Strafrecht Besonderer Teil. Teilband 1. Reinhart Maurach
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5. Strafe – Konkurrenzen
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Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe. Der Anteil der Freiheitsstrafen liegt unverhältnismäßig hoch bei 60 % (Hund aaO S. 119).
Als Gefährdungsdelikt tritt § 231 hinter den entsprechenden Verletzungsdelikten (§§ 226, 227) und die Angriffsalternative außerdem hinter § 224 zurück (a.A. h.L.; für § 224 BGH 33, 104; abl. Montenbruck JR 86, 141). Im Verhältnis zu § 125 Abs. 1 ist Idealkonkurrenz anzunehmen (BGH 14, 132).
1. Entstehungsgeschichte – Wesen der Tat
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Die Vorschrift wurde bei der Großen Strafrechtsreform entwickelt (vgl. § 324 E 1962 m.Begr.) und zunächst in das AtomG vom 23.12.59 eingefügt (§ 41). Durch das EGStGB wurde sie 1975 wegen ihres schweren Unrechtsgehalts in das StGB übernommen. Die Einordnung in die gemeingefährlichen Straftaten (27. Abschnitt) beruht auf dem durch das Tatmittel gegebenen Zusammenhang mit dem Herbeiführen einer Explosion durch Kernenergie (§ 307), ist aber sachlich verfehlt: die Vorschrift ist fast völlig dem § 229 a.F. nachgebildet und erfasst wie er die konkrete Gefährdung[14] eines anderen mit gleichzeitiger überschießender Innentendenz, zu allem Überfluß auch noch als Unternehmensdelikt ausgestaltet. Nur in der Strafschärfung des Abs. 2 ergibt sich eine Verbindung mit den gemeingefährlichen Delikten. § 309 Abs. 6 ist eine qualifizierte Form der Sachbeschädigung (s.u. § 36 V)!
Anmerkungen
Wolters SK 2. A.A. Fischer 2: „potenzielles Gefährdungsdelikt“.
2. Der Tatbestand
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Tatmittel ist eine ionisierende Strahlung, d.h. eine Strahlung, die von natürlichen oder künstlichen radioaktiven Stoffen ausgeht, Neutronenstrahlung sowie künstlich erzeugte ionisierende Strahlung, vor allem Röntgenstrahlen. Der Tatbestand verlangt Schädigungsabsicht. Nur wissentliche oder fahrlässige sowie abstrakte Gefährdung sind in § 46 AtomG und § 116 StrahlenschutzVO (BGBl. 2001 I 1714) unter Geldbuße gestellt.
3. Strafe – Tätige Reue – Konkurrenzen
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Die Strafe ist Freiheitsstrafe von 1–10 Jahren, in minder schweren Fällen von 6 Monaten bis 5 Jahren (Abs. 5). Unternimmt es der Täter, eine unübersehbare Zahl von Menschen einer ionisierenden Strahlung auszusetzen (sog. Massengefährdung), so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter 5 Jahren (Abs. 2). Bei der Verursachung schwerer Folgen erhöht sich die Mindeststrafe auf 2 bzw. 10 Jahre (Abs. 3, 4).
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Die Tat ist Unternehmensdelikt, d.h. der Versuch erfüllt den Tatbestand (§ 11 Abs. 1 Nr. 6); Strafmilderung und Straflosigkeit bei Rücktritt nach §§ 23, 24 kommen nicht in Betracht. S. aber stattdessen für § 309 Abs. 1 § 314a Abs. 2 Nr. 1, für Abs. 2 § 314a Abs. 1. Bei der Massengefährdung des Abs. 2 ist schon die Vorbereitung strafbar (§ 310 Abs. 1 Nr. 1 mit Straffreiheit bei tätiger Reue nach § 314a Abs. 3 Nr. 2). Möglichkeit der Führungsaufsicht nach § 321, der Einziehung nach § 322. Die Konkurrenzen sind die gleichen wie bei § 231 (s.o. Rn. 12).
4. Vorbereitung (§ 310 Abs. 1 Nr. 3)
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Das G z. Umsetzung des VN-Übereinkommens v. 13.4.2005 zur Bekämpfung nuklearterroristischer Handlungen von 2007 hat den Vorbereitungs-, insbesondere Besitztatbestand des § 310 auch auf § 309 Abs. 1 erstreckt (Abs. 1 Nr. 3).
IV. Zuwiderhandlungen gegen Anordnungen zur Abwendung weiterer Körperverletzungen (§ 4 GewSchG)
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Das Gewaltschutzgesetz 2001 hat die Möglichkeit der Anordnung von Betretungs- und Kontaktverboten zur Abwendung weiterer Körperverletzungen durch die Zivil- und Familiengerichte eingeführt, deren Verletzung mit Freiheitsstrafe bis zu 1 Jahr oder Geldstrafe bedroht ist (§ 4 GewSchG). Diese Bestimmung ist bisher strafrechtsdogmatisch noch kaum untersucht worden. Es handelt sich um einen Ungehorsamstatbestand, der seiner Natur nach ein Gefährdungsdelikt darstellt[15], allerdings ein Gefährdungsdelikt eigener Art, da die Gefahr in dem Tätigwerden des Täters selbst liegt.
Anmerkungen
Zu diesem Typ Schroeder Staatsschutz 313 ff. S.a. F. Meyer ZStW 115, 270 ff.
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4. Kapitel Straftaten gegen die persönliche Freiheit
§ 12 Allgemeines
Schrifttum:
Bergmann, Das Unrecht der Nötigung (§ 240 StGB), 1983; Bruck, Die Verbrechen gegen die Willensfreiheit, 1875; Fezer, Die persönl. Freiheit im System des Rechtsgüterschutzes, JZ 74, 599, Fezer, Zur Rechtsgutsverletzung bei Drohungen – Neue Tatbestände zum Schutz der persönl. Freiheit? – JZ 76, 95; Knodel, Der Begriff der Gewalt im Strafrecht, 1962; Neubecker, Zwang und Notstand, Bd. I 1910; Rosenfeld, Verbrechen gegen die persönl. Freiheit, VDB V 385; Schroeder, Die Straftaten gegen die persönl. Freiheit – Erscheinungsformen und System, JuS 09, 14; Than, Die Freiheitsdelikte, Diss. Ffm. 1970.
I. Gesetzgeberische Entwicklung des Abschnitts
1
Der 18. Abschnitt des StGB behandelt die „Straftaten gegen die persönliche Freiheit“. Inhalt und Umfang des Abschnitts haben sich seit 1871 erheblich verändert. Die §§ 232–233b wurden durch das 37. StÄG eingefügt, wobei Teile des § 234 und der §§ 180b, 181 hierher überführt wurden (die §§ 232, 233 gehörten früher zum vorausgehenden Abschnitt „Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit“ und waren durch dessen Reform durch das 6. StrRG 1998 frei geworden). § 234a wurde nach brutalen Entführungen politischer Gegner der DDR aus West-Berlin 1951 durch das „Gesetz zum Schutz der persönlichen Freiheit“ eingefügt, zusammen mit § 241a. § 236 (Kinderhandel) wurde durch das 6. StrRG 1998 geschaffen (vorher Entführung einer Frau wider ihren Willen) und gehört zu den Straftaten gegen die Familie (s. BT 2 § 63 V). § 237 (Entführung einer minderjährigen Frau mit ihrem Willen) wurde durch das 6. StrRG 1998 abgeschafft, erhielt aber 2011 einen neuen Inhalt als Verbot der Zwangsheirat. § 238 enthielt früher das Prozesshindernis