Strafrecht Besonderer Teil. Teilband 1. Reinhart Maurach
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Vgl. Schroeder Staatsschutz 317 ff.
BGH 1, 20; Vogel LK Vor §§ 249 51; Bosch S/S § 249 1.
Kritisch hierzu und für die Schaffung weiterer spezieller Freiheitsschutztatbestände Fezer aaO.
IV. Die Relativität des Freiheitsschutzes
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Das menschliche Zusammenleben ist gekennzeichnet durch ständige Versuche, auf Mitmenschen Druck auszuüben und über sie Herrschaft zu erlangen. Ein absolutes Verbot solchen Druckes ist weder faktisch durchsetzbar noch wegen der damit verbundenen Erstarrung des menschlichen Zusammenlebens sinnvoll. Möglich und sinnvoll erscheint nur eine behutsame Kanalisierung. Hieraus ergibt sich im Gegensatz zu der Absolutheit des Lebensschutzes (s.o. § 1 Rn. 5 ff.) die Relativität des Freiheitsschutzes im Strafrecht. Sie zeigt sich vor allem in der konkreten Ermittlung der Rechtswidrigkeit bei der Nötigung (§ 240 Abs. 2 StGB; s.u. § 13 Rn. 29 ff.), im Übrigen in dem ausdrücklichen Hinweis auf das Erfordernis der allgemeinen Rechtswidrigkeit in § 239 StGB und in der Beschränkung des Schutzes des Freiheitszustandes auf die gravierenden Fälle der Sklaverei und der Freiheitsberaubung in Gewalt- und Willkürsystemen.
V. Die Einwilligung des Verletzten bei den Freiheitsdelikten
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Nach h.L. schließt bei den Freiheitsschutzdelikten, da sie sich gegen den Willen des Verletzten richten, die Einwilligung als sogenanntes Einverständnis bereits den Tatbestand aus. Diese Auffassung erscheint unzutreffend: trotz der Einwilligung nötigt der Ringkämpfer seinen Gegner offensichtlich mit Gewalt zur Duldung. Die h.L. macht denn auch bei den Freiheitsschutzdelikten von den Grundsätzen über die erweiterte Gültigkeit des Einverständnisses wieder Ausnahmen[7]. Auch die bedenkliche Straflosigkeit bei leichtfertigster Annahme der Einwilligung kann nur durch eine Bejahung der Tatbestandsmäßigkeit vermieden werden, allerdings nur unter gleichzeitiger Zugrundelegung der strengen Schuldtheorie, während die eingeschränkte Schuldtheorie auch danach zur Fahrlässigkeit und damit in den meisten Fällen zur Straflosigkeit gelangt. Die „Drohung mit einem empfindlichen Übel“ nach § 240 StGB entfällt allerdings bei einer Einwilligung in der Tat schon begrifflich und damit tatbestandsmäßig.
Anmerkungen
Zipf, Einwilligung und Risikoübernahme im Strafrecht, 1970, S. 17; OLG Zweibrücken GA 81, 94. S.a. Kargl JZ 99, 75.
VI. Kriminalstatistik
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Die praktische Bedeutung der Straftaten gegen die persönliche Freiheit ist verhältnismäßig gering. Abgeurteilt wurden im Jahr 2015 wegen
Tabelle 1:
Nötigung | 8612 | davon verurteilt 5550 |
Freiheitsberaubung | 364 | davon verurteilt 203 |
Erpr. Menschenraub und Geiselnahme | 164 | davon verurteilt 126 |
Angesichts der allgemeinen Vernachlässigung dieses Tatbestandes überraschend hoch ist der Anteil der Bedrohung mit 4261 Aburteilungen und 2852 Verurteilungen. Polizeilich gemeldet (und damit mindestens staatsanwaltschaftlich zu behandeln) waren allerdings über 140.000 Fälle. Zahlreiche Verfahren werden nach §§ 153, 153a StPO eingestellt.
