Strafrecht Besonderer Teil. Teilband 1. Reinhart Maurach
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Nach Engländer JZ aaO und Jura 04, 234; Herzberg NStZ 04, 1 und Jura 04, 670; Küpper JuS 04, 757; Jäger FS Schünemann 423 ff. straflose Teilnahme an der Selbsttötung. Dagegen Roxin FS Otto 07, 441.
Bedenklich BGH 32, 378 (Wittig-Urteil, s.a. u. Rn. 25). Bedenklich auch § 4 AE Sterbebegleitung (GA 05, 586), nach welchem ein Arzt bei tödlich Kranken zur Abwendung eines unerträglichen und unheilbaren Leidens Beihilfe zur Selbsttötung leisten darf. Nach der Begründung soll dies zwar nur eine Klarstellung sein (GA 05, 581), doch wird damit argumento e contrario eine ärztliche Mitwirkung außerhalb dieser Voraussetzungen in den Anschein der Strafbarkeit gerückt.
Nachw. zur Praxis in GA 05, 581.
Salinger aaO 161 ff.; Gaede JuS 16, 387; Hecker GA 16, 471; Grünewald JZ 16, 185; Roxin NStZ 16, 185. Auf die neue Vorschrift hat sich die deutsche Strafrechtswissenschaft mit ihrer seit Längerem gewohnten Überkapazität gestürzt. Schon die mehrfachen Entwürfe zu dem Gesetz wurden eingehend erörtert. Teilübersicht bei Hecker GA 16, 456 und La/Kühl § 217.
Eingehend Jacob Vorgänge 210/211, 2015, 79.
Sternberg-Lieben/Bosch S/S Vor §§ 52 ff. 97; BayObLG NStZ 81, 29.
BT-Drucks. 18/5373, S. 11, 12, 13, 18.
3. Die Nichthinderung fremder Selbsttötung
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Die Nichthinderung fremder Selbsttötung ist – unbeschadet einer Haftung nach § 323c (vgl. hierzu Tlbd. 2, § 55) – nach den Grundsätzen zu beurteilen, die für das in mittelbarer Täterschaft begangene Unterlassungsdelikt gelten. Danach entfällt eine Haftung nach Tötungsgrundsätzen zunächst dann, wenn der die Rettung des Selbsttöters Unterlassende diesem gegenüber durch keinerlei Garantenpflicht verbunden war. Bestanden derartige Pflichten, ist die Beurteilung nicht einheitlich. Wer auch in diesem Falle die Haftung des Unterlassenden nach Teilnahmegrundsätzen konstruieren will, muss aufgrund dieser „akzessorischen“ Betrachtung mangels Tatbestandsmäßigkeit der Selbsttötung stets zu einer Straflosigkeit des Unterlassenden gelangen; wer das Problem auf der Ebene eigener Täterschaft des Unterlassenden lösen will und hierbei dem extensiven Täterbegriff den Vorzug gibt, muss regelmäßig die Erfüllung des Tatbestandes der §§ 211 ff. durch den Unterlassenden bejahen. Die richtige Lösung kann auch hier nur mithilfe des Grundsatzes der objektiven Tatherrschaft gefunden werden; im Falle eines echten Freitodes wird dem pflichtgebundenen Unterlassenden eine derartige Tatherrschaft in aller Regel abzusprechen sein, sodass seine Haftung für den Tod des anderen entfällt[64].
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Dieser Grundsatz darf auch nicht dadurch wieder aufgehoben werden, dass man den Garanten wegen seiner nach dem Eintritt der Handlungsunfähigkeit des Selbsttöters eintretenden Tatherrschaft (z.B. der Selbsttöter wird in der Schlinge ohnmächtig, lässt aber noch Lebenszeichen erkennen) nachträglich doch noch haften lässt[65]. Da bei dem Selbsttöter eine actio libera in causa vorliegt, ist eine Tatherrschaft des Garanten nicht möglich[66]. Noch 1983 hat BGH 32, 367 sogar ausdrückliche Anweisungen des Selbsttöters für den Fall seiner Auffindung für unbeachtlich erklärt und eine Straflosigkeit nur bei im Falle der Rettung zu erwartenden schweren Dauerschäden zugelassen[67]. Seitdem lässt die Rechtsprechung jedoch den gebotenen Wandel erkennen[68].
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Unproblematisch ist auch im Falle der Nichthinderung der Selbsttötung die eigene Täterschaft des Unterlassenden dann, wenn es an den Voraussetzungen eines echten Freitodes fehlt (vgl. o. Rn. 20).
So mit Recht schon RG 7, 332: Verurteilung eines Irrenwärters wegen fahrlässiger Tötung einer an Selbsttötungsmanie leidenden Patientin, begangen durch Verletzung der Aufsichtspflicht. Fälle einer unfreien Selbsttötung dürften wesentlich häufiger sein als üblicherweise angenommen[69]; auch hier tritt eine Verschiebung der Grenzen zwischen Teilnahme und Täterschaft zuungunsten des Garanten ein.
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Die Verhinderung eines echten Freitodes ist nicht nur nicht strafrechtlich geboten, sondern kann ihrerseits eine strafbare Nötigung oder Körperverletzung darstellen[70]. Häufig wird allerdings die Annahme der Unfreiheit und damit eines Rechtfertigungsgrundes vorliegen. Für die Polizei bestehen z.T. ausdrückliche Ermächtigungen.
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Für Selbsttötungsversuche in Straf- und Untersuchungshaftanstalten gelten die §§ 101, 178 StVollzG und die entsprechenden Bestimmungen der Bundesländer[71].
Anmerkungen
BGH 13, 162 unter teilweiser Aufgabe von BGH 2, 150; BGH NStZ 83, 117; OLG Düsseldorf NJW 73, 2215 m. Anm. Geilen 74, 570; Niese JZ 53, 175; Kielwein GA 55, 227; Welzel § 38 I 1; Heinitz JR 54, 405 und 55, 105; Sternberg-Lieben S/S 39 ff. Vor § 211; Schroeder Täter 107; Roxin FS Dreher 349. A.M. im Falle fahrlässigen Handelns des Unterlassenden BGH JR 55, 104.
Gallas JZ 60, 688 unter Aufgabe seiner Auffassung in JZ 52, 372; Sternberg/Lieben S/S 39 Vor § 211; Friebe GA 59, 166; Grünwald GA 59, 119; Heinitz JR 54, 405; 55, 105; 61, 29; Dreher JR 67, 269.
Schroeder Täter 176 f. A.M. BGH 2, 150; BGH NJW 60, 1821 (übrigens ein Urteil, das schon eindeutig gegen die subjektive Teilnahmetheorie spricht: die Verurteilung wird auf das Vorliegen der objektiven Tatherrschaft beim Garanten gestützt); für den hinzugezogenen Arzt auch BayObLG NJW 73, 565; Bringewat NJW 73, 543; Geilen JZ 73, 320.
Urteil gegen Dr. Wittig. Abl. Eser MedR 85, 7; Schmitt JZ 84, 866 und 85, 367; Gropp NStZ 85, 97; Kraatz JR 17, 299.