Die Verfassungsbeschwerde in Strafsachen. Matthias Jahn
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Hinweis
Nach alledem sollte sich der Verteidiger im Verfassungsbeschwerdeverfahren auch im eigenen Interesse gehalten sehen, die Zulässigkeitsvoraussetzungen besser einmal zu viel als zu wenig zu überprüfen und seine Begründung in Substanz und Tonalität selbstkritisch zu hinterfragen. Die Gefahr einer Missbrauchsgebühr kann insbesondere dadurch verringert werden, dass die Beschwerdeschrift durchgehend in einem sachlichen Duktus formuliert wird und nicht dazu dient, beim BVerfG zum – nur vorläufigen – Wohle des emotionalen Haushalts des Mandanten „Dampf über das Instanzverfahren abzulassen“.[32] Aber auch Versuche der manipulativen Darstellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts werden von den Kammern nicht selten zum Nachteil des Prozessbevollmächtigten unterbunden. Besonders groß ist diese Gefahr, wenn nach Fristversäumnissen Vortrag erfolgt, aussichtlosen Wiedereinsetzungsgesuchen u.Ä. zum Erfolg verhelfen soll.[33] Hier markiert spätestens das Schreiben des Allgemeinen Registers, das häufig schon zuverlässig die neuralgischen Fragen der Zulässigkeit aufwirft, die rote Linie, von der ab ein Rücktritt vom unbeendeten Versuch dringend anzuraten ist.
2. Rechtsanwaltsvergütung im Verfassungsbeschwerdeverfahren
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Aufmerksamkeit verdienen bei den Überlegungen vor Mandatsannahme auch Vergütungsfragen. Erweist sich eine Verfassungsbeschwerde als begründet, sind dem Beschwerdeführer gem. § 34a Abs. 2 BVerfGG die notwendigen Auslagen ganz oder teilweise zu erstatten. Auslagen sind die außergerichtlichen Auslagen des Beschwerdeführers, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung vor dem BVerfG notwendig waren. Grundsätzlich und vorbehaltlich der Besonderheiten des verfassungsgerichtlichen Verfahrens ist deshalb vom Maßstab des § 91 ZPO auszugehen. Angesichts der geringen Erfolgsquoten im Verfassungsbeschwerdeverfahren ist die Praxis der Auslagenerstattung allerdings äußerst restriktiv.[34] Wegen der seltenen Ausnahme einer mündlichen Verhandlung fällt in der Regel nur die Verfahrensgebühr an. Diese beträgt bei einem Mindestgegenstandswert von 5.000 € (§ 37 Abs. 2 S. 2 RVG)[35] das 1,6-fache[36] der in § 13 RVG bestimmten Gebühr, also 484,80 €. Das ist, vergleicht man es mit der maximalen Erstberatungsgebühr bei Ausarbeitung eines schriftlichen Kurzgutachtens (VV 2103) von 550 € „unter Kosten-/Nutzen-Gesichtspunkten nicht vertretbar“, wie Zuck[37] mit Recht zusammenfasst.
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Der Gegenstandswert ist unter Berücksichtigung der in § 14 Abs. 1 RVG genannten Umstände nach billigem Ermessen zu bestimmen. Er richtet sich vorrangig nach der subjektiven Bedeutung für den Beschwerdeführer. Diese kann dann besonders hoch sein, wenn der Schuldspruch einer strafrechtlichen Verurteilung angegriffen wird, aber auch dann, wenn es um die Verletzung besonders wichtiger Grundrechte (z. B. aus Art. 1, 5 oder 13 GG) in einem Strafverfahren geht. Aber auch der objektiven Bedeutung einer Verfassungsbeschwerde ist (vgl. § 93a Abs. 2 lit. a BVerfGG) Rechnung zu tragen.[38] Hat die objektive Seite daher eigenständige Bedeutung, führt dies regelmäßig zu einer Erhöhung des Gegenstandswertes. Eine wichtige Rolle spielen auch die Erfolgsaussichten der Verfassungsbeschwerde. Hat die Verfassungsbeschwerde Erfolg gehabt, ist der Gegenstandswert angemessen zu erhöhen.[39] Heute wird in diesen Fällen üblicherweise ein Wert von 8.000 € veranschlagt.[40] Wird die Verfassungsbeschwerde hingegen nicht zur Entscheidung angenommen, über sie also nicht inhaltlich befunden, ist im Regelfall vom gesetzlichen Mindestwert von 5.000 € auszugehen.[41]
