Jugendgerichtsgesetz. Herbert Diemer

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Jugendgerichtsgesetz - Herbert Diemer Heidelberger Kommentar

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eingeleitet werden soll (so war die Bezeichnung als „Einstiegsarrest“ zu verstehen) bedarf es eines zeitnahen Vollzuges. Daraus erklärt sich die gegenüber § 87 Abs. 4 S. 1 auf drei Monate nach Rechtskraft verkürzte Frist, nach deren Ablauf der Vollzug nicht mehr begonnen werden darf, § 87 Abs. 4 S. 2. Der Arrestvollzug nach § 16a sollte möglichst den Anfang des Bewährungsverfahrens bilden. Wegen der „kaum vermeidbar schädlichen Nebenwirkungen des Vollzuges“ (so der Gesetzgeber) würden positive Entwicklungen während der schon laufenden Bewährungszeit gefährdet werden. Begonnene Vollstreckungen können auch nach Ablauf der Dreimonatsfrist noch abgeschlossen werden. Noch nicht verbüßter Jugendarrest wird in den Fällen der §§ 26 Abs. 1, 30 Abs. 1 S. 1 und 61a Abs. 1 nicht mehr vollstreckt, weil es anderenfalls nach Widerruf oder Ablehnung der Aussetzung zur Bewährung und Verhängung der Jugendstrafe zu einer Doppelbestrafung käme.

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      Gemeinsame Voraussetzung der stationären Sanktion des § 16a ist der Bezug zum ambulanten Bewährungsverfahren. Es geht um die Aussetzung der Verhängung oder Vollstreckung der Jugendstrafe zur Bewährung, im Fall des § 61 um den Vorbehalt der nachträglichen Bewährungsentscheidung und bei § 21 Abs. 1 S. 3 darum, die Voraussetzungen für eine Bewährung überhaupt erst zu schaffen. Wie der Arrest allgemein (§ 16) ist auch der Koppelungsarrest in § 16a ein Zuchtmittel i.S.v. § 13 und enthält damit neben erzieherischen auch strafende Elemente (Ahndung, eindringliche Unrechtsverdeutlichung zwecks Verantwortungsübernahme), ohne dass sich aber der Arrestvollzug auf eine „bloße Übelszufügung“ oder eine „betreute Verwahrung“ beschränken darf (BT-Drucks. 17/9389, 12). Als neue Sanktionsmöglichkeit mit eigenen Voraussetzungen und begrenzenden Konturen ist der Kopplungsarrest in einem eigenen, gegenüber § 16 selbstständigen Paragraphen verankert. Entsprechend unterscheidet sich auch die Zielgruppe des § 16 einerseits und des § 16a andererseits. Von der Deliktschwere und der Tatsache der Verhängung einer Jugendstrafe wegen schädlicher Neigungen von besonderem Ausmaß oder wegen Schwere der Schuld handelt es sich bei § 16a um eine andere Klientel. Im Arrestvollzug steht bei ihr als Zweckorientierung die erfolgreiche Bewältigung der Bewährungszeit trotz ahndener Aspekte und damit der spezielle Erziehungsgedanke im Vordergrund.

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      In dieser ersten Fallgruppe soll die Wahrnehmung der Bewährung durch den Verurteilten als „Freispruch zweiter Klasse“ verhindert und bei Mitverurteilten das Gewicht und die Bedeutung der Rechtsfolgen zueinander vermittelt werden (BT-Drucks. 17/9389, 13). Dazu dient auch der Hinweis auf den (ebenfalls neuen) § 70b, der eine dem Entwicklungs- und Bildungsstand entsprechende qualifizierte Belehrung gerade auch für Mitangeklagte verlangt. Abgesehen davon, dass das Gerechtigkeitsempfinden (der Mitangeklagte wird zum – stationären – Arrest verurteilt, der Hauptangeklagte zu Jugendstrafe mit Bewährung und bleibt auf freiem Fuß) in einem konkret täterorientierten Jugendstrafrecht nicht zu einer „Gleichmacherei“ führen darf, bleibt die Frage, warum es trotz § 70b in diesem Fall eines Jugendarrestes nach § 16a bedarf (Kritik bei Ostendorf § 16a Rn 3).

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      Nach Auffassung des Gesetzgebers soll aber auch ein spürbarer Anstoß zu einer dauerhaften „Verhaltensänderung zum Positiven“ gegeben werden. Ausdrückliche Voraussetzung ist, dass eine solche Einstellungs- und Verhaltensänderung im Arrestvollzug auch tatsächlich zu erwarten ist (für den Dauerarrest bislang, d.h. ohne entsprechende Gestaltung des Vollzuges in Landesgesetzen, und praktischer Umsetzung, nicht erwartbar, Sohwegler 2000 und KrimJ 2001, 116, 127).

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      Durch Herausnahme „aus einem Lebensumfeld mit schädlichen Einflüssen“ soll der Jugendliche oder Heranwachsende in einer begrenzten Zeit durch den Arrestvollzug auf die Bewährungszeit vorbereitet werden.

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      Kriminologisch lässt sich ein Herausnahmearrest tragfähig begründen, ist doch der Einfluss der Gruppe der Gleichaltrigen auf delinquentes Verhalten hinreichend belegt (Baier ZJJ 2011, 356, 363 unter Hinweis auf Baier/Rabold/Pfeiffer Peers und delinquentes Verhalten, 2010, S. 309–338). Nur lässt es sich kaum verhindern, dass der Jugendliche im Arrestvollzug auf Gleichaltrige aus „seiner“ Gruppe trifft und nach kurzer Zeit in seine Clique subjektiv „gestärkt“ zurückkehrt. Negative Beziehungen können sogar noch ausgeweitet werden (Ostendorf § 16a Rn 52; Niehaus Info NRV 11/2012, 24 verweist auf das enge Zusammenleben mit anderen Kriminalitätserfahrenen, auf ihre subkulturelle Hackordnung und ihre verfehlten Männlichkeitsvorstellungen und sieht in § 16a ein Beispiel für eine ungeeignete, populistische und bloß symbolische Gesetzgebung).

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      Der Gesetzgeber hat die Problematik aber durchaus gesehen und erhöhte Begründungsanforderungen gestellt. Verlangt wird eine mit Tatsachen begründete Erwartung an einen entsprechend gestalteten Arrestvollzug mit geeigneten und angemessenen Übergängen sowohl in als auch wieder aus dem Vollzug heraus (Nachbetreuung). Eine durchgehende Betreuung bis in die folgende Bewährungszeit und die Phase nach der Entlassung muss durch die Bewährungs- und/oder Jugend(gerichts)hilfe bzw. durch freie Träger sichergestellt sein.

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      Die dritte Fallgruppe unterscheidet zwei Varianten, deren gemeinsames Ziel es ist, die Legalbewährungschancen gem. § 2 Abs. 1 „nicht nur unwesentlich zu verbessern“. Für eine solche Verbesserung sind konkret festzustellende Umstände z.B. zur Person, zu ihrer Lebenssituation und Behandlungsmaßnahmen im Vollzug des Jugendarrests zwingend erforderlich und in ihrer Gesamtwürdigung vom Gericht gegebenenfalls in den Urteilsgründen gem. § 54 Abs. 1 darzulegen (BT-Drucks. 17/9389, 13).

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