§ 13 Nötigung (§ 240)
Schrifttum:
Arzt, Zum Zweck und Mittel der Nötigung, FS Welzel 1974, 823; Bauer, Politischer Streik und Strafrecht, JZ 53, 649; Blei, Zum strafrechtlichen Gewaltbegriff, NJW 54, 583; Busse, Nötigung im Straßenverkehr, 1968; Bundeskriminalamt (Hrsg.), Was ist Gewalt?, Bd. 1–3,1986, 1988, 1989; Calliess, Der Begriff der Gewalt im Systemzusammenhang der Straftatbestände, 1974; Eilsberger, Die Kölner Straßenbahnblockade – BGH, NJW 1969, 1772 (= BGH 23, 46), JuS 70, 164; Fabricius, Die Formulierungsgeschichte des § 240 StGB, 1991; Fezer, Zur jüngsten Auseinandersetzung um das Rechtsgut des § 240 StGB, GA 75, 353; Geilen, Neuere Entwicklungen beim strafrechtlichen Gewaltbegriff, FS H. Mayer 1966, 445; Geilen, Lebensgefährdende Drohung als Gewalt in § 251 StGB?, JZ 70, 521; Giehring, Verkehrsblockade. Demonstration und Strafrecht, in: Lüderssen/Sack, Vom Nutzen und Nachteil der Sozialwissenschaften für das Strafrecht, 2. Tlbd., 1980, 513; Goldschmidt, Die Strafbarkeit der widerrechtlichen Nötigung, StrAbh. 6; Günther, Verwerflichkeit von Nötigungen trotz Rechtfertigungsnähe, FS Baumann 1992, 213; Haffke, Gewaltbegriff und Verwerflichkeitsklausel, ZStW 84, 37; Hansen, Die tatbestandliche Erfassung von Nötigungsunrecht 1972; v. Heintschel-Heinegg, Die Gewalt als Nötigungsmittel im Strafrecht, Diss. Regensburg 1975; Hoffmeister, Der Begriff der Gewalt im Straftatbestand der Nötigung, Diss. Hamburg 1972; Heinitz, Nötigung, Aufruhr und Landfriedensbruch bei Streikausschreitungen, JR 56, 3; Hruschka, Die Nötigung im System des Strafrechts, JZ 95, 737; Huhn, Nötigende Gewalt mit und gegen Sachen (Diss. FU Berlin), 2007; Jakobs, Nötigung durch Drohung als Freiheitsdelikt, FS Peters 1974, 69; Jakobs, Nötigung durch Gewalt, GS H. Kaufmann 1986, 791; Kargl, Zur objektiven Bestimmung der Nötigung, FS Roxin 2001, 905; Keller, Strafrechtlicher Gewaltbegriff und Staatsgewalt, 1982; Keller, Die neue Entwicklung des strafrechtlichen Gewaltbegriffs in der Rechtsprechung, JuS 84, 109; Klee, Nötigung und Erpressung, DStR 43, 125; Klein, Zum Nötigungstatbestand – Strafbarkeit der Drohung mit einem Unterlassen, 1988; Köhler, Nötigung als Freiheitsdelikt, FS Leferenz 1983, 511; Kostaras, Zur strafrechtlichen Problematik der Demonstrationsdelikte, 1982; Kostaras, Die Auflösung des strafrechtlichen Gewaltbegriffs, JA 70, 19, 77, 141; Krey, Probleme der Nötigung mit Gewalt – dargelegt am Beispiel des Fluglotsenstreiks, JuS 74, 418; Krey/Neidhardt, Was ist Gewalt?, 1986; Lampe, Die strafrechtliche Bewertung des „Anzapfens“ nach § 240 StGB und § 12 UWG, FS Stree/Wessels 1993, 449; Lesch, Die Nötigung als Delikt gg. die Freiheit, FS Rudolphi 04, 483; Müller-Dietz, Zur Entwicklung des strafrechtlichen Gewaltbegriffs, GA 74, 33; Niese, Streik und Strafrecht, 1954; Pelke, Die strafrechtliche Bedeutung der Merkmale „Übel“ und „Vorteil“, 1990; Roxin, Verwerflichkeit und Sittenwidrigkeit als unrechtsbegründende Merkmale im Strafrecht, JuS 64, 373; Schroeder, Schreien als Gewalt und Schuldspruchberichtigung durch Beschluss – BGH, NJW 1982, 189, JuS 82, 491; Schroeder, Nötigung und Erpressung durch Forderung von Gegenleistungen?, JZ 83, 284; Schroeder, Die Grundstruktur der Nötigung und die Möglichkeiten zur Beseitigung ihrer durch das BVerfG geschaffenen Lücken, NJW 96, 2627; Schroeder, Die drei Arten der Nötigung, FS Gössel 2002, 415; Sinn, Die Nötigung im System des heutigen Strafrechts, 2000; Sommer, Lücken im Strafrechtsschutz des § 240 StGB, NJW 85, 769;