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In außergewöhnlich bedeutsamen Verfahren finden sich aber auch ausnahmsweise außerordentlich großzügige Gegenstandswertfestsetzungen. In dem heute noch inhaltlich maßstabsbildenden Verfahren BVerfGE 103, 142, in dem es um die Durchsuchung der Wohnung eines Polizeibeamten ging, wurde der Gegenstandwert auf (damals) 150.000 DM festgesetzt.[42] Schon aufgrund seiner beruflichen Stellung war die Entscheidung für den Beschwerdeführer von großem subjektivem Gewicht, objektiv ging es um die Fortschreibung der Bedeutung des Art. 13 Abs. 1 GG und des unbestimmten strafprozessualen Grundbegriffs „Gefahr im Verzug“. In einem weiteren Verfahren, welches die Verurteilung wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit zu Gunsten der ehemaligen DDR gem. § 99 StGB zum Gegenstand hatte, wurde der Gegenstandswert auf (umgerechnet) 50.000 € festgesetzt.[43] Begleitend zum Grundlagenurteil BVerfGE 110, 226 zur Geldwäsche durch Strafverteidiger wurde der Gegenstandswert bereits auf 100.000 € festgesetzt,[44] ähnliche inhaltliche Erwägungen führten in den Verfahren zur Vorratsdatenspeicherung vor dem Ersten Senat (BVerfGE 125, 260)[45] und in der Sache Sicherungsverwahrung II vor dem Zweiten Senat (BVerfGE 128, 326)[46] zu Festsetzungen i.H.v. jeweils 250.000 €.
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Erledigt sich die Verfassungsbeschwerde (z. B. wegen Rückgabe einer vorläufig entzogenen Fahrerlaubnis[47] oder bei Absehen von der Vollstreckung eines Beschlusses[48]), so sind dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen gem. § 34a Abs. 3 BVerfGG nach Billigkeitsgesichtspunkten zu erstatten. Dabei findet im Verfassungsbeschwerdeverfahren eine überschlägige Beurteilung der Sach- und Rechtslage regelmäßig nicht statt.[49] Wesentliche Bedeutung kann aber insbesondere dem Grund, der zur Erledigung geführt hat, zukommen. Beseitigt die öffentliche Gewalt von sich aus den mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Akt oder hilft sie der Beschwer auf andere Weise ab, ohne dass dies auf einer Veränderung der Sach- und Rechtslage beruht, ist es billig, die öffentliche Hand ohne weitere Prüfung an ihrer Auffassung festzuhalten und dem Beschwerdeführer die Erstattung seiner Auslagen zuzubilligen.[50] Das Gericht wird davon allerdings absehen, wenn sich eine (noch) unzulässige, der Sache nach aber begründete Verfassungsbeschwerde erledigt[51] oder bereits in einem Parallelverfahren eine verfassungsgerichtliche Überprüfung mit gleicher inhaltlicher Zielrichtung angelaufen war, soweit der Prozessbevollmächtigte auch dort mandatiert ist.[52] Von der in § 34a Abs. 3 BVerfGG gewährten Befugnis macht das Gericht allerdings nur äußerst restriktiv Gebrauch.[53] In aller Regel wird es letztlich bei einer Festsetzung auf den Mindestwert oder einer nur geringfügigen Erhöhung bleiben.
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Gemäß § 3 Abs. 3 lit. a ARB sind Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht grundsätzlich nicht rechtsschutzversicherbar.
3. Prozesskostenhilfe
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Häufig wird beim BVerfG Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) gestellt. Das betrifft angesichts der nicht selten mittellosen inhaftierten Beschwerdeführer insbesondere strafrechtliche Verfahrensgegenstände. Auch über diese Fragen sollte sich der Rechtsanwalt also kurz orientieren. Nach der ständigen Praxis des Gerichts[54] ist im Verfahren über eine Verfassungsbeschwerde die Bewilligung von PKH an den Beschwerdeführer grundsätzlich gem. §§ 114 ff. ZPO (analog) zulässig, allerdings nur dann, wenn dies unbedingt erforderlich erscheint. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung muss hinreichende Aussicht auf Erfolg bieten und darf nicht mutwillig erscheinen. Der Beschwerdeführer darf ersichtlich nicht selbst in der Lage sein, seine Rechte angemessen wahrzunehmen. Besonders streng werden die Voraussetzungen gehandhabt, wenn der Beschwerdeführer die Beiordnung eines Rechtsanwalts (vgl. § 121 ZPO, §§ 45 ff. RVG) für das gesamte Verfahren begehrt, da eine anwaltliche Vertretung im Verfassungsbeschwerdeverfahren gem. § 22 Abs. 1 S. 1 BVerfGG nur in der mündlichen Hauptverhandlung zwingend vorgeschrieben ist.[55]