, würde sie doch bald an die Grenzen ihrer Belastbarkeit stoßen.[12] Expertentum kann zudem nicht ohne Verlust gegen das zwischen Verteidiger und Mandant gewachsene Vertrauensverhältnis getauscht werden.[13] Zuletzt wird auch die Mandatierung eines Experten nichts daran ändern,